In der Materialwissenschaft ist das Korngrenzengleiten (GBS) ein Mechanismus, der eng mit der Materialverformung zusammenhängt, insbesondere unter Hochtemperaturbedingungen. Wenn polykristalline Materialien äußerer Spannung ausgesetzt sind und eine hohe homogene Temperatur aufweisen (ungefähr über 0,4 Gitterschmelzpunkt), beginnt ein Gleiten zwischen den Körnern aufzutreten, was eine natürliche Reaktion des Materials auf die Verformung ist. Durch Korngrenzengleiten kann das Material Risse verhindern, die durch Spannungskonzentration zwischen inneren Körnern verursacht werden.
Das Gleiten an Korngrenzen ist üblicherweise mit Kriechphänomenen verknüpft und spielt eine Schlüsselrolle bei der Spannungsverformung von Materialien in Umgebungen mit hohen Temperaturen.
Entsprechend den unterschiedlichen Mechanismen kann das Korngrenzengleiten im Wesentlichen in zwei Arten unterteilt werden: Rachinger-Gleiten und Lifshitz-Gleiten. Rachinger-Gleiten ist eine rein elastische Verformung. Die Körner behalten während des Gleitvorgangs größtenteils ihre ursprüngliche Form bei, und die innere Spannung baut sich allmählich auf, um die äußere Spannung auszugleichen. Das Lifshitz-Gleiten ist mit dem Nabarro-Herring- und dem Coble-Kriechen verwandt, bei denen es zur Diffusion von Defekten im Korn und zur Veränderung der Kornform kommt.
Beim Rachinger-Gleiten führt die angewandte einachsige Zugspannung dazu, dass die Körner entlang der Spannungsrichtung gleiten, woraufhin die Anzahl der Körner entlang der Spannungsrichtung zunimmt.
Bei polykristallinen Werkstoffen erfordert das Gleiten an Korngrenzen einige koordinierte Mechanismen, um eine Überlappung zwischen Körnern zu vermeiden, was normalerweise durch Versetzungsbewegung, elastische Verformung und Diffusionsanpassung erreicht wird. Unter superplastischen Bedingungen geht das Gleiten der Korngrenzen mit einer Diffusionsströmung einher, die für die Verformung des Materials eine entscheidende Rolle spielt.
Bei der superplastischen Verformung können die Geschwindigkeit der Korngrenzenverschiebung und ihr Verformungsmechanismus entsprechend den Spannungs- und Dehnungsbedingungen angepasst werden, um die Verformung und Duktilität des Materials zu fördern.
Mit zunehmender Temperatur und längerer Zeit hat das Gleiten der Korngrenzen einen erheblichen Einfluss auf den Kriechprozess des Materials. Durch die Messung unterschiedlicher Gleitgeschwindigkeiten in Metallen, Keramiken oder anderen Materialien können Wissenschaftler den Beitrag des Korngrenzengleitens zur Gesamtverformung des Materials abschätzen.
Seit 1962 wurde das Gleiten von Korngrenzen in zahlreichen Experimenten beobachtet und die Ergebnisse haben Forscher dazu veranlasst, die Eigenschaften nanostrukturierter Materialien zu überdenken. Nanokristalline Werkstoffe tragen aufgrund ihrer feinen Körnigkeit unter normalen Bedingungen zur Verringerung von Kriecheffekten bei, können sich jedoch in Umgebungen mit hohen Temperaturen aufgrund des Gleitens an den Korngrenzen als nachteilig erweisen.
Die Kontrolle der Größe und Form der Körner ist eine wichtige Strategie zur Reduzierung des Korngrenzengleitens. Grobkörnige Werkstoffe verzögern üblicherweise den Beginn des Gleitens, während Einkristalle dieses Phänomen sogar vollständig unterdrücken können. Darüber hinaus können durch die Zugabe kleiner Ausscheidungen an den Korngrenzen die Korngrenzen wirksam verstärkt und unnötiger Schlupf reduziert werden.
Die Verwendung von hochfestem Stahl ist in der Welt des Ingenieurwesens allgegenwärtig und die Simulationsforschung zu diesem Materialtyp ist für die tatsächliche Konstruktion von entscheidender Bedeutung. Durch die Eingabe von Parametern wie Elastizitätsmodul, Streckgrenze und Temperatur können der Zyklus und das Verhalten von Stahl während der Verformung vorhergesagt werden, insbesondere die Festigkeitsleistung beim Korngrenzengleiten bei hohen Temperaturen.
Der Wolframfaden in Glühbirnen kann bei Temperaturen zwischen 2000 K und 3200 K betrieben werden. Das Verständnis und die Vermeidung von Kriechmechanismen ist entscheidend für die Verlängerung ihrer Lebensdauer. Die Studie ergab, dass der Schlupf im Wolframdraht hauptsächlich auf die Diffusivität des Korngrenzenflusses zurückzuführen ist. Durch eine Verbesserung der Beschichtung, beispielsweise mit Germanium oder einer Natrium-Kalium-Mischung aus Germanium, kann dieses Korngrenzengleiten deutlich reduziert und dadurch die Lebensdauer des Wolframfilaments auf über 440 Stunden verlängert werden.
Mit zunehmendem Verständnis des Korngrenzengleitens müssen wir uns fragen: Wie können wir diesen Mechanismus noch besser ausnutzen, um Hochleistungsmaterialien künftig zu verbessern und ihre Lebensdauer zu verlängern?