Archive | 2019

„They come and build their careers upon our shit“ oder warum ich 2014/15 nicht über Geflüchtete geforscht habe und sie dennoch maßgeblich zu meiner Forschung beitrugen

 

Abstract


Der „Sommer der Migration“ 2015 fuhrte zu einem „Boom“ in der Forschung zu Gefluchteten. Fluchtlingsinitiativen meldeten den Universitaten zuruck, dass sie mit der Menge an Anfragen von forschungswilligen Studierenden uberfordert seien. Auch fur Menschen, die schon langer im Bereich Migration, Flucht und Asyl forschten, stellte sich die Frage, wie mit der Situation angemessen umzugehen sei. In diesem Beitrag wird die eigene Entscheidung, angesichts der Situation und eigener struktureller Rahmenbedingungen nicht mit und zu Gefluchteten zu forschen im Hinblick auf ihre Implikationen und Effekte kritisch reflektiert. Im Zentrum steht eine ethnografische Feldforschung auf Sylt, mit der die Politiken, Praktiken, Okonomien und Infrastrukturen der Fursorge in der ehrenamtlichen und professionellen Arbeit mit Gefluchteten untersucht werden sollten. Sehr schnell zeigte sich, dass die konzeptionell beabsichtigte Fokussierung auf die ‚ansassige‘ Bevolkerung nicht funktionierte, da die zu untersuchenden Praktiken in der direkten Interaktion zwischen der Bevolkerung Sylts und den Gefluchteten konkret wurden. In diesem Kontakt wurde Improvisation als das Feld auf allen Ebenen konstituierender Handlungsmodus deutlich und geriet damit in den Fokus meines Forschungsinteresses. Erst durch das Vertrauen von Gefluchteten bekam ich Zugang zu den machtdurchsetzten improvisatorischen Praxen der Behorden und ihren Effekten.

Volume None
Pages 237-259
DOI 10.1007/978-3-658-28380-3_11
Language English
Journal None

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