Der Chirurg | 2021
Chronische Anastomoseninsuffizienz nach tiefer Rektumresektion – ein ungelöstes Problem?
Abstract
Eine allgemein akzeptierte Definition der chronischen Anastomoseninsuffizienz, welche sich auch oft als chronischer Sinus darstellt, liegt nicht vor. Das entsprechend geforderte Zeitintervall reicht von 2 bis 12 Monate nach der primären Anastomosenanlage. Zwischen knapp 2 bis zu 16\u202f% aller Patienten nach tiefer anteriorer Rektumresektion entwickeln diese Komplikation. Aufgrund der heterogenen Präsentation und Konfiguration der chronischen Anastomoseninsuffizienz liegen keine belastbaren, vergleichenden Daten zur Vorgehensweise vor. Es wird eine Vielzahl therapeutischer Optionen, zum Teil auch kombiniert oder additiv, eingesetzt, wobei die Wahl der Option sehr vom individuellen Fall abhängt. Eingesetzt werden vor allem ein Débridement der persistierenden Wundhöhle/des Fistelsystems, eine breite Aufdecklung der Höhle in das Lumen, die Vakuumtherapie, die Stenteinlage, die Deckung des Anastomosendefekts mit einem Flap bei gleichzeitiger Drainage der umgebenden Höhle, die Fibrinklebung und als Ultima Ratio die Anastomosenneuanlage. Die Abheilungsrate in der verfügbaren Literatur beträgt in der Regel über 70\u202f%. In selektionierten Fällen ist eine Stomarückverlagerung bei persistierender Höhle möglich (breiter Zugang der Höhle zum Neorektum, keine relevante distale Stenose). Insgesamt suggeriert die verfügbare schlechte bis mäßige Evidenzlage, dass bei 70–85\u202f% der Patienten mit chronischer Anastomoseninsuffizienz eine erfolgreiche Therapie, definiert als Stomarückverlagerung, möglich ist. Allerdings muss man bei den publizierten Daten ein Publikationsbias annehmen, sodass die Ergebnisse in der klinischen Realität möglicherweise schlechter sind.