Monatsschrift Kinderheilkunde | 2019
Integrative oder alternative Kinder- und Jugendmedizin?
Abstract
Bei alternativer Medizin und Komplementärmedizin handelt es sich um Sammelbezeichnungen für Therapien, die als Alternative oder Ergänzung zur Schulmedizin angewendet werden. Eine wirklich alternative Medizin ist generell bei relevanten Erkrankungen extrem problematisch, wenn etablierte Therapiekonzepte vorhanden sind. Daher handelt es sich in der Kinderheilkunde um eine ergänzende Behandlung – also um Komplementärmedizin. Mit dem Begriff integrative Medizin wird eine Kombination aus bester evidenzbasierter Schulmedizin und komplementärmedizinischen Verfahren bezeichnet. In der allgemeinen Bevölkerung und in der Kinderheilkunde nimmt die Nutzung von Komplementärmedizin seit Jahren zu. Asiatische Therapieverfahren wie Akupunktur, Traditionelle Chinesische Medizin oder das Spektrum der Mind-Body-Medizin gewinnen international immer mehr an Bedeutung, und in Deutschland verankerte Therapieverfahren wie Naturheilkunde, Phytotherapie, anthroposophische Medizin und Homöopathie werden häufig auch in der Kinderheilkunde in Anspruch genommen und auf erfahrungsheilkundlicher Basis angewendet. Die eingesetzten Medikamente einiger komplementärmedizinischer Richtungen werden im Arzneimittelgesetz (AMG) als „besondere Therapierichtungen“ bezeichnet und durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach eigenen Kriterien zugelassen bzw. registriert. Obwohl im deutschen AMG eine Methodenvielfalt verankert ist, gibt es viel zu wenige wissenschaftliche Daten. Ziel des Beitrags ist die Darstellung der Komplementärmedizin in der Kinderheilkunde mit einem Plädoyer für mehr qualitativ gute Forschung in diesem Bereich, damit die Chancen innovativer Verfahren der Komplementärmedizin im Sinne einer integrativen Medizin genutzt und die Risiken minimiert werden können.