Der Nervenarzt | 2021

Krankheitsmodifizierende Therapie der sekundär progredienten Multiplen Sklerose

 
 

Abstract


Bei der Multiplen Sklerose (MS) besteht ein Krankheitskontinuum vom klinisch isolierten Syndrom über die schubförmig-remittierende MS zur sekundär progredienten MS (SPMS). Es bestehen zahlreiche Therapieansätze mit Wirksamkeit auf die schubförmigen und fokal-entzündlichen Krankheitsaspekte, während die Therapie der sekundären Progredienz und der mit ihr assoziierten Aspekte der Pathologie weiterhin eine Herausforderung darstellt. Übersicht der aktuellen Optionen zur krankheitsmodifizierenden Therapie der SPMS. Ergebnisse randomisierter klinischer Studien werden substanzspezifisch dargestellt und bewertet. Randomisierte klinische Studien zur Behinderungszunahme bei SPMS zeigten für β‑Interferone widersprüchliche, für Natalizumab negative Ergebnisse. Orales Cladribin und Ocrelizumab reduzierten die Behinderungszunahme bei schubförmiger MS, wurden jedoch nicht gezielt in einer SPMS-Population untersucht. Positive Ergebnisse zu Mitoxantron sind für heutige SPMS-Patienten mit Blick auf das Nebenwirkungsprofil nur bedingt relevant. Für das Blut-Hirn-Schranken-gängige Siponimod wurde in der EXPAND-Studie bei typischen SPMS-Patienten eine signifikante Reduktion des Risikos der Behinderungsprogression nachgewiesen. Subgruppenanalysen sprechen für eine noch höhere Wirksamkeit von Siponimod bei jüngeren Patienten mit aktiver SPMS. Für den Einsatz bisheriger krankheitsmodifizierender Therapien bei SPMS besteht begrenzte Evidenz. Mit Siponimod steht eine neue Option zur Therapie der aktiven SPMS zur Verfügung, definiert durch Schübe oder fokal-entzündliche MRT-Aktivität. Für die Indikationsstellung sind einerseits die frühe Erkennung einer schubunabhängigen Progression, andererseits die Abgrenzung der aktiven SPMS von einer nicht aktiven Erkrankung von entscheidender Bedeutung.

Volume 92
Pages 1052 - 1060
DOI 10.1007/s00115-021-01080-6
Language English
Journal Der Nervenarzt

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