Der Onkologe | 2021
Psychoonkologische Methoden bei fortgeschrittenen Tumoren – Dignity Therapy
Abstract
Die Würde des Menschen und ihre Wahrung werden in unserer Gesellschaft und im Gesundheitswesen als essenziell angesehen. Dennoch ist das Würdeempfinden für viele ein unscharfes Konzept und seine Wahrung geht im Alltag des Gesundheitssystems oft unter. Doch insbesondere in der Behandlung fortgeschrittener Tumorerkrankungen und der Begleitung Sterbender sollte die Wahrung des Würdeempfindens zentral sein. Das Würdemodell von Chochinov und Kollegen gibt einen Überblick, welche Themen für das Würdeempfinden von PatientInnen mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen relevant sein können. Das Modell ist theoretisch fundiert und in der Würdeforschung anerkannt. Auf dieser Basis haben Chochinov und Kollegen mehrere würdewahrende Interventionen entwickelt und ihre Durchführbarkeit und Wirksamkeit in Studien überprüft. Die umfassendste ist die Dignity Therapy: eine psychotherapeutische Kurzintervention für PatientInnen mit lebenslimitierenden Erkrankungen, deren Schritte das Würdeinterview, die Transkription, die Edition und das Vorlesen des Interviews umfassen. Schließlich entsteht ein Generativitätsdokument, welches die PatientInnen ihren Angehörigen überlassen können. Als Reaktion auf potenzielle Hindernisse der klassischen Dignity Therapy wurden schriftliche und digitale Varianten entwickelt, doch auch andere, niederschwelligere Interventionen (z.\u202fB. ABCD der Würde, Patientenwürdefrage) können eingesetzt werden. Die Dignity Therapy ist durch das Würdemodell wissenschaftlich fundiert und in Studien mehrfach untersucht worden. Schriftliche oder digitale Formen sowie andere würdewahrende Interventionen stellen Alternativen zur klassischen Dignity Therapy dar.