Prävention und Gesundheitsförderung | 2019
Substanzkonsum von unbegleiteten minderjährigen Ausländern
Abstract
Hintergrund Kinder und Jugendliche, die aus ihren Heimatländern alleine nach Deutschland einreisen, erfahren mit ihrer Ankunft eine qualifizierte Unterstützung durch die Jugendhilfe. Zugleich tritt mit der Zeit eine Vielzahl an erlebten Belastungen hervor, die mit psychischen und somatischen Auffälligkeiten einhergehen. Ob sich belastenden Erlebnisse der unbegleiteten Minderjährigen in einen Substanzkonsum niederschlagen, ist bislang weitgehend unbekannt. Fragestellung Ziel der Studie war es, Erkenntnisse zum Ausmaß und zur Art des Substanzkonsums bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) in Deutschland zu gewinnen und mögliche Schwierigkeiten der Jugendhilfe im Umgang mit konsumierenden UMA zu explorieren. Methoden Aus dem Jugendamt, der Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern und der Jugendsuchthilfe wurden 35\xa0Fachkräfte auf Basis eines Leitfadens persönlich interviewt. Die Interviews fanden in den Landeshauptstädten der Bundesländer Bayern, Hessen und Hamburg statt, da sich in 2016 ein Großteil der UMA in Obhut der Jugendhilfe in diesen Bundesländern befand. Ergebnisse und Diskussion Der Konsum von Alkohol und Cannabis wird in der Regel erst in Deutschland begonnen und fungiert häufig als Selbstmedikation zum Coping von psychischem Stress. Von den Befragten wurde das Ausmaß des Konsums minderjähriger Geflüchteter in ländlichen Gebieten als sehr gering eingeschätzt, in Metropolen mit 15–25\u202f% beziffert. Da eine Zunahme substanzkonsumierender Geflüchteter erwartet wird, sind die Jugend- und die Suchthilfe gefordert, Angebote zur Gesundheitsförderung für diese Gruppe weiterzuentwickeln. Background Children and adolescents who migrated unaccompanied from their home country to Germany receive qualified support from the youth welfare system upon arrival. However, a\xa0number of stresses and strains arise over time, which are associated with mental and somatic disorders. At present it is still largely unknown whether stressful experiences of the unaccompanied minors prompt the use of substances. Objectives Aim of the study was to gain knowledge on the extent and kind of substance use among unaccompanied underage refugees (UMA, unbegleitete minderjährige Ausländer) in Germany and to explore potential obstacles for youth welfare services in dealing with UMA who consume drugs. Methods In all, 35\xa0experts from the youth welfare office, caring for UMA and addiction care for adolescents, were interviewed face-to-face by using a\xa0guided questionnaire. The interviews took place in the state capitals of the federal states Bavaria, Hesse and Hamburg, as the majority of the UMA in 2016 were under the care of youth welfare in these three federal states. Results and conclusion The consumption of alcohol and cannabis, which usually only starts once the youth reach Germany, often functions as self-medication to cope with mental stress. The respondents estimated that in rural areas only a\xa0few minor refugees use substances, whereas in metropolitan areas the extent of substance use was said to be about 15–25%. Because it is expected that more refugees will use substances, the youth welfare and the addiction care are called to further develop health promotion services for his group.