Der MKG-Chirurg | 2021

Nachruf auf Prof. (em.) Dr. med. Dr. med. dent. Hans-Georg Luhr

 

Abstract


Seinen letzten öffentlichen Vortrag hielt Prof. Hans-Georg Luhr am 31. Januar 2013 anlässlich der Verleihung der Albrecht-von-Haller-Medaille an ihn, der höchstenAuszeichnungderUniversitätsmedizin der Georg-August-Universität Göttingen (. Abb. 1). Er wurde damit für seine Verdienste in der klinischen Forschung und deren Anwendung geehrt, die ihn in Verbindung mit der Universität Göttingen weltweit bekannt gemacht haben. Der Titel seinesVortrags lautete: „Von der Idee zur Wirklichkeit. Die Entwicklung der Plattenosteosynthese in der Kiefer-Gesichts-Chirurgie“. Der Vortrag schilderte eindrücklich die Entwicklung der Osteosynthese in der MKG-Chirurgie, wie sie sich im Zeitraum zwischen Ende der 1960er und 1980er Jahre darstellte. Neben seiner eigenen Leistung wurden aber auch die Verdienste der vielen anderen Protagonisten der Osteosynthese in unserem Fachgebiet gewürdigt. Hans-Georg Luhr wurde am 7. Juli 1932 in Homberg am Niederrhein geboren. Er besuchte hier das naturwissenschaftliche Gymnasium, an dem er auch 1952 das Abitur machte. Von 1952 bis 1958 schloss sich dann das Medizinstudium in Marburg, München und Bonn an. 1958 wurde er mit einer experimentellen Arbeit über die Silikose mit Auszeichnung promoviert. Es folgte das Studium der Zahnheilkunde von 1958 bis 1960 mit Aufnahme in die Studienstiftung des Deutschen Volkes. 1959 ergab sich in den Semesterferien ein kleines „Highlight“. Er ging bei der HamburgSüd als Schiffsarzt 3 Monate auf große Fahrt nach Südamerika. Nach Beendigung des Zahnmedizinstudiums war er bis 1962 wissenschaftlicher Assistent in der Pathologie bei Prof. Herwig Hamperl in Bonn. Unterbrochen wurde diese Tätigkeit durch einen Auftrag der damaligen Bundesregierung: Der junge Dr. med. H. G. Luhr wurde Leiter einer fahrbaren Zahnstation in Liberia. Das afrikanische Intermezzobeeinflusste seineKarriere keineswegs negativ, denn die nächsteSprossederKarriereleiternahmer1963 mit der Promotion zum Dr. med. dent. Der Einstieg in die MKG-Chirurgie erfolgte am 1. Januar 1963 mit dem Beginn der Facharztausbildung in der Nordwestdeutschen Kieferklinik in Hamburg bei Prof. Karl Schuchardt. 1969 avancierte er dann dort zum Oberarzt, habilitierte sich im Fach Kieferchirurgie und erhielt denMartin-Wassmund-Preis der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie für seine vorgelegte Habilitationsschrift mit dem Titel „Die Kompressionsosteosynthese bei Frakturen des Unterkiefers“. Die Arbeit enthielt wegweisende Erkenntnisse, wie z.B. die Verwendung selbstschneidender Schrauben, die das von der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO)propagierteGewindeschneiden der Bohrkanäle überflüssig machte und deren Vorteil die AO erst Jahrzehnte später übernahm. 1978 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl für Kieferchirurgie an der Medizinischen Fakultät der Georg-August-Universität in Göttingen. Mit der Berufung war der Einzug in die neu erbaute Klinik verbunden. Es wurden 2 Stationen im Bettenhaus 1 mit insgesamt 40 Betten bezogen. DieMannschaftmusste erst noch durch neues, zusätzliches Personal rekrutiert werden, da eine derartige Abteilung vorher nicht bestand. SeinFührungsstil inderKlinikwargeprägt vom liberalen hanseatischen Geist, den er offensichtlich aus der Hamburger Klinik mitbrachte. Es gab eine klare Linie, aber schon erfahrene Assistenten durften davon im klinischen Alltag oder während einer Operation auch mal abweichen, besonders wenn eine gute Idee dahinter stand, die sich als erfolgreich erwies. Der Erkenntnisgewinn dieser Haltung für den klinischen Alltag und die Forschung war beträchtlich. Ein zur Anekdote gewordener Spruch ist sicher vielen Assistenten noch erinnerlich: „Ihr habt ja 1000 Ideen, 999 davon kann man in den Papierkorb schmeißen, aber eine gute ist immer dabei.“ Unter diesen Bedingungen entstand eine besondere, positive Atmosphäre, die von Kreativität und dem natürlichen Streben nach Neuem und Innovativem getragen wurde. Es gab keinen großen interspezifi-

Volume None
Pages 1-2
DOI 10.1007/s12285-020-00279-x
Language English
Journal Der MKG-Chirurg

Full Text