Orthopädie & Rheuma | 2019

Neuromodulation — interessiert das den Orthopäden?

 

Abstract


I n den letzten Jahren wurde das ema „Neuromodulation“ auch für den Orthopäden zunehmend interessant. Die Diagnosen sind vielfältig und reichen vom Postdiskotomiesyndrom (PDS) über das Failed Back Surgery Syndrom (FBSS) bis zum komplexen regionalen Schmerzsyndrom (Complex Regional Pain Syndrome, CRPS) oder anderen peripheren neuropathischen Schmerzen. In der neuesten Literatur wird auch die Behandlung von Rückenschmerzen ohne operative Vorbehandlung, dem „Virgin Back“, diskutiert. Das Spektrum der Möglichkeiten hat sich für die Neuromodulation in den letzten zehn Jahren stark erweitert. Es gibt zum Beispiel die periphere Elektroneurostimulation (PENS). Dabei können direkt im Bereich der betro\x8eenen Nerven Stimulationen durchgeführt werden. Dies bietet sich zur Behandlung großer Nerven, insbesondere an der oberen Extremität an. Wissenscha\x93lich ist die Wirksamkeit durch einige Studien [beispielsweise von Ghoname E et al. in JAMA, Pain, Anesth Analg. und Headache, alle 1999] evaluiert. Bereits seit Jahren ist die Rückenmarkstimulation (Spinal Cord Stimulation, SCS) etabliert. Dabei wird für die Behandlung von Beinund Rückenschmerzen im Bereich der thorakalen Wirbelsäule eine Elektrode direkt auf den Hinterhörnern des Rückenmarks im Periduralraum implantiert. Diese Technik wird auch für Arm-, Nackenund Okzipitalschmerzen verwendet. Bewährt hatte sich ursprünglich die sogenannte tonische Stimulation mit Frequenzen zwischen 50 und 70 Hz. Dabei wurde der Schmerzbereich mit Parästhesien überdeckt. In der Vergangenheit haben andere Varianten der Stimulation – insbesondere im Hochfrequenzbereich mit 10.000 Hz – gezeigt [z. B. die Senza-Studie, Kapural L et al. Anesthesiology 2015;123:851–60], dass diese Verfahren noch gezielter bei Rückenschmerzen verwendet werden können. Neurophysiologische Untersuchungen belegen, dass bei erhöhter Frequenz vermehrt die inhibitorischen Neurone stimuliert werden, die direkt das WDR (Wide Dynamic Range)-Neuron beein«ussen. Die „Burst-Stimulation“, bei der tonische Frequenzen von etwa 40 Hz in Intervallen abgegeben werden, zeigt neurophysiologisch, dass vor allem die medialen Fasern im Bereich des Rückenmarks beein«usst werden, die für die a\x8eektive Schmerzwahrnehmung zuständig sind. Dirk De Ridder und Kollegen wiesen in Studien bereits 2010 und 2013 nach, dass dieses Verfahren der alleinigen tonischen Stimulation überlegen ist. Bei der „DRG(Dorsal Root Ganglion)-Stimulation“ wird das Spinalganglion stimuliert. Dadurch bieten sich insbesondere bei eng umschriebenen peripheren Nervenschmerzen und bei CRPS Einsatzmöglichkeiten. Beispiele für periphere Schmerzen sind Leistenschmerzen nach Hernienoperation (Stimulation TH12 und L1), mediale Kniegelenkschmerzen (Stimulation L3) oder thorakale Schmerzen bei Läsion der Interkostalnerven (postherpetische Neuralgie, orakotomie). Dieses Verfahren ®ndet zunehmend Anwendung beim CRPS. Ist die Hand betro\x8een, kann durch Nervenstimulation in Höhe C8, beim Fuß in Höhe L5 eine erapie erfolgen. Nachweise der Überlegenheit gegenüber der normalen SCS lieferte die ACCURATE-Studie [Deer TR et al. Pain 2017;158(4):669-81]. Es ist o\x8eensichtlich, dass die Neuromodulation ein wichtiges Instrument zur erapie in der Orthopädie, insbesondere zur Behandlung des FBSS, CRPS und weiterer peripherer neuropathischer und nozizeptiver Schmerzen geworden ist. Deswegen sollten wir uns diesen therapeutischen Bereich weiter erschließen und nicht anderen Fachrichtungen wie beispielsweise der Anästhesie oder Neurochirurgie überlassen. Ihr

Volume 22
Pages 53 - 53
DOI 10.1007/s15002-019-1675-7
Language English
Journal Orthopädie & Rheuma

Full Text