Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie | 2021
Analyse sexueller Belästigung am Arbeitsplatz in der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen
Abstract
Spätestens seit der #MeToo-Bewegung gilt für eine wachsende Zahl von Unternehmen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz als wichtiges Thema. Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen wird als gute Gelegenheit zur Annäherung wahrgenommen. Seit 2018 gibt es ein entsprechendes Zusatzmodul, das bei der Gefährdungsbeurteilung mit dem COPSOQ eingesetzt werden kann. Aktuell liegen die Angaben von 1130 Befragten vor. Sie bilden die Grundlage für die statistische Überprüfung des Moduls. Dabei werden auch seine Genese und praktische Anwendung reflektiert. Das Modul umfasst 10 Fragen mit 5 Antwortstufen, denen Werte von 0–100 Punkten zugeordnet sind. Sieben Fragen bilden eine Skala zur Häufigkeit von Ereignissen (verbale, nonverbale, physische Belästigung), drei eine Skala zu möglichen Folgen. Neben deskriptiven Analysen werden Reliabilitätstests und Varianzanalysen durchgeführt. Beide Skalen weisen sehr gute Reliabilitätswerte auf (Cronbach’s α\u202f=\u20090,85 bzw. 0,77). Die Ereignis-Skala korreliert schwach mit den COPSOQ-Skalen (Pearson’s r\u202f<\u20090,3). Die Korrelation mit der Folgen-Skala ist moderat (r\u202f=\u20090,42). Ähnlich wie in anderen Studien zeigen Subgruppenanalysen Unterschiede nach Geschlecht (Frauen etwas häufiger von Belästigung betroffen), Alter (jüngere Beschäftigte häufiger betroffen als ältere) und Berufsbereich (erhöhte Prävalenz in Gesundheits- und Sozialberufen). Das Modul ist für die Anwendung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung geeignet. Es erfüllt die Anforderungen an eine gute Messqualität und die Erwartungen vieler Unternehmen an die Gefährdungsbeurteilung: Weder sind seine Ergebnisse oberflächlich, noch wird das als „heikel“ beleumundete Thema zu sehr in den Vordergrund gerückt.