Verhaltenstherapie | 2019
Psychotherapeutische Fernbegleitung von Expositionstherapie bei Angststörungen mittels Smart Glass: Praktikabilitäts- und Akzeptanzevaluation
Abstract
Hintergrund: Trotz vielfach belegter Wirksamkeit expositionsbasierter Methoden bei Angststörungen werden diese in verhaltenstherapeutischen Praxen häufig nicht oder nicht vertieft genug umgesetzt. Planungs- und Zeitaufwand sind häufige Hinderungsgründe. In dieser Studie wurden Usability (Gebrauchstauglichkeit), User Experience (Nutzererleben) und Nutzerakzeptanz eines Systems zur Fernbegleitung von Expositionstherapie mittels Smart Glass evaluiert. Methoden: In einer standardisierten Laboruntersuchung bewerteten 39 Probanden mit Spinnenangst sowie 16 Therapeuten Usability, User Experience und Nutzerakzeptanz mittels etablierter Fragebögen. Vergleiche mit Normstichproben wurden vorgenommen und Adjective Rankings vergeben. Ergebnisse:92% der Probanden konnten sich selbstständig in das technische System einarbeiten und die Anweisungen des Therapeuten wahrnehmen und umsetzen. Die Usability wurde von den Probanden als “OK” bewertet. Bei der User Experience wurden bei konservativster Berechnung für die aufgabenbezogenen Faktoren Durchschaubarkeit, Effizienz und Steuerbarkeit “unterdurchschnittliche” und für die hedonischen Merkmale Stimulation und Originalität “gute” bis “exzellente” Bewertungen abgegeben. Die Nutzerakzeptanz war “durchschnittlich”. Die informiert rekrutierten Therapeuten zeigten in allen Variablen höhere Bewertungen. Schlussfolgerungen:Es besteht eine ausreichende Usability, eine in Bezug auf unterschiedliche Qualitäten heterogene User Experience und eine zufriedenstellende Akzeptanz. Insofern kann eine Expositionsfernbegleitung eine vielversprechende Alternative für die begleitete Exposition in vivo bieten. Verbesserungswürdige technische Probleme sowie medizinproduktebezogene und datenschutzrechtliche Fragen werden benannt.