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Corporate Governance

 

Abstract


In dieser Arbeit gebe ich einen neuen Einblick, wie das deutsche Corporate Governance System in der 2. Halfte des 19. und der 1. Halfte des 20. Jahrhunderts funktioniert hat. Aus einer mikrookonomischen Perspektive untersuche ich, welche Rolle Recht bei der Gestaltung von Corporate Governance Systemen einnimmt. Mich interessiert, wie sich der rechtliche Investorenschutz gestaltet hat und welche Auswirkungen er auf die Unternehmenspraxis bei Kapitalerhohungen hatte. Am Beispiel von vier deutschen Aktiengesellschaften (Deutsche Bank, BHG, AEG und Siemens) zeige ich auf, dass die Unternehmen zwischen 1870 und 1930 zu einem grosen Teil ihr Wachstum uber den Aktienmarkt finanzierten. Der Gesetzgeber setzte zwischen 1861 und 1897 gute Rahmenbedingungen fur die Eigenkapitalfinanzierung, uberlies aber die Umsetzung den privaten Akteuren, da eine grose Satzungsfreiheit vorherrschte. In allen Unternehmen verbesserte sich der formale Investorenschutz mit der Gesetzgebung. Aktionare erhielten das Recht, sich an wichtigen Unternehmensentscheidungen uber die Generalversammlung zu beteiligen. In der Praxis implementierten Unternehmen allerdings die zu ihrer Strategie passenden Governance-Strukturen. Charakteristisch war, dass in allen Unternehmen eine Trennung zwischen Leitungsmacht und Teilhaberschaft vorherrschte und sich ein dualistisches System mit einem professionellen Management etablierte. In der Unternehmenspraxis war fur die Durchfuhrung von Kapitalerhohungen neben den rechtlichen Arrangements eigene Losungen der Akteure wichtig und Aktionare hingen davon ab, ob die Entscheidungstrager in ihrem Interesse handelten. Beteiligte Akteure liesen sich nicht nur durch das Shareholder Value Prinzip leiten, sondern auch durch eigene Machtinteressen, sodass verschiedene Governance-Konflikte aufgetreten sind. Politische und wirtschaftliche Ereignisse, wie der Erste Weltkrieg, die Inflation und die Hyperinflation wirkten sich zusatzlich auf Finanzierungsentscheidungen aus und damit auf die Situation der (Klein-) Aktionare. Eine zentrale Komponente des deutschen Corporate Governance Systems bildete ein gut funktionierendes Bankensystem. Banken ubernahmen bei der Eigenkapitalfinanzierung von Unternehmen das komplette Risiko, da sie die jungen Aktien zeichneten und sie an das Publikum verkauften. Sie fungierten zusatzlich als Berater bei Finanzierungsentscheidungen und ubernahmen die Vertretung der Aktionarsinteressen. An Entscheidungen uber Kapitalerhohungen beteiligten sich in den Unternehmen hauptsachlich inside shareholders (Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder), Banken, Familienmitglieder oder andere Unternehmen. Kleinaktionare blieben uberwiegend passiv, ergriffen jedoch Initiative, wenn gewisse Aktionarsrechte eingeschrankt wurden. Ihr Desinteresse ist vor allem mit den hohen Dividendenrenditen zu erklaren.

Volume None
Pages None
DOI 10.1515/9783110716993
Language English
Journal None

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