Legal Gender Studies

Abstract

Legal Gender Studies, die sich mit der geschlechterkritischen Analyse des Rechts befassen, sind inzwischen ein etablierter und ausdifferenzierter Forschungsbereich. Sie umfassen neben übergreifenden Grundlagenuntersuchungen Detailanalysen zu spezifischen Einzelfragen, die alle Gebiete des Rechts betreffen können. Einen umfassenden Überblick über die Legal Gender Studies vermag der Schwerpunkt dieser Ausgabe der Zeitschrift für Rechtssoziologie deshalb nicht zu geben. Vielmehr greift er einige aktuelle Themen auf: Leonie Steinl untersucht die Frage, ob geschlechtsbezogene Gewalt gegen Frauen eine Form von Hasskriminalität ist. Ein Thema, das nicht zuletzt aufgrund von Cybermobbing gegen Frauen, die sich in öffentlichen Netzwerken äußern (Stichwort „Ligue du LOL“), von brisanter Aktualität ist. Ulrike Lembke hinterfragt die rechtlich gestützte Alltagspraxis geschlechtergetrennter Toiletten für männliche und weibliche Personen als eine Form der Aufrechterhaltung heteronormativer Geschlechterstereotype, also bestimmter Annahmen dazu, dass es nur zwei Geschlechter, männlich und weiblich, gibt und dass diese spezifischen Normen zu entsprechen haben. Ihr Beitrag greift auch den Dritte-Option-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 (Az.: 1 BvR 2019/16) auf, der dazu führte, dass seit dem 22. Dezember 2018 neben den Geschlechtern männlich und weiblich auch divers positiv personenstandsrechtlich anerkannt ist. Anja Schmidt analysiert die äußerst kontrovers und teils sehr emotional geführten Debatten um die Reform des Sexualstrafrechts zur Umsetzung der Istanbul-Konvention, die unter anderem zur Verankerung des Grundsatzes „Nein heißt Nein“ im Sexualstrafrecht sowie zur Einführung der Straftatbestände der sexuellen Belästigung und der Straftaten aus Gruppen führte. Konkret geht es darum, ob und inwieweit die Reform des Sexualstrafrechts als moralisierend verstanden werden kann, und zwar im Hin-