Arbitrium | 2019

Helmuth Kiesel, Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1918–1933. Beck, München 2017. 1304 S., € 58,–.

 

Abstract


Mit dem lange erwarteten Band zur Zeit 1918–1933 schließt Helmuth Kiesel, 13 Jahre nach dem zuletzt erschienenen Band von Peter Sprengel zum Epochenabschnitt 1900–1918, eine weitere Lücke in der von Helmut de Boor und Richard Newald begründeten ‚Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart‘, in der nun nur noch die Zeitabschnitte 1830–1870 und 1933–1945 ausstehen. Wie fast alle Bände dieser Reihe ist auch dieser von einem einzelnen Autor verantwortet und somit das Ergebnis einer im heutigen Universitätsbetrieb selten gewordenen jahrelangen konzentrierten Arbeit an einem Werk – und zugleich ein eindrucksvoller Beleg für die besondere Qualität der literaturgeschichtlichen Monografie im Vergleich zu Sammelbänden. Denn Kiesels Werk bietet nicht nur ein zusammenhängendes Gesamtbild der Epoche, sondern zugleich die faktenreichste, detaillierteste und (mit ca. 1.300 Seiten) umfangreichste Darstellung der literarischen Phänomene zwischen 1918 und 1933, die es bisher gibt. Seine wichtigste Leistung liegt darin, das literarische Feld jener Zeit in einer in monografischen Überblicksdarstellungen bisher nicht erreichten Breite und Differenziertheit erschlossen zu haben. Die enorme Breite der hier präsentierten Autoren und Texte resultiert aus der programmatischen Abkehr von gängigen Kanonisierungen. Gleich zu Beginn bekennt der Verfasser sich zu dem Grundsatz, dass in einer Literaturgeschichte auch Werke berücksichtigt werden müssten, „die heute aufgrund ihrer inhaltlichen und formalen Antiquiertheit mehr oder weniger reizlos sind“, zu ihrer Zeit jedoch eine große Leserschaft fanden (S. 17). Aus diesem Grund werden die formal traditionelle und die ideologisch konservative Literatur in diesem Buch deutlich stärker repräsentiert als in früheren literaturgeschichtlichen Darstellungen zur Weimarer Republik. Zwar enthielten auch die älteren Sozialgeschichten aus den 1980er Jahren bis hin zu dem 1995 erschienenen Band von ‚Hansers Sozialgeschichte‘ einzelne Kapitel zu diesen Tendenzen, doch wurden diese

Volume 37
Pages 230 - 234
DOI 10.1515/arb-2018-0066
Language English
Journal Arbitrium

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