ORDO | 2019
Oeconomicae et pecuniariae quaestiones
Abstract
In den letzten Jahren haben die Sozialenzykliken „Caritas in veritate“ von Papst Benedikt XVI. (2009) und „Laudato si‘“ von Papst Franziskus (2015) viel Aufmerksamkeit erfahren. Ein zentraler Punkt in beiden Enzykliken ist die jüngste Finanzkrise und die scharfe Kritik an den Banken, die diese Krise hervorgerufen und der Wirtschaft schweren Schaden zugefügt haben. Mit „Oeconomicae et pecuniariae quaestiones – Erwägungen zu einer ethischen Unterscheidung bezüglich einiger Aspekte des gegenwärtigen Finanzwirtschaftssystems“ legte nun im Mai 2018 die Kongregation für die Glaubenslehre in Zusammenarbeit mit demDikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen ein Dokument vor, das diese Thematik erneut aufgreift. Papst Franziskus hat das Dokument approbiert und seine Veröffentlichung angeordnet (Nr. 34). Darin sollen grundlegende Überlegungen und Präzisierungen zu einem ethischen Handlungsrahmen für das Finanzwesen dargelegt werden, Präzisierungen die nicht zuletzt auch von Akteuren des Finanzwesens eingefordert wurden (Nr. 1, 6, 18). Zunächst aber werden einige „Grundlegende Erwägungen“ (Nr. 7–17) angeführt, in denen Prinzipien der Sozialenzykliken, insbesondere von „Caritas in veritate“ und „Laudato si‘“ rekapituliert werden. Wirtschaftlicher Fortschritt kann nicht nur in der „kritiklosen Anhäufung von Profit“ bestehen, stattdessen muss er Lebensqualität und sozialen Wohlstand mitberücksichtigen (Nr. 10). Dieser Wohlstand kann nicht einfach durch das Volkseinkommen abgebildet werden, sondern muss Aspekte wie etwa Sicherheit, Gesundheit und Wachstum des menschlichen Kapitals miteinbeziehen. Dabei ist das Streben nach Profiten durchaus legitim, aber niemals um jeden Preis und nicht als alleinigem Bezugspunkt des wirtschaftlichen Handelns (Nr. 11). Auch wird daran erinnert, dass, obwohl in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Wohlstand „überall auf der Welt in einem nie gekannten Ausmaß und Tempo zugenommen hat“, die soziale Ungleichheit weiter zunahm und immer noch eine ungeheure Zahl von Menschen in extremer Armut lebt (Nr. 5). Wirtschaftliches Tun bedarf eines Klimas „gesunder Handlungsfreiheit“ (Nr. 12) wobei sich das Vertrauen in funktional unabhängige Märkte, die keinem ethischen