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Genetische Forschung in der Konfrontation mit der NS-Anthropologie – Das Lebenswerk des Genetikers und Wissenschaftshistorikers Benno Müller-Hill (1933–2018)

 

Abstract


Im August 2018 ist der Genetiker und Wissenschaftshistoriker Benno Muller-Hill im Alter von 85 Jahren gestorben. Er gehorte zur Spitzengruppe der Biochemiker und Biologen, die in den 1960er und 1970er Jahren den Paradigmenwechsel zur modernen Genetik bewirkten. Wie kaum ein anderer erahnte er dabei die Abgrunde, die sich auftun, wenn die neuen Erkenntnisse als Instrumente der biopolitischen Ausgrenzung und Stigmatisierung missbraucht werden. Genau dies war jedoch schon einmal geschehen, als sich die Anthropologen und Mediziner in den 1930er Jahren in den Dienst der NS-Vernichtungspolitik stellten. Die kritische Aufarbeitung dieser Hypotheken wurde zum zweiten Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeiten Muller-Hills. Dabei stellte er im Wissen um die inzwischen potenzierten Moglichkeiten eines Missbrauchs der Genetik Fragen an die Vergangenheit, die mit allen Tabus des Verschweigens brachen und ihm schwere Auseinandersetzungen mit seinen eigenen Fachkollegen und den Fachgesellschaften einbrachten, insbesondere mit der Max-Planck-Gesellschaft, der Nachfolgerin der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. 1984 veroffentlichte Muller-Hill seine Untersuchungsergebnisse uber die NS-Anthropologie unter dem Titel Todliche Wissenschaft. Eine Neuausgabe ist in Vorbereitung – wenn auch nicht in Deutschland. Im Folgenden veroffentlichen wir ein dazu von Karl Heinz Roth beigesteuertes Nachwort zu diesem Buch als Vorabdruck, um an die Verdienste dieses kritischen Exponenten der Genetik und Wissenschaftsgeschichte \nzu erinnern.

Volume None
Pages 11-36
DOI 10.17185/duepublico/47937
Language English
Journal None

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