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Die enthemmte Serie: Überlegungen zu Hemmung und Enthemmung am Beispiel von Game of Thrones.

 
 
 

Abstract


Zeitgenossische TV-Serien loten zunehmend die Grenzen des Darstellbaren aus und uberschreiten diese, was das Zeigen von gewaltvollen Szenen angeht. Besonders die erfolgreiche Fantasy-Serie Game of Thrones (im Weiteren: GoT) ist hier zu nennen, die wir in dem vorliegenden Beitrag unter dem Blickwinkel von Hemmung und Enthemmung betrachten wollen. Dafur untersuchen wir diese Begriffe zunachst in der Freudschen Verwendung, wo wir Hemmung einerseits im Kontext des Uber-Ichs, im Sekundarprozess als Hemmung des Primarprozesses, und schlieslich in der Kultur als Ergebnis eines Triebverzichts finden. Diese Freudschen Uberlegungen wollen wir nutzen, um die Rezeption von GoT zu verstehen. Dabei folgen wir der Annahme, dass sich in medialen Produkten immer auch das Sag- und Zeigbare einer Gesellschaft spiegelt und sich somit Aussagen uber deren Verfasstheit ableiten lassen. Eine psychoanalytische Untersuchung ausgewahlter Episoden, bei der den Irritationen und freien Einfallen der Rezipierenden gefolgt wird, verdeutlicht, dass GoT gesellschaftlich virulente Gefuhle inszeniert, damit aber auch greifbar und bearbeitbar macht. So wird den Zuschauenden ein Gefuhl eines Mangels an Sicherheit vermittelt, das sich als Spiegelung eines in den westlichen Industriegesellschaften verbreiteten Lebensgefuhls seit 9/11 verstehen lasst. Des Weiteren werden Bedingungen zum moralischen Handeln und ethischen Empfinden und dabei auch die Rolle und Bedeutung der Familie hinterfragt. Bei den Zuschauenden fuhrt die Rezeption zu einer interpassiven Verschrankung von (abgewehrten) lustvollen und unlustvollen Aspekten angesichts der auseren und inhaltlichen Grausamkeit.

Volume None
Pages 137-158
DOI 10.18754/JFP.60.9
Language English
Journal None

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