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Der ‘Kühner-Stegmann’ von 1914 und die Oxford Latin Syntax von 2015 und 2021: zwei lateinische Satzlehren im Vergleich

 

Abstract


Im Folgenden werden die Satzlehre-Bande der „Ausfuhrlichen Grammatik der lateinischen Sprache“ von Raphael Kuhner, die 1878/79 zuerst erschien und in ihrer Bearbeitung durch Carl Stegmann 1914 bis heute eine verbreitete Lateingrammatik ist, mit der neu erschienenen „Oxford Latin Syntax“ von Harm Pinkster in der Konzeption verglichen. Zwischen beiden Satzlehren aus sehr unterschiedlichen Zeiten und sprachwissenschaftlichen Kontexten gibt es naturlich deutliche Unterschiede: zunachst die andere Gesamtkonzeption, ferner die Art des Korpus, den Satzbegriff, die Stellung der Kasussyntax, nicht zuletzt die Behandlung infiniter Konstruktionen und schlieslich den Geltungsbereich der Syntax. Von diesen Unterschieden abgesehen finden sich aber auch einige Gemeinsamkeiten: zunachst eine korpusbasierte Form, wonach beide Satzlehren ihre Ausfuhrungen auf zahlreiche sprachliche Belege stutzen. Zweitens steht die Einzelsprache des Lateinischen im Vordergrund und es bleibt wenig Raum fur sprachliche Vergleiche. Drittens sind beide Satzlehren rein deskriptiv, was im Falle des Kuhner-Stegmanns das Gegenteil zu normativ, im Falle der OLS aber zu formallinguistisch oder theorielastig bedeutet im Sinne formaler Ansatze der neueren Linguistik, womit etwa die verschiedenen Movement-Regeln der generativen Theorie gemeint sind. Ein wichtiges Ergebnis lautet, dass beide syntaktischen Ansatze legitim sind und beide mit wachem Methodenbewusstsein weiter gebraucht werden sollten, um Probleme der lateinischen Syntax zu losen.

Volume 16
Pages 138-157
DOI 10.21638/SPBU20.2021.112
Language English
Journal None

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