Archive | 2019

Schauspielkünstler als „Dollmetscher“ der Seele und Menschendarsteller

 

Abstract


Im Verlauf des 18. Jahrhunderts finden im deutschsprachigen Raum grundlegende, jedoch keineswegs lineare Veranderungen von Theater statt. Die Modifikationen betreffen auf institutioneller Ebene Organisation und Struktur der Theatertruppen, auf gesellschaftspolitischer Ebene Funktion und Bedeutung von Theater als wesentlichem Medium des sich konstituierenden Burgertums und auf asthetischer Ebene Spielvorlagen und Spielstil. Sowohl aufgrund ihres Offentlichkeitscharakters als auch ihrer Wirkungsmacht wird die Schaubuhne im 18. Jahrhundert zum begehrten Reformobjekt. Soll Theater aufklarerischen Interessen genugen, mussen Spielvorlagen und Spielstil verbessert , d. h. literarisiert und diszipliniert, und die Reputation der Darstellerinnen und Darsteller gehoben werden. Profiliert wird dieses reformierte Theater durch Abgrenzung vom gegnerischen anderen Theater , das als illiterarische, ungeregelte und korperliche Praxis uberwunden werden soll. \nEin wesentliches Anliegen der Theaterreformer bestand in der Etablierung einer realistisch-psychologischen Schauspielkunst, fur die der Dramatiker, Theaterleiter und Schauspieler August Wilhelm Iffland den Begriff der „Menschendarstellung“ pragte. Dieser an Realismus und Psychologie orientierte Schauspielstil dominierte das literarische Theater im 19. Jahrhundert und wurde im Verlauf des 20. Jahrhunderts Grundlage fur die Schauspielausbildung (Stanislawski-System, Method Acting). Wahrend im gegenwartigen Sprechtheater langst unterschiedlichste Spielstile koexistieren, scheint das Ideal der „Menschendarstellung“ im Mainstream-Kino ungebrochen. \nDer Beitrag untersucht die schauspieltheoretischen Diskurse und Spielpraktiken in ihrer Abhangigkeit von den historisch sich wandelnden Theater- und Filmkonzeptionen sowie den darin verhandelten medialen Umbruchen.

Volume None
Pages 339-356
DOI 10.30965/9783846763759_017
Language English
Journal None

Full Text