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Biomass Steam Processing - Konzeption und Entwicklung eines Verfahrens zur Karbonisierung von Biomasse

 

Abstract


Zur Verringerung des Ausstoses klimaschadlicher Gase (CO2, CH4, etc.) muss die Nutzung fossiler Rohstoffe reduziert werden. Zur Deckung des steigenden Energiebedarfs mussen daher regenerative Quellen erschlossen und genutzt werden, wie zum Beispiel Wind- und Wasserkraft, Sonnenenergie oder Biomassen. Zur Substitution fester fossiler Energietrager sind insbesondere Biomassen wie zum Beispiel Holz aus der Forstwirtschaft gut geeignet. Viele weitere Biomassen konnen jedoch nicht direkt verwendet werden, weswegen sie in einem vorgelagerten Prozessschritt nutzbar gemacht werden mussen. Besonders nachhaltig ist die die Verwertung von vorhandenen organischen Abfallstromen, welche aber haufig sehr heterogen und wasserreich sind, was eine Aufarbeitung aufwendig macht. \nFur die Karbonisierung von Biomassen sind verschiedene Verfahren bekannt, darunter die Niedertemperaturpyrolyse und die Hydrothermale Karbonisierung (HTC). Die Niedertemperaturpyrolyse erfolgt uber einen breiten Temperaturbereich von 150 bis 500 °C, abhangig von den gewunschten Produkteigenschaften. Die meist trockene Biomasse wird fur einen Zeitraum von mindestens 1 Stunde in einer inerten Atmosphare behandelt, wobei fluchtige Bestandteile entfernt werden, was zu einem festen Kohlenstoffprodukt fuhrt. Bei der Hydrothermalen Karbonisierung findet die Umsetzung in flussigem Wasser in geschlossenen Gefasen statt. Bei Reaktionstemperaturen von 180 bis 250 °C entwickeln sich dem jeweiligen Dampfdruck entsprechende hohe Drucke. Nach langeren Verweilzeiten von mehreren Stunden entstehen im flussigen Reaktionsgemisch fein verteilte Kohlepartikel, welche abgefiltert und getrocknet werden mussen. \nIn der vorliegenden Arbeit wird ein thermisches Verfahren zur Verwertung von einer grosen Bandbreite von Abfallbiomassen vorgestellt, welches ein festes Produkt zum Ziel hat. Das Biomass Steam Processing (BSP) wurde am Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts fur Technologie im Arbeitskreis von Prof. Dr.-Ing. Henning Bockhorn entwickelt und zeichnet sich durch seine robuste und einfache Verfahrensweise aus. Zu dieser Technologie wurden im Verlauf der Arbeit zwei Patente angemeldet (Deutschland Patentnr. EP2952559A1, 2015; Deutschland Patentnr. EP2390301B1, 2016). Die eingesetzte Biomasse wird bei Atmospharendruck auf bis zu 350 °C aufgeheizt, wobei Wasserdampf als Reaktionsmedium dient. Nach maximal 120 min sind die Trocknung und die Karbonisierung abgeschlossen und das feste Kohleprodukt kann aus dem Prozess entfernt werden. \nIm Rahmen dieser Arbeit wurde auf Basis eines bestehenden Technikumsreaktors ein Pilotreaktor mit einem Durchsatz von 25 kg/h konzipiert, gebaut und in Betrieb genommen. Der Pilotreaktor besteht aus einer zweiteiligen Konstruktion, bei der die frische Biomasse wahrend ihrer Ubertragung aus einem Vorratsbehalter durch eine Doppelschnecke mechanisch vorkonditioniert wird. Der Reaktorbereich besteht ebenso aus einer Doppelschnecke und wird von ausen elektrisch beheizt. Die Reaktionszone ist dabei durch Pendelklappen von der Zufuhrzone und dem Kohleaustrag getrennt. Die bei der BSP-Umsetzung entstehenden fluchtigen Reaktionsprodukte sowie der optional eingespeiste Wasserdampf werden kontinuierlich aus dem Prozess ausgeschleust und zweistufig in Warmeubertragern zur nachfolgenden Analyse auskondensiert. Die Pilotanlage wurde auch mit Klarschlamm betrieben, der mit Marktabfallen und Holzpellets als Einsatzstoff gemischt wurde. Dieser Rohstoff hatte einen hohen Wassergehalt (bis zu 85 %). Dabei sollte auch untersucht werden, ob sich das BSP-Verfahren in einem solchen Aufbau fur die Verwertung von feuchten, organischen Reststoffen eignet. Es konnten alle Einsatzstoffe in ein karbonisiertes Feststoffprodukt uberfuhrt werden. Die Kohle der Klarschlamm-Holzpellet-Mischung erreichte Brennwerte von uber 21 MJ/kg, die Kohle der Mischung mit Marktabfallen immerhin noch uber 13 MJ/kg, was einer Steigerung von uber 110 % respektive 600 % entspricht. Dies ist auf den hohen Feuchtegehalt der Rohstoffe zuruckzufuhren. Mit kohlenstoffreicheren Eingangsstoffen wie Holz lassen sich noch hochwertigere Biokohlen herstellen, welche ein breites Anwendungsspektrum haben. \nNach der Auswertung der Versuchsdaten wurden mogliche Modifikationen vorgeschlagen, um einen besseren Warmeeintrag in die Biomasse zu erreichen und feuchte Einsatzstoffe noch effizienter verwerten zu konnen. \nBegleitend zur Planung und Auslegung der BSP-Pilotanlage wurde das Verfahren in der Prozesssimulationssoftware Aspen Plus modelliert. Dabei wurden sowohl die chemischen Reaktionen als auch die Reaktorkonstruktion betrachtet. Durch die Berechnung der fur den BSP-Prozess erforderlichen Warmestrome konnte der Biomasse-Durchsatz in Abhangigkeit vom Feuchtegehalt und der zur Verfugung stehenden Warmeubertragungsflache ermittelt werden. Den grosten Einfluss auf die Auslegung hat der an der Biomasse anhaftende Wasseranteil. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist der Anteil der inerten Mineralstoffe im Ausgangsmaterial. Das entwickelte BSP-Modell konnte helfen den experimentellen Aufwand zu reduzieren, indem es die Material- und Warmestrome bei Verwendung verschiedener Einsatzstoffe berechnet. Die aus der Simulation und den verschiedenen Skalierungsstufen ermittelten Daten und Erfahrungen konnen zur weiteren Skalierung des Prozesses genutzt werden. \nDas BSP-Verfahren eignet sich gut, verschiedene organische Abfallstrome mit einer grosen Bandbreite an Wassergehalten zu verwerten und in ein kohlenstoffangereichertes Feststoffprodukt umzuwandeln.

Volume None
Pages None
DOI 10.5445/IR/1000099809
Language English
Journal None

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