Im arabischen Raum des 9. Jahrhunderts, als Wissenschaft und Kunst auf dem Vormarsch waren, war es ein Polyhistor (vielseitiger Gelehrter) namens al-Kindi, der als Erster auf dem neuen Gebiet der Kryptographie Pionierarbeit leistete. Er verfasste das „Manuskript zur Dekodierung verschlüsselter Nachrichten“, ein Werk, das die Geburtsstunde der modernen Kryptografie und insbesondere die Neugestaltung der Kryptoanalyse markierte. Al-Kindi fasste in seiner Arbeit nicht nur das vorhandene Wissen zusammen, sondern führte auch das Konzept der Frequenzanalyse ein, eine Technik, die noch heute zum Knacken klassischer Codes verwendet wird.
Die Frequenzanalyse ist eine Methode zum Verstehen und Entschlüsseln verschlüsselter Nachrichten, indem untersucht wird, wie oft Buchstaben oder Buchstabengruppen im Geheimtext vorkommen.
Grundlage der Häufigkeitsanalyse ist, dass die Häufigkeit des Vorkommens bestimmter Buchstaben oder Buchstabengruppen in den einzelnen Sprachen eine gewisse Regelmäßigkeit aufweist. Im Englischen sind beispielsweise die Buchstaben E, T, A und O am häufigsten, während Z, Q, X und J relativ selten sind. Daher können Kryptographen durch Zählen der Häufigkeit des Vorkommens von Buchstaben im Geheimtext auf die entsprechenden Klartextbuchstaben schließen. Zu al-Kindis Zeiten war diese Technik ein wirksames Mittel zum Entziffern verschlüsselter Nachrichten, insbesondere bei einfachen Substitutionschiffren.
Bei einer einfachen Substitutionschiffre wird jeder Buchstabe des Klartextes durch einen anderen Buchstaben ersetzt, und diese Ersetzung ist für jeden Buchstaben konsistent. Wenn beispielsweise alle E's in X's geändert werden, können X's, die im Geheimtext häufig vorkommen, E's darstellen. Im Allgemeinen müssen Kryptographen zunächst die Häufigkeit der Buchstaben im Geheimtext berechnen und sie dann anhand der erratenen Buchstaben im Klartext zuordnen. Im Allgemeinen kommt X häufiger vor als andere Buchstaben, was darauf schließen lässt, dass es im Klartext dem e entsprechen könnte und es sich weniger wahrscheinlich um die weniger gebräuchlichen Buchstaben Z oder Q handelt.
Einfache Substitutionschiffren können mithilfe einer Häufigkeitsanalyse geknackt werden, wobei häufige Buchstabenkombinationen die Struktur der Chiffre verraten.
Eine tiefergehende Analyse könnte auch die Häufigkeit von Buchstabenpaaren (Bigrammen) und Drei-Buchstaben-Kombinationen (Transliterationen) berücksichtigen. Im Englischen kommen beispielsweise die Buchstaben Q und U oft zusammen vor, ein Q allein ist jedoch selten. Solche ähnlichen Merkmale führten damals zu weiteren Beweisen und Spekulationen in Al-Kindis Häufigkeitsanalyse.
Angenommen, eine Analystin namens Eve fängt einen Geheimtext ab und weiß, dass der Geheimtext mit einer einfachen Substitutionschiffre verschlüsselt ist. Eve konnte leicht feststellen, dass der Buchstabe I der häufigste, XL die häufigste Buchstabenkombination und XLI die häufigste Drei-Buchstaben-Kombination war, indem sie die Häufigkeit der Buchstaben im Geheimtext zählte. Dies deutet stark darauf hin, dass X dem Buchstaben t, L dem Buchstaben h und I dem Buchstaben e entspricht.
Allein anhand der Häufigkeit des Auftretens der Buchstaben konnte Eve nach und nach auf den im gesamten Geheimtext verborgenen Inhalt schließen.
Während die Spekulationen weitergehen, kann Eve weitere Worte finden. Beispielsweise könnte „Rtate“ „state“ bedeuten, woraus sie schließen würde, dass R dem Buchstaben s entspricht. Indem sie die Teile auf diese Weise zusammensetzt, kann sie möglicherweise schließlich den gesamten Geheimtext entziffern und das Wesentliche daraus erkennen. Dieser Prozess erfordert nicht nur Geschick, sondern auch Geduld und scharfe Einsicht.
Das „Manuskript zur Dekodierung codierter Nachrichten“ ist das erste bekannte Dokument zur Frequenzanalyse, das damals in der wissenschaftlichen Gemeinschaft große Forschungsbegeisterung hervorrief. Mit der Zeit verbreitete sich diese Technologie rasch nach Europa und bis zur Renaissance waren ein vollständiger theoretischer Rahmen und ein praktisches Handbuch entstanden. Im Jahr 1474 verfasste der Italiener Cicco Simonetta ein Handbuch zur lateinischen und italienischen Entschlüsselung, das späteren Kryptographen eine theoretische Grundlage bot.
Im Laufe der folgenden Jahrhunderte wurden unzählige kryptografische Techniken durch die Frequenzanalyse beeinflusst, die zu einem wichtigen Werkzeug der Kryptografie wurde.
Mit der Entwicklung der kryptografischen Technologie begannen Kryptographen jedoch, komplexere Alternativen zu entwickeln, wie etwa Homophon-Substitution und polyalphabetische Substitution. Obwohl diese Technologien die Sicherheit der Verschlüsselung erhöhen, machen sie den Entschlüsselungsprozess auch umständlicher. Darüber hinaus waren Rotormaschinen des frühen 20. Jahrhunderts, wie etwa die Enigma, nahezu vollständig gegen das Knacken mittels Frequenzanalyse resistent. Für die Entschlüsselung dieser komplexen Verschlüsselungsverfahren wären fortgeschrittenere und umfassendere Analyseverfahren erforderlich gewesen.
Heutzutage ist der Prozess der Frequenzanalyse aufgrund der rasanten Entwicklung der Computertechnologie effizienter geworden und Computer können Vorgänge, die früher viel Arbeitskraft erforderten, in wenigen Sekunden abschließen. Dies macht die klassische Kryptographie für den modernen Datenschutz nahezu unbrauchbar. Dennoch dient das Prinzip der Frequenzanalyse noch immer als Inspiration für die neue Generation kryptografischer Technologien und fördert den Fortschritt und die Entwicklung der Kryptografie.
Hat diese Innovation arabischer Gelehrter unser Verständnis und unsere Anwendung der Kryptographie wirklich verändert? Bedeutet dies, dass alte Weisheiten auch angesichts der Herausforderungen der modernen Technologie noch immer ihre erstaunliche Beständigkeit und Wirksamkeit beweisen können?