Albert Ziegler
Ruhr University Bochum
Network
Latest external collaboration on country level. Dive into details by clicking on the dots.
Publication
Featured researches published by Albert Ziegler.
Archive | 1985
Albert Ziegler
Die Sicherheit der Kernkraftwerke war von Anfang an eine wesentliche Forderung bei der Auslegung der Anlagen. Dies hat dazu gefuhrt, das Kernkraftwerke heute zu den sichersten Industrieanlagen gehoren, die wir kennen. Dennoch wird ihre Sicherheit von vielen immer wieder in Frage gestellt, was nur dadurch zu erklaren ist, das sie von irrationalen Sicherheitsvorstellungen ausgehen.
Archive | 1985
Albert Ziegler
Von der Bausumme fur ein Kernkraftwerk in Hohe mehrerer Milliarden DM werden auf der Baustelle ca. 22% umgesetzt. Deshalb kommt dem Bau, der Montage und der Inbetriebsetzung der Anlage wahrend einer Bauzeit von etwa sechs Jahren grose Bedeutung zu. Dort werden zum ersten Male Tausende von Einzelteilen zusammengefuhrt und zu Funktionssystemen zusammengefugt, die vorher nur einzeln gepruft und erprobt worden sind. Das gewaltige Volumen der Teile eines Kernkraftwerks mit einer elektrischen Leistung von 1300 MW wird durch die zu verarbeitenden Massen deutlich: 215000 m3 Beton, 35000 Mg Bewehrungsstahl, 8000 Mg Rohrleitungen, 2600 km Kabel, um nur die wichtigsten zu nennen.
Archive | 1985
Albert Ziegler
Kernkraftwerke werden weltweit zu uber 99% ausschlieslich zur Stromerzeugung eingesetzt [69]. Dies hat okonomische Ursachen, da die Entwicklung der Kernenergie in den 50er und 60er Jahren einherging mit hohen Zuwachsraten im Stromverbrauch und gleichzeitig preiswertes und einfach zu handhabendes Ol in den Niedertemperaturbereich eindrang. Ein anderer Einsatz der Kernenergie als nur zur Stromerzeugung wird heute zwar vielfach diskutiert und untersucht, der Verwirklichung der Produktion von Heiz- und Prozeswarme steht aber zur Zeit noch eine unsichere okonomische wie auch politische Bewertung entgegen. Dies gilt auch fur den Hochtemperaturreaktor, der Prozeswarme auf einem hohen Temperaturniveau liefern kann. Fur die alleinige Nutzung zur Stromerzeugung ist das hohe Temperaturniveau nicht notwendig. Aufgrund dieser Tatsachen soll der wirtschaftliche Einsatz der Kernenergie in der Elektrizitatsversorgung vorrangig dargestellt werden. Am Ende dieses Kapitels wird aber noch einmal auf die anderen Nutzungsmoglichkeiten eingegangen.
Archive | 1985
Albert Ziegler
Die Anordnung einer Kernkraftwerksanlage wird durch die Funktionszuordnung der einzelnen Gebaude unter Berucksichtigung der Gegebenheiten des Standortes bestimmt. Selbstverstandlich hat sich fur jeden Reaktortyp ein eigenes Anordnungskonzept herausgebildet. Aber auch die Anlagen verschiedener Hersteller mit dem gleichen Reaktortyp weisen deutliche Konzeptunterschiede auf, besonders auffallig z.B. die Siedewasserreaktor-Kernkraftwerke von General Electric und KWU. Das zeigt klar, das die Gesamtanordnung nur zum Teil einer technischen Logik unterworfen ist, die eine bestimmte Losung zwingend verlangt. Ein groser Teil kann frei nach dem Ermessen des Herstellers oder den Wunschen des Betreibers gestaltet werden. Naturlich ist jeder Hersteller bemuht, fur sein Konzept moglichst eine Standardanordnung beizubehalten, die sich am Beispiel fruher errichteter Anlagen orientiert. Aber sowohl die standige Vergroserung der Leistungseinheiten als auch die technische Weiterentwicklung und nicht zuletzt die immer hoher geschraubten Sicherheitsforderungen haben bewirkt, das bis in die jungste Zeit noch kaum eine Anlage in ihrer Gesamtanordnung mit einer anderen ubereinstimmt. Erst die drei Konvoi-Anlagen der KWU wie auch die franzosischen Kernkraftwerke sind weitgehend standardisiert.
Archive | 1985
Albert Ziegler
Bei technischen Anlagen sind die Sicherheitsregeln im allgemeinen im Laufe der Entwicklung anhand der Betriebserfahrungen entstanden. Zur Ermittlung der erforderlichen Sicherheitsreserven sind mit besonders kritischen Bauteilen auch gelegentlich Belastungsversuche bis zum Versagen durchgefuhrt worden. Bei Kernkraftwerken, wo der Sicherheitsnachweis schon als Voraussetzung der Genehmigung gefuhrt werden mus, war dieser Weg nur sehr bedingt gangbar. Obwohl uber 340 Kernkraftwerke in der Welt in Betrieb sind und die aufsummierte Betriebszeit rund 3500 Jahre betragt, konnte nur eine geringe Zahl von Storfallen registriert werden. Diese sind mit ganz wenigen Ausnahmen von den Sicherheitssystemen beherrscht oder fruhzeitig beendet worden, so das der vollstandige Storfallablauf nicht beobachtet werden konnte. Die weitaus groste Zahl von Storungen, die ohne Schaden fur die Anlage von den Schutzsystemen abgefangen wurde, gibt wenigstens einen Einblick in Art und Haufigkeit der zu erwartenden Storungsursachen. Die Analyse der registrierten Storungen zeigt u.a., das ein nicht unerheblicher Teil ursachlich auf menschliches Fehlverhalten zuruckzufuhren ist [46].
Archive | 1985
Albert Ziegler
Als Reaktorhilfsanlagen werden die Systeme bezeichnet, die am Reaktorbetrieb unmittelbar beteiligt sind und gleichzeitig in Betrieb sein mussen. Dazu zahlen die Anlagen zur Einspeisung und Entnahme von Hauptkuhlmittel sowie die zugehorigen Reinigungs- und Aufarbeitungsanlagen, ferner der Zwischenkuhlkreislauf mit allen Kuhlstellen im Kontrollbereich einschlieslich der Nach- und Notkuhlung, u.U. auch Luftungsanlagen, Sperrwasser-, Sperrdampf-, Schutzgas- und Olversorgungssysteme.
Archive | 1984
Albert Ziegler
Siedewasserreaktor-Kraftwerke werden heute nach dem Konzept der beiden Firmen General Electric und KWU gebaut. Seit etwa zehn Jahren kommt nur noch der direkte Kreislauf mit Zwangsumwalzung des Kuhlmittels und interner Dampftrocknung zur Anwendung. Der im Reaktor erzeugte Dampf wird nach Passieren des Wasserabscheiders und des Dampftrockners direkt zur Turbine geleitet. Das vorgewarmte Speisewasser wird wieder in den Reaktorbehalter eingespeist. Das nicht verdampfte Kuhlmittel wird im Reaktor intern umgewalzt. Hier bestehen zwischen den beiden Typen wesentliche Unterschiede. Wahrend General Electric interne Jetpumpen mit zwei auseren Umwalzschleifen benutzt, verwendet KWU interne Axialpumpen ohne ausere Umwalzschleife. Siedewasserreaktoren aus der Entwicklungsperiode der ersten zwanzig Jahre verwendeten zum Teil andere Kreislaufkonzepte. Die ersten Anlagen in USA (EBWR, VBWR) und Japan (JPDR) wurden mit direktem Kreislauf und Naturkonvektion gebaut. Andere Anlagen hatten einen indirekten Kreislauf (Kahl), vor allem, wenn der Dampf noch fossil uberhitzt wurde (Lingen). Dabei war der Primarkreislauf abgeschlossen durch einen Dampfumformer. Das Zweikreis-Konzept fand bei den ersten groseren Anlagen wie Dresden Anwendung.
Archive | 1984
Albert Ziegler
Die verschiedenen gasgekuhlten Reaktortypen haben viele Gemeinsamkeiten in der Technologie der Hauptkuhlkreislaufe, wenn auch die Verschiedenheit des physikalischen Konzepts und der Bauweise eine grose Anzahl von speziellen Ausfuhrungsformen hervorgebracht hat. Die wichtigsten Unterschiede liegen begrundet in der Wahl des Kuhlgases, das entweder CO- oder He sein kann, ferner in den Betriebsdaten fur Temperatur und Druck sowie in der Bauweise als integriertes System mit einem Spannbetondruckbehalter oder als System mit auseren Kreislaufen und getrennt aufgestellten Komponenten.
Archive | 1984
Albert Ziegler
Die Wahl von Natrium als Kuhlmittel wird durch die physikalischen Forderungen der Kernauslegung bestimmt. Fur die technische Anwendung als Kuhlmittel hat es sowohl Vorteile als auch Nachteile im Vergleich zu Wasser oder Gas. Vorteilhaft wirken sich die gute Leitfahigkeit und die hohe Siedetemperatur aus. Nachteilig sind die Brennbarkeit an Luft oder im Kontakt mit Wasser, der feste Aggregatzustand bei Normaltemperatur und etwas geringere spezifische Warmekapazitat.
Archive | 1984
Albert Ziegler
Das Primarkuhlsystem hat die Aufgabe, den Reaktorkern zu kuhlen und die aufgenommene Warme zum Dampferzeuger zu transportieren, wo sie zur Energieumwandlung an den Dampfkreislauf abgegeben wird. In der Regel besteht das Primarkuhlsystem aus zwei bis vier Kreislaufen. Beim Druckwasserreaktor handelt es sich um einen geschlossenen Kreislauf. Er wird auf so hohem Druck gehalten, das bei Normalbetrieb keine Dampf-entwicklung im Reaktorkern auftreten kann. Die Umschliesung des Primarkreislaufs mus den Uberdruck gegen die Umgebung aufnehmen und stellt zugleich eine Barriere fur die Radioaktivitat des Primarkreislaufs dar. Daraus resultiert ihre auserordentliche Bedeutung fur die Sicherheit. Samtliche Komponenten einschlieslich der Rohrleitungen unterliegen deshalb den gleichen Bedingungen in der Qualitatssicherung, wie der Reaktordruckbehalter. D.h., das sie “basissicher” ausgelegt und gefertigt werden mussen (s. hierzu Abschnitt 18.7), denn ein Versagen primardruckfuhrender Anlagenteile stellt einen schweren Storfall dar, der nur noch durch Schnellabschaltung, Notkuhlung und Sicherheitshulle beherrscht werden kann.