Anna-Bettina Kaiser

Rechtlich gefordertes Nichtwissen im virtuellen Raum – Der Schutz der Privatsphäre im Web 2.0

Seit ungefähr zehn bis 15 Jahren beschäftigt sich die Rechtsund Staatswissenschaft mit dem „Wissen des Staates“. Den Ausgangspunkt stellte die ,Entdeckung‘ dar, dass der Staat immer weniger weiß; insbesondere der Verwaltung fehlt bei wachsenden Staatsaufgaben in einer immer komplexer werdenden Umwelt zunehmend das nötige Wissen, um noch ,kluge‘ Entscheidungen treffen zu können. Aufgrund dieses Wissensdefizits ist der Staat zunehmend auf privaten Sachenverstand angewiesen. Freilich erschien und erscheint dieser Befund umso alarmierender, als in der heutigen Gesellschaft Wissen als die kostbarste Ressource gilt. Unsicheres oder fehlendes Wissen wurde zum Kennzeichen einer negativ konnotierten Risikogesellschaft. Das Faszinierende an dieser Diskussion ist unter anderem, dass der Staat in ihr – anders als in Zeiten der Volkszählungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts – nicht mehr in erster Linie als datenhungriger ,Leviathan‘ konstruiert wurde, sondern als unwissendes ,Haustier‘.

Archiv und Recht

»Arche« als gemeinsame, freilich kontrovers diskutierte Wurzel der griechischen Worter fur Anfang, Gebot und Archiv (Derrida 1997 [1995], 9): Anschaulicher kann die innige wie problematische Beziehung zwischen Archiv und Recht nicht ausgedruckt werden. Tatsachlich stehen die Begriffe Archiv und Recht in vielerlei Hinsicht miteinander in Verbindung, ohne dass sich die verschiedenen Verknupfungen hierarchisieren liesen.