Bernhard Giesen

Deutungsmuster als Determinanten der Interaktion von Wissenschaftlern und Praktikern

Ziel der folgenden Uberlegungen ist es, eine analytische Typologie der Deutungsmuster (1) vorzustellen, mit denen Wissenschaftler und Praxisvertreter ihr wechselseitiges Verhaltnis zueinander interpretieren, um daran Prognosen anzuschliesen, wie Art und Verlauf ihrer Zusammenarbeit durch die unterschiedlichen Kombinationen von Deutungsmustern beeinflust werden, die dabei aufeinandertreffen. Die klassische These einer prinzipiellen Differenz zwischen wissen-schaftlichem und praktischem Handeln, die sich - der systemtheoretischen Formulierung Luhmanns folgend - in Unterschieden der Struktur, Funktion und Leistung niederschlagt (2), soll als Ausgangsbasis fur die Typenkonstruktion dienen: n n nUbersetzt auf die handlungstheoretische Ebene wird der Funktionsbezug wissenschaftlichen bzw. praktischen Handelns in spezifischen Wertorientierungen deutlich, die den Handlungsbegrundungen von Akteuren unterliegen; Strukturen hingegen erscheinen als kognitive Landkarten der sozialen Wirklichkeit, die ein bestimmtes Muster von Gruppenzugehorigkeiten als konstitutiv fur wissenschaftliches oder praktisches Handeln ausweisen; dem systemtheoretischen Begriff der tauschfahigen Leistung schlieslich entspricht im handlungstheoretischen Sprachgebrauch das Konzept bevorzugter Handlungsstrategien, mit denen die Bewaltigung verschiedener Situationsanforderungen und Aufgaben bewerkstelligt werden soll.

Drogenkonsum als soziales Problem : Thematisierungsstrukturen in der Medienberichterstattung

In den Berichten der Medien uber soziale Probleme kommt den Berufsgruppen, Professionen und Organisationen/ die mit der alltaglichen Bearbeitung dieser Probleme betraut sind/ besondere Bedeutung als informierende Instanzen zu.1 Professionellen Akteuren wird dadurch die Moglichkeit eroffnet/ eigene Interessen durch entsprechendes Informationsverhalten indirekt zur Geltung zu bringen. — Die von uns durchgefuhrte Inhaltsanalyse der Presseberichterstattung zum Drogenproblem versteht sich vor diesem Hintergrund als exemplarische Untersuchung uber Bedingungen und Struktur professioneller Konkurrenz/ ausgetragen als Definitions- oder Thematisierungskonkurrenz im Medium der offentlichen Diskussion.

Rationalität und Erkenntnisfortschritt

ZusammenfassungDie Arbeit kritisiert den Versuch Imre Lakatos, durch eine Erweiterung und Veränderung eines falsifikationistischen methodologischen Programms einen funktionierenden Standard des Ausscheidens objektsprachlicher Theorien zu gewinnen. Dies leistet Lakatos auch nicht durch seine Wendung zur Historiographie, die eine Beurteilung konkurrierender methodologischer Programme ermöglichen soll. Immer bleibt seine Methodologie auf die Möglichkeit des Gehaltsvergleiches angewiesen, die nur in den restringiertesten Fällen vorliegen wird und fällt damit noch hinter die frühen Vorschläge Paul K. Feyerabends zurück. Lakatos kann in keiner Phase seiner methodologischen Entwürfe ein rationales Entscheidungskriterium begründen und flüchtet sich am Ende in einer restaurativen Wende in das angebliche kompetente Urteil der jeweils inthronisierten Wissenschaftlergemeinde. Damit aber gibt Lakatos einen methodischen Anspruch auf und läßt methodologische Reflexion in eine Art der ‘mob psychology’ degenerieren, wie er es ursprünglich gegenüber den methodologischen Auffassungen von Th. Kuhn vorgeworfen hatte.