Michael Gratzke

'Ins Nichts mit dir zurück, Herr Prinz von Homburg, ins Nichts, ins Nichts!' Heldentum, Grazie und Männlichkeit in Kleists Über das Marionettentheater und Prinz Friedrich von Homburg

Dieser Aufsatz geht von der bekannten These aus, daß Kleists Marionette und Prinz Friedrich parallele Figuren seien, und untersucht die im Graziediskurs beider Texte implizierte Fragen nach der Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Versöhnung von Individuum und Welt (oder Staat). Dabei werden ein hermeneutisches und ein performatives Modell von Subjektivität herausgearbeitet. Letzteres wird abschließend auf die nichtessentialistische und dennoch konservative Performanz von Geschlechtlichkeit bei Kleist angewandt. Es zeigt sich, daß Kleist eine neue Welt beschreibt, in der die klassische, in sich ruhende Person nicht mehr zählt. ‘Dehumanisierte’ Individuen werden durch das Sprechen und Handeln der Menschen erzeugt, die sich ihr Selbstgefühl stets neu erkämpfen müssen.

Werther’s Love. Representations of Suicide, Heroism, Masochism, and Voluntary Self-Divestiture

Abstract This article examines discourses on suicide in Die Leiden des jungen Werthers in the context of representations of heroism, masochism, and strategies of ‘un-becoming’ such as Leo Bersani’s concept of self-shattering desires and voluntary self-divestiture. It outlines the two imaginary families created in the novel. The first is based on matrilinearity incorporating God, Lotte’s deceased mother, and Werther. The second family derives from the male bonding which occurs when the Amtmann and his sons rush to Werther’s deathbed. Both families keep the pure potentiality of literature alive, thus undermining Goethe’s intention to write a cautionary tale.