Sebastian Nessel
University of Graz
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Publication
Featured researches published by Sebastian Nessel.
Archive | 2015
Sebastian Nessel
Eine zentrale Einsicht der Neueren Wirtschaftssoziologie ist, dass die Konstitution und Funktionsweise von Markten an die Reduktion von Unsicherheit gebunden ist (klassisch Granovetter 1985; White 1981). Nur wenn Akteure dauerhaft davon ausgehen konnen, dass ihre Gewinn- oder Konsumchancen gewahrleistet sind, werden sie am freiwilligen Tausch von Ressourcen auf Markten teilnehmen. Aufgrund der potenziellen Offenheit von Handlungssituationen (doppelte Kontingenz), schwer abschatzbarer zukunftiger Marktstrategien (Ungewissheit) sowie sich wandelnder Markte sind Markterwartungen jedoch stets prekar. So fuhren technologische Veranderungen, sich wandelnde Konsum- und Wertpraferenzen oder eine zunehmende Vermarktlichung (z. B. von Wohlfahrtssystemen) zur permanenten Herausforderung eingespielter Handlungsmuster.
Archive | 2018
Sebastian Nessel; Nina Tröger; Christian Fridrich; Renate Hübner
In diesem Beitrag wird ein Uberblick uber mogliche Dimensionen, Ansatze und Perspektiven einer multiperspektivischen Verbraucherforschung vorgestellt. Wir diskutieren zunachst vier zentrale Dimensionen einer multiperspektivischen Verbraucherforschung: das zugrunde gelegte Konsumverstandnis; konsumrelevante Akteursgruppen samt Leitbilder des Konsumenten und der Konsumentin; mogliche soziale, okologische und okonomische Konsumfolgen; sowie Aspekte zur Beeinflussung bzw. Veranderung des Konsums (Abschnitt eins). Wir geben dann einen Uberblick uber zwei aktuelle Ansatze der Verbraucherforschung, die sich als eine erste Ausgangsbasis fur eine multiperspektivische Verbraucherforschung verstehen und in verschiedenen Disziplinen und Kontexten angewendet werden: verhaltensbasierte Ansatze und sog. Praxistheorien (Abschnitt zwei). Am Beispiel nachhaltigkeitsbezogener Konsumdiskurse und der Verbraucherbildung, deren Beschreibung zwischen Marktorientierung und emanzipatorischem Anspruch oszilliert, wird dann herausgearbeitet, dass es wichtig ist, die den genannten Theorien zugrunde liegenden konsumtheoretischen Annahmen offen zu legen, damit sie neue Perspektiven der Verbraucherforschung eroffnen konnen (Abschnitt drei). Wir schliesen mit einem kurzen Fazit und einem Ausblick (Abschnitt vier).
Archive | 2018
Sebastian Nessel; Nina Tröger; Christian Fridrich; Renate Hübner
Entscheidungen der Verbraucherinnen und Verbraucher uber den Kauf bzw. Nicht- Kauf von Gutern und Dienstleistungen sind sowohl okonomisch als auch okologisch und gesellschaftlich bedeutsam. Diese Entscheidungen sind eingebettet in ein Geflecht sozialer und individueller Praktiken in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen (Bala und Schuldzinski 2016, 2017; Troger et al. 2017; Rabelt et al. 2007). Wissenschaftliche Erkenntnisse uber den Kauf bzw. Nicht-Kauf sowie den Ge- und Verbrauch von Konsumgutern werden jedoch meist nur von einzelnen Wissenschaftsbereichen erhoben, ohne dass diese bisher in einem engeren Dialog stehen.
Archive | 2017
Sebastian Nessel
In Morals and Markets untersucht Viviana Zelizer die sozialen Voraussetzungen der massenhaften Verbreitung von Lebensversicherungen in den USA. Ihre zentrale These ist, dass neue Produkte ein Mindestmas an gesellschaftlicher Legitimation benotigen, um sich auf Markten zu etablieren. Zelizers Ausgangspunkt ist, dass vorhergehende Ansatze einseitig Wirtschaftswachstum, Urbanisierungs- und Mortalitatsraten sowie die Kaufkraft der Bevolkerung analysierten (9f.), den „impact of noneconomic factors on the adoption of life insurance“ aber kaum berucksichtigen (S. 25).
Archive | 2017
Sebastian Nessel
In Consumer Capitalism untersucht Gunnar Trumbull die Bedeutung von Verbraucherinstitutionen fur die Ausgestaltung von Markten. Unter Verbraucherinstitutionen versteht er vor allem Verbraucherorganisationen wie die Stiftung Warentest und die Verbraucherzentralen der Bundeslander in Deutschland und teils auch andere verbraucherpolitische Akteure wie z.B. Verbraucherministerien.
Archive | 2016
Sebastian Nessel
Verbraucherorganisationen vertreten die Interessen von Konsumenten gegenuber Politik und Unternehmen. Seit den 1950er Jahren sind die Stiftung Warentest, der Verbraucherzentrale Bundesverband bzw. sein Vorganger, die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbande (AgV), und die Verbraucherzentralen der Lander in die institutionelle Architektur der deutschen Verbraucherpolitik eingebunden. Dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und den Verbraucherzentralen der Lander (VZ) wurden die politische Vertretung und die Rechtsdurchsetzung von Verbraucherinteressen zugewiesen. Die Stiftung Warentest (STW) hat im Rahmen einer nachfrageseitigen Steuerung des Marktwettbewerbs hingegen die Funktion, Konsumenten durch vergleichende Warentests uber die Qualitat von Gutern und Dienstleistungen zu informieren. Die Ausweitung des Warenangebots und der Werbung, die zunehmende technische Komplexitat von Produkten oder kurz: die steigende Marktkomplexitat wurden ab den 1950er Jahren als Begrundung herangezogen, um nachfrageseitige Organisationen zur Information und Interessenvertretung von Konsumenten politisch einzurichten (Mitropoulos 1997). Aus politischer und wissenschaftlicher Sicht wurde davon ausgegangen, dass staatlich unterstutzte und finanzierte Verbraucherorganisationen (VO) dazu beitragen, Markte effizient zu gestalten und einen politischen und okonomischen „Interessenausgleich“ zwischen Konsumenten und Firmen zu ermoglichen. Die politische Festlegung zur Grundung und institutionellen Forderung des vzbv (bis 2000 AgV, 1953), der VZ (zwischen 1953 und 1961) und der STW (1964) sind bis heute pragend fur das Feld der Verbraucherpolitik und der nachfrageseitigen Steuerung von Markten in Deutschland.
Archive | 2016
Sebastian Nessel
In den vorangegangenen Ausfuhrungen wurden detaillierte Fallanalysen von funf Verbraucherorganisationen in Deutschland vorgelegt: Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und Verbraucherzentralen der Lander (VZ), Stiftung Warentest (STW), Verbraucherinitiative e. V. (VI), Foodwatch e. V. (FW) sowie Utopia AG und Stiftung (Utopia) (Kap. 5.1 bis 5.5). Im Rahmen eines ubergreifenden Fallvergleichs wurde daraus abgeleitet eine Klassifizierung von Verbraucherorganisationen (VO) in Deutschland erarbeitet (Kap. 5.6). Anhand dieser Fallanalysen und des Fallvergleichs wurden zentrale Unterschiede und Gemeinsamkeiten von VO in Deutschland benannt. Des Weiteren wurden sechs zentrale Strategien von VO identifiziert und ihre variierende Strategiewahl nachvollziehbar gemacht.
Archive | 2016
Sebastian Nessel
In den bisherigen Ausfuhrungen wurde eine zentrale Schwachstelle der Wirtschaftssoziologie sichtbar gemacht: Sowohl Konsumenten als auch Organisationen der Nachfrageseite werden bislang weitgehend vernachlassigt, um die Strukturierung von Markten zu beschreiben. Eine solche Verkurzung ist sowohl theoretisch als auch empirisch wenig plausibel. Theoretisch ist davon auszugehen, dass Konsumenten durch ihre Konsumentscheidungen Markte auf vielerlei Wegen beeinflussen. Bekanntermasen hat bereits Hirschman (1970) auf drei Moglichkeiten der Einflussnahme von Konsumenten auf Markte hingewiesen, die er als exit, voice und loyalty gekennzeichnet hat. Dass die Nachtfrageseite zur Strukturierung von Markten in den Blick zu nehmen ist, ist ebenfalls eine Binsenweisheit okonomischer Theorien. Bei aller Kritik der Neueren Wirtschaftssoziologie an der Wirtschaftstheorie wurde deren zentrale These, namlich dass Konsumentscheidungen das Angebot und die Struktur von Markten beeinflussen, jedoch lediglich erweitert.
Archive | 2016
Sebastian Nessel
Im vorangegangenen Kapitel wurden wirtschafts- und politikwissenschaftliche Ansatze diskutiert, die den Gegenstand der Verbraucherorganisationen (VO) untersuchen. Es wurde gezeigt, dass die Stiftung Warentest (STW), der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen (VZ) der Lander zentrale Akteure in der institutionellen Architektur der deutschen Verbraucherpolitik sind. Alle drei Verbande wurden politisch eingerichtet und sind mehr oder weniger offentlich finanziert. Die STW hat im Rahmen einer nachfrageseitigen Steuerung des Marktwettbewerbs die Funktion, Konsumenten durch vergleichende Warentests uber die Qualitatseigenschaften von Gutern und Dienstleistungen zu unterrichten.
Archive | 2016
Sebastian Nessel
Die Definition handelbarer Marktobjekte, die Rechte und Pflichten der Marktteilnehmer sowie die Ausgestaltung des Marktwettbewerbs unterliegen sozialer und historischer Gegebenheiten. Die Neuere Wirtschaftssoziologie hat diese sozialen und historischen Gegebenheiten zum Ausgangspunkt einer Analyse von Markten genommen. Unter Ruckgriff auf das Theorem sozialer Einbettung haben zahlreiche Studien verdeutlicht, dass die Konstitution und Funktionsweise von Markten durch konkrete Beziehungsnetzwerke, durch institutionelle Arrangements sowie durch kulturelle Wertvorstellungen beeinflusst werden. Richtet sich der Blick auf die Akteure, die die Stabilitat und den Wandel von Markten beeinflussen, dann werden in der Wirtschaftssoziologie uberwiegend Unternehmen und deren soziale Einbettung betrachtet (Kap. 2).