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Featured researches published by Sibylle Raasch.
Archive | 1980
Udo Mayer; Sibylle Raasch
Nach dem Territorialitatsgrundsatz unterliegen alle privaten Personen, Sachen und Rechte der nationalen Rechtsordnung desjenigen Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie sich gerade befinden. Dieses ist die volkerrechtliche Konsequenz der Anerkennung staatlicher Souveranitat. Der Schutz im Ausland belegenen Eigentums war damit jahrhundertelang allein der Konzessionsbereitschaft bzw. dem Verhandlungsgeschick der Staaten uberlassen. Art und Umfang wurden meist in besonderen zweiseitigen Vertragen (siehe II.2.1) genauer festgehalten. Dieser Weg bot zwar keinen absoluten oder umfassenden Schutz, war aber unproblematisch, solange die wirtschaftlichen Kontakte zwischen den Staaten vorrangig in Form des Warenaustausches erfolgten und weltweit Einigkeit bestand uber die prinzipielle Beurteilung und Behandlung von privatem Eigentum. Soweit sich grosere Eigentumswerte auf Dauer im Ausland befanden, lagen sie in Kolonien und standen dadurch weiterhin unter der schutzenden Souveranitat des Heimatlandes.
Archive | 1980
Udo Mayer; Sibylle Raasch
In dem vorherigen Kapitel ist gezeigt worden, wie der Freihandelsgedanke sich bisher — allerdings recht unvollkommen — in bestehendes Volkerrecht umgesetzt hat. Dabei wurde deutlich, das die westlichen Industrielander immer dort Freihandel fordern und auch selbst praktizieren, wo ihre eigene Marktposition stark ist. Wo der internationale Wettbewerb einzelnen Industrielandern oder auch ihrer Gesamtheit Opfer abzuverlangen droht, werden ohne viel Skrupel andere Wege beschritten. Das GATT last fur derartige Ausnahmen genug Raum, um Rechtsverstose kaum auftreten zu lassen. Die Entwicklungslander andererseits unterliegen formal den selben Rechtsnormen, haben aber faktisch nicht dieselben Moglichkeiten, zu ihren Gunsten hiervon Gebrauch zu machen. Denn ihnen fehlt zumeist die entsprechende Marktmacht und, trotz formal bestehender volkerrechtlicher Souveranitat, haufig auch eine tatsachlich freie Wahl der Handlungsalternativen. Angesichts zunehmenden sozialen und politischen Drucks innerhalb der Entwicklungslander selbst auf ihre Regierungen und angesichts erster erfolgreicher Versuche, international gemeinsam zu handeln, fordern die Entwicklungslander seit Mitte der 60er Jahre zunehmend mit mehr Nachdruck eine grundlegende Veranderung der Weltwirtschaftsstrukturen und ihrer volkerrechtlichen Absicherung, eine „neue Weltwirtschaftsordnung“.
Archive | 1980
Udo Mayer; Sibylle Raasch
Die wirtschaftliche Verflechtung der nationalen Markte untereinander steigt standig. Masgeblich beteiligt sind hieran multinational organisierte Grosunternehmen. Ihr Anteil am Welthandel wird gegenwartig auf 50%, ihr Anteil am Auslandsinvestitionsbestand auf etwa 75 bis 80% geschatzt1. Diesen Unternehmen ist es angesichts ihrer Grose und spezifischen Arbeitsweise in viel starkerem Mase moglich, den internationalen Wettbewerb zu ihren Gunsten zu verfalschen, als traditionellen nationalen Unternehmen. Damit gewinnt neben dem staatlichen Protektionismus auch die private Wettbewerbsbeeintrachtigung international zunehmend an Bedeutung. Vor allem Entwicklungslander sind der Marktmacht privater Multis ziemlich alternativlos ausgeliefert.
Archive | 1980
Udo Mayer; Sibylle Raasch
Die standige Erweiterung und Verdichtung des Warenverkehrs uber die Grenzen nationaler Staaten hinweg unter dem Banner der liberalen Freihandelsdoktrin hat die heutige Weltwirtschaftsordnung masgeblich gepragt. Als ideologische Basis der wirtschaftspolitischen Praxis wurde die Freihandelsdoktrin auch wirtschaftstheoretischer Ausgangspunkt der volkerrechtlichen Absicherung dieser Handelsbeziehungen. Die heutige Weltwirtschaftsordnung und das heute bestehende Volkerrecht beruhen noch auf dieser Basis, obwohl gegenwartig immer deutlicher die zunehmende Internationalisierung der Produktion selbst und damit auch die Internationalisierung der Eigentumsbeziehungen als neues wirtschaftliches Gestaltungsmoment in den Vordergrund treten. Wegen der historischen Prioritat des internationalen Warenverkehrs und der noch heute fortbestehenden ideologischen Prioritat der Freihandelsforderung soll der hiermit zusammenhangende volkerrechtliche Problemkomplex zuerst behandelt werden, wahrend die volkerrechtlichen Aspekte der Problembereiche Privateigentum und Verwertungsbedingungen der Arbeitskraft sich anschliesen. Bei diesem Vorgehen darf selbstverstandlich nie aus den Augen verloren werden, das die nationale Organisation des Privateigentums mit seiner Ankoppelung an bestimmte nationale Staaten und die nationalen, sehr unterschiedlichen Verwertungsbedingungen der Arbeitskraft Art und Ausgestaltung des internationalen Warenverkehrs von Anfang an gepragt haben.
Archive | 1980
Udo Mayer; Sibylle Raasch
Die in Kapitel II.5 dargestellten Aktivitaten multinationaler Konzerne haben mit aller Deutlichkeit gezeigt, das nationale Grenzen fur den internationalen Kapitalverkehr von geringer Bedeutung sind. Im Gegensatz dazu ist fur diejenigen, die aus dem in Produktionsmitteln vergegenstandlichten Kapital Werte schaffen, die Arbeitnehmer, eine solche unbegrenzte Mobilitat von vornherein nicht gegeben. Personliche und soziale Bindungen innerhalb eines begrenzten lokalen Raums begrunden i.d.R. eher das Gegenteil. Zwar ist durch die modernen Verkehrsmoglichkeiten der grenzuberschreitende Verkehr fur Arbeitnehmer als Anbieter ihrer Arbeitskraft erheblich erleichtert worden, was auch zu einer Art neuer Volkerwanderung gefuhrt hat. Grundsatzlich last sich jedoch die Arbeitskraft weniger „internationalisieren“, wie das Kapital, das auserst flexibel beim Vordringen in neue Arbeitsmarkte ist, wahrend eine mobile Anpassung der Arbeitnehmer an eine Veranderung der Produktionsstandorte durch die genannten Grunde erschwert wird.
Archive | 1980
Udo Mayer; Sibylle Raasch
Die enteignungsweise Ubernahme vorhandener Produktionskapazitaten allein wird die wirtschaftliche Lage der Entwicklungslander nicht grundlegend verbessern. Denn erstens durfte es Entwicklungslandern derzeit vielfach nicht moglich sein, die auslandischen Betriebe nach der Enteignung in Eigenregie weiterzufuhren. Die meisten auslandischen Investoren in Entwicklungslandern beschaftigen namlich an den technisch oder kaufmannisch wichtigen Schaltstellen ihrer Betriebe Auslander, die im Enteignungsfall das Land verlassen. Entsprechend ausgebildete oder gar eingearbeitete Inlander fehlen in den meisten Entwicklungslandern. Auch falls das zu Weiterfuhrung des Betriebes erforderliche Know-how nicht an bestimmte Fachkrafte gebunden ist, kann es im Gegensatz zu den Produktionsanlagen durch Enteignung kaum erfast werden, weil es haufig gar nicht entsprechend vergegenstandlicht (dokumentiert) ist. Soweit moglich neigen auslandische Investoren aus Sicherheitsgrunden dazu, relevante Kenntnisse in ihren enteignungssicheren Heimatlandern zu belassen und nur die unbedingt benotigten Details fragmentarisch an den Auslandsbetrieb weiterzugeben. Tatsachlich wird also das Instrument der Produktionsmittelenteignung fur Entwicklungslander stark entwertet, solange es ihnen nicht gelingt, auch uber die entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten zu verfugen.
Archive | 1980
Udo Mayer; Sibylle Raasch
Die Tendenz nationaler Unternehmen mit privatkapitalistischen Eigentumsstrukturen, international zu agieren, nahm seine Entwicklung bereits im 19. Jh. und zwar in dem Mase, wie sich die industriekapitalistische Produktionsweise ausbreitete. Die Hauptformen waren Waren- und Kapitalexport bei gleichzeitiger Kolonialisierung der Rohstofflander; beschaftigungspolitisch profitierten die Unternehmen vor allem in Europa und den USA von der durch Massenarmut erzwungenen Mobilitat der Arbeitnehmer in den Industrienationen1. Demgegenuber haben sich nach dem Zerfall der Kolonialsysteme und der Erringung eines relativ hohen Lebensstandards der Arbeitnehmer in den Industrienationen, der in jahrzehntelangen sozialpolitischen Auseinandersetzungen durchgesetzt wurde, die Operationsformen international tatiger Konzerne weitgehend verandert. Zwar sind die Industrienationen nach wie vor Immigrationszentren fur Arbeitnehmer aus weniger entwickelten Landern2. Ihre Beschaftigung erfolgt jedoch nicht mehr in erster Linie, um das Lohnniveau zu unterschreiten, da sich die Gewerkschaften hiergegen erfolgreich zur Wehr gesetzt haben; vielmehr werden sie in der Mehrzahl zu unqualifizierten Tatigkeiten unter schlechten Arbeitsbedingungen herangezogen3.
Archive | 1980
Udo Mayer; Sibylle Raasch
Die Europaische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) wurde zusammen mit der Europaischen Atomgemeinschaft (EURATOM) durch die Vertrage von Rom am 25. Marz 19571 gegrundet und am 1. Januar 1958 in Kraft gesetzt. Beteiligt waren Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Bereits seit 1951 waren dieselben Mitglieder in der Europaischen Gemeinschaft fur Kohle und Stahl (EGKS = Montanunion)2 vereinigt, so das nunmehr drei unterschiedliche wirtschaftliche Bereiche nebeneinander durch drei getrennte Vertrage zwischen denselben Mitgliedern integriert waren. Bereits zum Grundungszeitpunkt 1957/58 verband man die drei Organisationen durch einige gemeinsame Organe: die Versammlung, den Europaischen Gerichtshof (EuGH) und den Wirtschafts- und Sozialausschus. 1965 wurden dann auch die zentralen Exekutivorgane der drei Gemeinschaften Rat, Kommission und Verwaltung zusammengelegt. Seither hat sich fur die zusammengefaste Gesamtheit dieser drei Organisationen der Begriff „Europaische Gemeinschaften“oder auch nur „Europaische Gemeinschaft“ (EG) eingeburgert. Durch die Beitritte von Danemark, Grosbritannien und Irland 1972 zu allen drei Vertragen umfast die EG gegenwartig 9 Mitgliedsstaaten.
Archive | 1980
Udo Mayer; Sibylle Raasch
Der volkerrechtliche Schutz von Auslandsinvestitionen verhindert Eingriffe und Reglementierungen des auslandischen Staates nicht. Auch Enteignungen sind prinzipiell gestattet. Der Streit uber das Ausmas des volkerrechtlichen Eigentumsschutzes betrifft nur die Frage, ob eine Enteignung auslandischen Vermogens auch ohne Entschadigungsleistung (sog. Konfiskation) zulassig ist und welche Anforderungen gegebenenfalls an eine Entschadigung zu stellen sind.
Archive | 1980
Udo Mayer; Sibylle Raasch
Der umfangreiche Standard an internationalen Normen des Arbeits- und Sozialrechts steht in einem gewissen Misverhaltnis zu seiner tatsachlichen Bedeutung im innerstaatlichen Bereich. Dies wirft die Frage der Durchsetzung dieses Normenbestandes auf, die sich einmal auf der Ebene internationaler volkerrechtlicher Vertragserfullungspflichten stellt und zum andern als innerstaatliches Geltungsproblem. Wahrend sich aus den volkerrechtlichen Vertragen die internationalen Vertragspflichten unmittelbar ergeben und der internationale Kontrollmechanismus zur Einhaltung dieser Pflichten in ihnen jeweils spezifisch geregelt ist, tauchen die eigentlichen Probleme bei der innerstaatlichen Geltungswirkung auf.