Elisabeth Schuhmann
Utrecht University
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Featured researches published by Elisabeth Schuhmann.
Archive | 2001
Edmund Husserl; Elisabeth Schuhmann
Zu dem Zweck einer Verstandigung uber das Thema meiner Vorlesungen, m.a.W. zur ersten Klarlegung der Probleme, welche unter dem Titel Erkenntnistheorie befasst zu werden pflegen, knupfe ich an das Epoche machende Werk Lockes uber den menschlichen Verstand an. Es ist das erste eigens der Erkenntnistheorie gewidmete Werk. Mit ihm gewinnt sie Rang und Ansehen einer eigenen philosophischen Disziplin, und alle seitdem ublichen Definitionen derselben gehen auf dieses Buch zuruck. Der grose Englander beginnt seine Untersuchung mit den Worten: „ Weil es der Verstand ist, der die Menschen uber alle anderen empfindenden Wesen erhebt und ihnen den ganzen Vorrang und die Herrschaft verleiht, die sie diesen Wesen gegenuber besitzen, so ist er gewiss ein Gegenstand, der schon durch seine hohe Wurde der Muhe einer besonderen Untersuchung lohnt. Wie das Auge nimmt der Verstand, wahrend er alle anderen Dinge fur uns sichtbar und erkennbar macht, sich selbst nicht wahr, und es erfordert Kunst und Muhe, ihn sich selbst gegenuberzustellen und ihn zu einem eigenen Objekt zu machen.“*
Archive | 2001
Edmund Husserl; Elisabeth Schuhmann
Ich muss damit beginnen, uber die dornenvolle Aufgabe zu klagen, die ich mir in diesen Vorlesungen gestellt habe. Wenn ein Kolleg uber Arithmetik oder Geometrie, uber Mechanik oder Elektrizitat, uber Mineralogie oder Geologie und was dergleichen mehr angekundigt wird, so weiβ der lernbegierige Zuhorer von vornherein, was fur Art von Belehrung und Wissen er in dem Kolleg zu erwarten hat. Mit einer wenigstens in den Hauptzugen bestimmten Vorstellung des zu behandelnden Gebietes kommt er dem Vortrage entgegen. Die bezuglichen Klassen von realen oder begrifflichen Objekten sind ihm, sei es aus dem praktischen Leben, sei es von der Schule her, wohlvertraut, und was er wunscht, sind genauere theoretische Aufschlusse nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft. Etwas anders stellt sich die Sache leider im Gebiete der philosophischen Disziplin(en dar), vor allem in den Hauptgebieten, welche den Gegenstand dieser Vorlesung bildensollen. Was das, Erkenntnistheorie, und was Metaphysik ist, daruber werden die einen von Ihnen uberhaupt keine Vorstellung haben und die anderen vermutlich eine sehr unklare. Wie konnte ich es anders erwarten, nachdem es auch bei den Philosophen von Fach,ja sogar bei bedeutenden Denkern, an Klarheit uber die einschlagigen Probleme und uber die richtige Abgrenzung der genannten Disziplinen gebricht. Ich habe im Titel der Vorlesung Erkenntnistheorie und Metaphysik gesondert, also wie zwei Disziplinen hingestellt, als ob zwei gesonderte Gruppen von Problemen vorhanden waren, die, wenn auch in enger Beziehung stehend, doch als theoretisch gesonderte zu behandeln sind. Aber selbst darin fehlt Einigkeit. Viele Forscher wollen hier nur ein e Disziplin gelten lassen; die einen, weil sie die Erkenntnistheorie nur als ein Kapitel der Metaphysik gelten lassen, die anderen, weil sie beide Disziplinen geradezu identifizieren. Das Letztere betrifft alle die Philosophen, welche den eigentlichen Hauptstamm der metaphysischen Probleme, um die sich die Philosophie von Jahrtausenden abgemuht hat, als unlosbar, als die menschliche Erkenntnisfahigkeit wesentlich uberschreitend ablehnen und nur eine kritische Disziplin von der Erkenntnis zugestehen wollen, zu deren Aufgabe es gehore, die prinzipielle Unlosbarkeit dieser Probleme darzutun, also die Unmoglichkeit einer Metaphysik im traditionellen Sinn. Auf der anderen Seite gibt es aber eine Reihe von Denkern, welche Erkenntnistheorie und Metaphysik als wesentlich unterschiedene und gleichberechtigte Disziplinen auffassen.
Archive | 2002
Edmund Husserl; Elisabeth Schuhmann
Wir1 beginnen heute die Phanomenologie des Urteils. Naturlich setze ich dabei voraus, dass Sie den Sinn des Wortes „Urteil“ in gewisser Weise schon kennen. Die Wesensanalyse, die wir anstreben, hat nicht den Zweck, demjenigen, der noch nicht weis, was „Urteil“ heist, den Sinn diesesWortes allererst beizubringen. Die logischen und erkenntnistheoretischen Motive, die dahin drangen, sich uber das „Wesen“ des Urteils als seinen „eigentlichen Sinn“ klar zu werden, konnten in demjenigen gar nicht erwachsen, der mit dem Begriff des Urteils nicht schon in gewisser Weise vertraut ware und mit ihm in wissenschaftlichen und wissenschaftstheoretischen Zusammenhangen nicht ausgiebig operiert hatte. Also wir wissen, was Urteil heist, wir wissen z.B., dass jemand urteilt, der in einem Aussagesatz inWahrhaftigkeit eine Mitteilung macht oder der, solch einen Satz verstehend, die Mitteilung empfangt und sie fur wahr halt.Was2 wir Urteil zu nennen haben, welche Phanomene oder sonstigen Einzelheiten in den Umfang dieses Begriffs fallen, daruber sind wir in praxi kaum je in Verlegenheit. Jedenfalls fur die Praxis des Alltagslebens und selbst fur die Bedurfnisse des Wissenschaftsbetriebs kennen wir das Urteil hinreichend genau, und erst die erkenntniskritischen Schwierigkeiten fuhren uns darauf, dass diese Kenntnis eine vage, blos verworrene ist, die der Umwandlung in die klare und deutliche Erkenntnis bedarf, die wirWesenserkenntnis nennen.
Archive | 2002
Edmund Husserl; Elisabeth Schuhmann
Seit1 dem Erscheinen der Logik Sigwarts und der Psychologie Brentanos gehort es zu den Gemeinplatzen der philosophischen Literatur, dass eine Urteilstheorie das Hauptfundament jeder wissenschaftlichen Logik und Erkenntnistheorie bilden muss. Nahezu alle bedeutenden Systematiker der letzten Jahrzehnte haben sich nun heis gemuht, diese von ihnen stark empfundene Lucke in unseren fundamentalen Einsichten auszufullen. Manner wie Lotze, Bergmann, Schuppe, Wundt, Erdmann, Lipps treten mit neuen Systemen der Logik auf den Plan und grunden diese auf neue Behandlungen des so genannten Urteilsproblems.Auch eine Fulle von Spezialabhandlungen ist dem Urteilsgebiet zugewendet, teils von logischen, teils von psychologischen und erkenntnistheoretischen. Es bildet auch in allen groseren erkenntnistheoretischen Werken ein Hauptthema. Ich nenne hier nur wenige Namen: Marty, Riehl,Windelband, Rickert, Volkelt, Cornelius, v. Kries usw. Und auch die vorhin genannten Forscher sind auser in ihren logischen Werken an dieser grosen Literatur beteiligt. Entsprechen diesen grosen und umfassenden Bemuhungen auch grose und bleibende Erfolge? Leider kann die Antwort nicht befriedigend ausfallen. Leider hat diese Literatur nur zu sehr den Charakter einer philosophischen Literatur. Es ist peinlich, sich durch diesen Strom von grosen und kleinen Schriften durchzuarbeiten. zuversichtliche Behauptungen und Theorien, aber wie gering der Belauf an wirklich festen Ergebnissen, die scharf bestimmt und klar erwiesen als Unterlage fur sichere Fortschritte dienen konnten.
Archive | 2001
Edmund Husserl; Elisabeth Schuhmann
Nachdem wir die wichtigsten Beschaffenheiten, Unterschiede, Verhaltnisse zwischen den Vorstellungen, in Sinderheit den Vorstellungen im engeren Sinn behanbelt haben, geben wir in einem neuen Abschnitt zu den Satzen uber. Wie die traditionelle Logik, was sie von den objektiven Vorstellungen beachtet, im Gewand psychologisher und grammatischer Betrachtungen in einem ersten Abschnitt unter dem Titel „Lehre vom Begriff, von den Vorestellungen“ u.dgl. vorbringt, so pflegt sie die Lehre von den Satzen im zweiten Abschnitt unter Titel „Von den Urteilen“ zu erortern. Aber man sieht bei eininger Kritik leicht, dass vielerlei ganzlich unabhangig von der menschlichen Urteilstatigkeit ist und dass in diesem Abschnitt eben wieder Heterogenes durcheinander gemengt und objektive Unterschiede zwischen Satzen mit subjektiven Unterschieden unserer Phanomene verwechselt werden.
Archive | 2001
Edmund Husserl; Elisabeth Schuhmann
Indem wir von Gegenstandsvorstellungen sprachen und sie den Sachverhaltsvorstellungen an die Seite setzten, haben wir durch die Form des Ausdrucks bereits angedeutet, dass von dem Objektiven, das wir hier als Vorstellung bezeichneten, so etwas wie Gegenstand bzw. Sachverhalt zu unterscheiden sei. Wir wollen dies zunachst hier fur unsere Klasse von objektiven Urteilen erlautern. Wenn wir die Bedeutung des Ausdrucks „der Weiseste der Athener“ betrachten, so bezieht sich derselbe auf eine gewisse Person; wir wissen, dass diese Sokrates ist. Fur den ersten Augenblick mochte es danach scheinen, dass dieser Gegenstand das Objektive sei, was der Ausdruck meine. Wir sehen sofort, dass dies unrichtig ware. Das Objektive, das ausgedruckt ist und das identisch bleibt, wer immer den Ausdruck verstandnisvoll verwendet, ist ja nicht das reale Objekt Sokrates, sondern nur die Vorstellung von ihm, die Vorstellung in unserem objektiven Sinn. Wie ist es nun mit diesen Vorstellungen? Unterscheiden sie sich blos nach den Gegenstanden? Sind also die Vorstellungen dieselben, wenn sie sich auf dieselben Gegenstande beziehen, und verschieden, wenn auf verschiedene? Beispiele belehren uns, dass dies falsch ist. Die Ausdrucke „Sokrates “, „der Weiseste der Athener“, „der Begrunder der Lehre von der Definition“, „der Lehrer des Platon“ usw.
Archive | 2001
Edmund Husserl; Elisabeth Schuhmann
Es ist eine alltagliche Erfahrung, dass die Vorzuglichkeit, mit derein Kunstler seinen Stoff meistert, und das entschiedene und oftsichere Urteil, mit dem er das Kunstwerk abschatzt, nur ganz ausnahmsweiseauf einer theoretischen Erkenntnis der Gesetze beruht,welche im Verlauf der praktischen Betatigung ihm Form und Anordnung vorschreiben, und im Besonderen der Gesetze, welche die wertenden Masstabe enthalten, nach denen Vollkommenheit und Unvollkommenheit eines Werks abzuschatzen ist. Von einigen bemerkenswerten Ausnahmen abgesehen, ist der praktische Kunstler nicht derjenige, welcher uber die Prinzipien seiner Kunst die richtige Auskunft zu geben vermag. Er schafft nicht nach Prinzipien, und er wertet nicht nach Prinzipien; schaffend folgt er der inneren Regsamkeit seiner harmonisch gebildeten Krufte und urteilend dem fein ausgebildeten kunstlerischen Takt und Gefiihl. Ahnlich verhaltes sich aber nicht blos bei den schonen Kunsten, die wir hier zunochst im Auge hatten, sondern auch in den kunstmasigen Betatigungen des wissenschaftlichen Schaffens sowie in der theoretischen Beurteilung seiner Resultate, der wissenschaftlich begrundeten Tatsachen oder Theorien. Auch der Mathematiker, Physiker, Astronom bedarf zur Durchfuhrung wissenschaftlicher Leistungen nicht der Einsicht in die letzten Grunde seines Tuns.
Husserl Studies | 2001
Elisabeth Schuhmann; Karl Schuhmann
Archive | 1994
Edmund Husserl; Elisabeth Schuhmann; Karl Schuhmann
Archive | 1994
Edmund Husserl; Elisabeth Schuhmann; Karl Schuhmann