Encarnación Gutiérrez Rodríguez

Institutioneller Rassismus und Migrationskontrolle in der neoliberalen Universität am Beispiel der Frauen- und Geschlechterforschung

Bereits 1994 machte die Weltbank den Bildungssektor als einen zukunftstrachtigen Investitionsbereich aus und empfahl die Einfuhrung von Studiengebuhren sowie eines Kreditsystems fur Studierende. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar, mit welcher Schnelligkeit diese Empfehlung Eingang in Hochschulreformen finden wurde. Seitdem expandiert die kapitalistische Logik im Bildungsbereich weltweit. Zu den ersten Hochschulen, die dieser Entwicklung folgten, zahlen privat finanzierte Universitaten in den USA und offentliche Universitaten in Grosbritannien. Die eigentliche Aufgabe der Hochschule – mundige Burger*innen auszubilden – wird zunehmend durch eine Dienstleistungslogik ersetzt, die Studierende als Kund*innen behandelt. Bildung ist zur Ware geworden, ein Konsumgut in einem von Wettbewerb und Prekaritat charakterisierten Arbeitsmarkt.

Ethnisierung und Vergeschlechtlichung

Die Biographien dieses Samples bewegen sich im Spannungsverhaltnis von Ethnisierung und Vergeschlechtlichung. Bereits an den Biographien von Antonietta und Eleni konnte festgestellt werden, wie ihr Selbstverstandnis als Frauen durch ihren Status als „Auslanderin” und die daraus resultierende Ethnisierungspraxis gepragt ist. Ihre Zugehorigkeit zu einem anderen Land wird in der Bundesrepublik zu einem wichtigen Beschreibungs- und Erklarungsmerkmal. Sie werden von der Ausenwelt als „Italienerin” oder „Griechin” wahrgenommen. Nicht ihr Frau-Sein kommt zur Geltung, sondern eher ihre nationale Zugehorigkeit. Erst in der Migration werden sie auf ihre nationale Zugehorigkeit zuruckgeworfen, die, solange sie einer Mehrheitsgruppe in ihren Herkunftslandern angehorten, nicht als solche in ihrem Alltag prasent war. In der Migration wird ihre nationale Zugehorigkeit zum Inbegriff ihres Seins erklart. Unterschiedliche Diskurse sind an der Konstruktion „ethnischer Gruppen” beteiligt. Sie sind in historische Ereignisse eingebunden und werden durch das aktuelle Krafteverhaltnis bestimmt. Bilder von einzelnen Nationalitaten verandern sich je nach der politischen und historischen Konstellation. Auch die Beziehung des Anwerbelandes zu dem jeweiligen Herkunftsland bestimmt und verandert die jeweilige Diskursivierung. So hat sich seit Mitte der 80er Jahre nach dem Beitritt Griechenlands, Spaniens und Portugals zur EU der Diskurs uber diese Bevolkerungsgruppen verandert.