Hansjochem Autrum
University of Göttingen
Network
Latest external collaboration on country level. Dive into details by clicking on the dots.
Publication
Featured researches published by Hansjochem Autrum.
Journal of Comparative Physiology A-neuroethology Sensory Neural and Behavioral Physiology | 1950
Hansjochem Autrum
ZusammenfassungDie langsamen Belichtungspotentiale der Facettenaugen von Calliphora und Dixippus werden beschrieben und aus den elektrischen Vorgängen am Insektenauge Folgerungen für die Physiologie der optischen Wahrnehmung gezogen.Die Potentiale werden mit Nadelelektroden abgegriffen. Der für die Untersuchungen entwickelte Gleichspannungsverstärker wird beschrieben.Das Belichtungspotential von Calliphora ist unter alien Versuchs-bedingungen diphasisch und besteht aus einem positiven Ein-Effekt und einem negativen Aus-Effekt. Bei hohen Intensitaten wird ein negatives Zwischenpotential deutlich. Bei Tachycines und Dixippus ist das Belichtungspotential stets monophasisch und rein negativ.Die Höhe der einzelnen Phasen hangt von der Intensität des Lichtreizes ab (Abb. 6) und nimmt in einfach logarithmischem Koordinaten-system linear (Dixippus) oder in Form einer sigmoiden Kurve (Calliphora) mit der Intensitat zu.Der Ein-Effekt von Calliphora ist bei genügenden Intensitäten spätestens nach 5 msec, wahrscheinlich schon früher, unabhangig von der Reizdauer (Abb. 11). Das Zwischenpotential hat erst nach 200 msec seine maximale Höhe erreicht. Der Aus-Effekt nimmt bis zu 100 sec Reizdauer an Höhe zu.Die Höhe des (negativen) Belichtungspotentials von Dixippus ist nach 30 msec, die der Aeschna-Larve nach 100 msec von der Reizdauer unabhängig.Die Höhe des Ein-Effektes von Calliphora ist für gleiche Produkte aus Intensität und Reizareal gleich.Für den Aus-Effekt von Calliphora gilt das Bunsen-Roscoesche Reizmengengesetz mindestens bis zu 200 msec, für das Belichtungs-potential von Dixippus und der Aeschna-Larve nur bis zu 30 msec.Mit der Zahl der gereizten Ommatidien (dem Reizareal), die von 1–50 Ommatidien variiert wird, nimmt die Höhe des Belichtungs-potentials logarithmisch zu.In Höhe und Form zeigt das Retinogramm von Calliphora keine Adaptation. Höhe und Form sind nach intensiver Belichtung und langem Dunkelaufenthalt gleich. Bei Dunkeladaptation treten lediglich Nach-schwankungen auf, die dem helladaptierten Auge fehlen (Abb. 22).Bei Dixippus und Tachycines hangt die Höhe des Belichtungs-potentials dagegen stark vom Adaptationszustand ab.Die Schwelle des helladaptierten Auges von Dixippus beträgt das 20000fache der Schwelle im Zustand maximaler Dunkeladaptation. Der Verlauf der Dunkeladaptation wird in Kurvenform dargestellt (Abb. 23).Bei Reizung mit Flimmerlicht bestehen die Belichtungspotentiale von Calliphora aus positiven und negativen Wellen, die von Dixippus und Tachycines nur aus Schwankungen in der Höhe des negativen Potentials.Bei Calliphora hat der erste Ein-Effekt bei Flimmerlicht stets die gleiche Höhe wie bei konstantem Lichtreiz. Die zunächst folgenden Ein-Effekte sind (als Ausdruck eines relativen Refraktärstadiums) verkleinert, nehmen aber schrittweis an Höhe zu und werden bei mittleren Flimmerfrequenzen (50 sec−1) sogar größer als der erste (Abb. 26 und 27).Mit zunehmender Reizfrequenz nimmt die Höhe der Flimmeraktions-potentiale ab, bis schließlich Verschmelzung eintritt (Abb. 27).Die Verschmelzungsfrequenzen bei Calliphora sind außerordentlich hoch: Die höchste beobachtete Verschmelzungsfrequenz beträgt 265 Lichtreize in der Sekunde, womit aber der Maximalwert sicher noch nicht erreicht ist. Ähnliche Werte ergeben sich für das Auge der Biene.Im Gegensatz dazu liegt die maximale Verschmelzungsfrequenz von Dixippus bei 40 Lichtreizen in der Sekunde.Die Abhängigkeit der Verschmelzungsfrequenz von Arealgröße und Reizintensität wird dargestellt (Abb. 31).Das Belichtungspotential von Dixippus kann in Übereinstimmung mit Bernhard (1942) in zwei negative Komponenten (R und S) zerlegt werden.Die Aus-Effekte von Calliphora sind der R-Komponente von Dixippus vergleichbar. Beide entstehen wahrscheinlich in der Retina und sind — trotz entgegengesetzten Vorzeichens — vielleicht mit P III der Wirbeltiere vergleichbar. Für alle drei gilt das Bunsen-Roscoesche Gesetz.Bei Mimmerlicht wird bei Calliphora durch die negativen Aus-Effekte die Refraktärperiode der positiven Ein-Effekte verkürzt. Diese Erscheinung wird als restitutive Wirkung durch ein Gegenpotential aufgefaßt und mit dem Wendungseffekt (Scheminzky) verglichen, der hier also unter natürlichen Bedingungen eine Rolle spielt.Mit dem Auftreten von Potentialen mit entgegengesetztem Vorzeichen stehen die hohen Verschmelzungsfrequenzen von Calliphora im Zusammenhang. Dixippus, dem positive Anteile im Retinogramm fehlen, hat wesentlich geringere Verschmelzungsfrequenzen.Der Verlauf des Retinogramms bei Calliphora läßt auf eine außerordentlich schnelle Adaptation schließen, die sich in Bruchteilen einer Sekunde abspielt. Infolgedessen ist das Retinogramm selbst schon nach wenigen Sekunden von der Voradaptation unabhängig. Die biologische Bedeutung dieser schnellen Adaptation wird erörtert.Aus diesen Ergebnissen wird für die Physiologie der optischen Wahrnehmung bei den Insekten gefolgert:Das im Verhältnis zu den Wirbeltieren gering entwickelte räumliche Auflosungsvermögen („Sehschärfe“) des Facettenauges wird durch ein extrem entwickeltes zeitliches Auflösungsvermögen wettgemacht. Es lassen sich zwei Typen von Insektenaugen unterscheiden: Bei den einen geht hohe absolute Empfindlichkeit mit geringem zeitlichem Auflösungs-vermogen (niedrige Verschmelzungsfrequenz) und langsamer sich über Minuten erstreckender Adaptation parallel (Dixippus-Typ). Bei den anderen ist die absolute Empfindlichkeit geringer, das zeitliche Auflösungsvermögen außerordentlich groß, die Adaptation in Bruchteilen einer Sekunde beendet (Calliphora-Typ).Den beiden verschiedenen Leistungstypen entspricht ein verschiedenes ökologisches Verhalten. Hohes zeitliches Auflösungsvermögen ermöglicht ein Sehen in schneller Bewegung. also im Mug, trotz geringer raumlicher „Sehschärfe“. Nicht fliegende Insekten gewinnen unter Preisgabe des zeitlichen Auflösungsvermbögens an absoluter Empfind-lichkeit.
Archive | 1948
Hansjochem Autrum; Wilfriede Schneider
ZusammenfassungAuf elektrophysiologischem Wege werden bei Orthopteren, Hemipteren, Hymenopteren, Coleopteren, Dipteren und Lepidopteren die Schwellen für sinusförmige Erschütterungen bestimmt, auf die die in den Extremitäten gelegenen Sinnesorgane noch ansprechen.Bei den Arten ohne Subgenualorgane liegen die Erschütterungs schwellen sehr hoch; die obere noch wahrgenommene Frequenz liegt zwischen 300 und 400 Hz. Die erforderlichen Beschleunigungen sind von der Größenordnung der Erdbeschleunigung. Die Wahrnehmung der Erschütterungen geschieht durch tibiotarsale Chordotonalorgane oder durch Haarsensillen in den tarsalen Gelenkhäuten. Hierher gehören die Hemipteren, Coleopteren und Dipteren.Die Arten mit Subgenualorganen sind wesentlich empfindlicher gegen Erschütterungen. Die obere noch wahrgenommene Frequenz liegt mindestens bei 2000 Hz, in der Regel darüber. Die Wahrnehmung der Erschütterungen geschieht durch die Subgenualorgane. Hierher gehören die Blattiden, Orthopteren, Lepidopteren und Hymenopteren. Für die Hymenopteren und von den Lepidopteren für Agrotis liegt die Erschütterungsschwelle höher als für die anderen Ordnungen. Dies hängt vielleicht mit dem anatomischen Bau der Subgenualorgane zusammen.Die Erweiterung des Frequenzbereiches der Erschütterungswahrnehmung über 400 Hz hinaus hängt mit einer Reiztransformation — UmWandlung der Schwingungen in Gleichdrucke — zusammen.Es wird vermutet, daß die Beschleunigung die physikalische Größe ist, auf die die Subgenualorgane ansprechen.
Naturwissenschaften | 1942
Hansjochem Autrum
Zahlreiche Tiere kSnnen h6ren. Mit Sicherheit wissen w i r e s yon den Wirbeltieren, vor allem den S~ugern, V6geln, Amphibien und Fischen. Auch bei einer Reihe yon Insekten ist ein H6rverm6gen nachgewiesen. Im Sexualleben yon Grillen und Heuschrecken z. B. spielt der Geh6rsinn eine bedeutende 1Rolle: Die Geschlechter finden sieh durch den Gesang der M/innchen. Die genauere physiologische Untersuchung der H6rvorg/inge beschr~nkte sieh zunfiehst auf den Menschen und die S~ugefiere. Hier dienen als Organe der Reizau[nahme das Trommelfell, der Reizleitung das Mittelohr, der Reizumwandlung das Innenohr und der eigentlichen Erregungsbildung die Sinneszellen des CoRTIschen Organs, yon dem die Erregungen dem Zentralnervensystem zugeleitet werden. Auf Grund vergleichend anatomischer Untersuchungen an Wirbeltieren wurde bald erkannt, dab yon den einzelnen Teilen des GehSrapparates nut das reizaufnehmende Organ, das Trommelfell, bei den h6heren ~vVirbeltieren in prinzipiell gleicher Ausbildung vorhanden ist; reizleitende und reizverarbeitende Strukturen weisen bei den einzelnen Gruppen grol3e, zum Teil wesentliche Untersehiede auf. In Verallgemeinerung dieser Erkenntnis wurde das Vorhandensein yon Trommelfellen bei Tieren als kennzeichnendes Merkmal flit die M6glichkeit eines Schallempfanges angesehen, eine Ansicht, die durch die Entdeckung yon Trommelfellen bei Insekten (JotlANNES MfJLLER 1826, v. SIEBOLD 1844 ) eine Stfitze erhielt. Den Fisehen sprach man, da ihnen Trommelfelle feh][en, bis etwa zur Jahrhundertwende einen H6rsinn ab. Diese Hypothese erhielt durch den Nachweis yon Schallreaktionen bei Fischen, der dutch G. H. PARKER (19o3) und ZENNECK (19o3) erbracht wurde, einen ersten StoB. Eingehende Untersuchungen, vor allem sei t 1923 durch v. FRISCH und seine Mitarbeiter, ergaben auch Ifir Fisehe zum Tell aui3erordentliche H6rleistungen und damit den ersten einwandfreien Beweis, dab bei Tieren ein Schallempfang ohne Trommelfelle m6glich ist. Es erhob sich die Frage, welche Arten lebender Schallempf~inger fiberhaupt vorkommen und ob sie in ihrer Funktionsweise grunds~tzlich verschieden sind. Schallemp](~ngertypen. Um die Arten der Schallaufnahme zu unLersuchen, erscheint es zweckm/il3ig, yon den physikalischen Eigenschaften des Schallvorganges auszugehen. Die Grundfrage ftir die Funktionsweise des Schatlempf/ingers lautet dann: Au] welche GrSfie des Schall]eldes 8pricht der EmpJdinger an?
Journal of Comparative Physiology A-neuroethology Sensory Neural and Behavioral Physiology | 1940
Hansjochem Autrum
ZusammenfassungDurch Beobachtung der Aktionspotentiale am Tympanalnerven von Locusta und Decticus lassen sich Einblicke in die Arbeitsweise des Tympanalorgans gewinnen. Die Untersuchungen hatten folgende Ergebnisse:1.Die obere Hörgrenze von Locusta und Decticus liegt oberhalb 90000 Hz, also mehr als 2 Oktaven höher als beim Menschen.2.Im Ultraschallgebiet liegende Frequenzen kommen im Stridulationsschall der Heuschrecken vor und spielen eine Rolle bei der Richtungswahrnehmung.3.Die verschiedenen Möglichkeiten der Richtungswahrnehmung durch die Heuschrecken werden besprochen und die Zeittheorie, die Phasentheorie und die Intensitätstheorie (Schallschattentheorie) werden ausgeschlossen.4.Das einzelne Tympanalorgan hat eine ausgesprochene Richtungscharakteristik: Töne, die von außen, d. h. von der Seite, nach der sich die Tympanalspalten öffnen, kommen, werden mit geringerer Lautstärke als Töne aus anderen Richtungen wahrgenommen. An den Grenzen dieses Sektors schlechten Hörvermögens, der einen Winkel von etwa 80° umschließt, gibt es einen „kritischen Bereich“, in dem sich die gehörte Lautstärke bei geringen Drehungen des Gehörorgans sehr stark ändert.5.Beim Aufsuchen einer Schallquelle setzt die Heuschrecke die Vorderbeine jeweils so weit nach vorn, bis die gehörte Lautstärke plötzlich stark abnimmt, weil der unempfindlichere Teil des Richtungsdiagramms erreicht wird. Aus den entsprechenden Bewegungen der Vorderbeine resultiert ein Ansteuern der Schallquelle.6.Es wird versucht, auf Grund der Ergebnisse der Hörphysiologie von Locusta eine physikalisch unterbaute Vorstellung von der Arbeitsweise des Tympanalorgans vom Locustidentyp zu gewinnen. Es wird vermutet, daß das Tympanalorgan auf den Druckgradienten des Schallfeldes anspricht (Druckgradientempfänger).7.Die Wege der Übertragung der Trommelfellbewegungen auf die Sinneszellen der Crista acustica werden untersucht. Operationen am Tympanalorgan zeigen, daß die Mittelwand (Trachealmembran) der Tympanaltrachee eine Rolle bei der Reizverarbeitung und Reizleitung spielt.
Zeitschrift für Naturforschung B | 1950
Hansjochem Autrum; Marieluise Stoecker
Die Verschmelzungsfrequenzen des Bienenauges werden durch Messung der Retinapotentiale in Abhängigkeit von der Lichtintensität bestimmt. Bei hinreichenden Lichtintensitäten beträgt die Verschmelzungsfrequenz bereits für das einzelne Ommatidium 165 Lichtreize in der Sekunde. Bei größeren Arealen kann die Verschmelzungsfrequenz auf mehr als 300 Lichtreize in der Sekunde ansteigen. Versuche in der Drehtrommel (optomotorische Reaktionen) bestätigen diese Zahlen. Die Bienen gehören also ebenfalls zu den Insekten, deren Auge ein extrem hohes zeitliches Auflösungsvermögen besitzt.
Journal of Comparative Physiology A-neuroethology Sensory Neural and Behavioral Physiology | 1953
Hansjochem Autrum; Hildegard Stumpf
ZusammenfassungDie spektrale Empfindlichkeitskurve des Auges von Calliphora erythrocephala wird zwischen 400 und 690 mμ gemessen (Abb. 5). Sie hat zwei deutliche Maxima, und zwar bei 540 und 630 mμ. Das sichtbare Spektrum reicht bis etwa 730 mμ. Bei 400 mμ beträgt die Empfindlichkeit noch 30% der maximalen bei 540 mμ (gegenüber 5% bei den Wirbeltieren).Das Farbensehen wird mit einer neuen elektrophysiologischen Methode untersucht: Es werden die Belichtungspotentiale bei heterochromatischem Flimmern wirksamkeitsgleicher monochromatischer Lichter beobachtet (Abb. 9, 10).Glühlicht, das dem menschlichen Auge unbunt erscheint, kann von fast allen Farben des Spektrums unterschieden werden; eine Ausnahme macht nur gelbes Licht von 580 mμ, das mit Unbunt vertauschbar ist (Graustelle).Innerhalb des roten Bereiches (690–630 mμ) ist die Farbenunterscheidung nur gering. Jedoch wird dieser Bereich von allen anderen als eigene Qualität unterschieden. Von 630 mμ bis zur Graustelle liegt ein Bereich eigener Qualität. Die verschiedenen Wellenlängen dieses Bereiches werden sehr gut unterschieden. Von 580 mμ (Graustelle) bis 480 mμ nimmt die Farbigkeit wieder zu und erreicht bei 480 mμ ein Maximum; die Farbenunterscheidung in diesem Bereich ist geringer als zwischen 630 und 580 mμ (Orange), aber besser als im roten Gebiet. Der Bereich um 480–500 mμ hebt sich von der spektralen Umgebung als ein Gebiet starker Farbigkeit ab, von hier nimmt nach beiden Seiten die „WeißVerhüllung“ zu. Beiderseits dieses Bereiches gibt es Wellenlängen, die miteinander verwechselt werden (Abb. 13).In vielen Eigenschaften ist das Farbensehen von Calliphora der tritanopen Farbenfehlsichtigkeit des Menschen ähnlich.Es wurden Individuen gefunden, die Anomalitäten des Farbensehens und zugleich Abweichungen in der spektralen Empfindlichkeit aufwiesen. Eines dieser Tiere war total farbenblind; ihm fehlte gleichzeitig die Rotempfindlichkeit.Das normale Auge von Calliphora besitzt im Bereich von 400 bis 700 mμ wahrscheinlich nur zwei farbenspezifische Rezeptorensysteme. Das Maximum dieser Systeme liegt bei 630 bzw. 520 mμ. Für beide wird der ungefähre Verlauf der spektralen Empfindlichkeit angegeben.
Archive | 1951
Hansjochem Autrum; Ursula Gallwitz
ZusammenfassungBei Calliphora erythrocephala wurden die Belichtungspotentiale nach schrittweiser, operativer Entfernung der optischen Ganglien untersucht. Es wurde eine Reihe von Belichtungspotentialen erhalten, deren positive Anteile mehr und mehr zurücktreten, je mehr von den optischen Ganglien entfernt ist.Das Belichtungspotential der, isolierten Retina ist monophasisch und rein negativ (Abb. 13). Es gleicht in seiner Form den Kurven, die sich beim intakten Auge aus der Höhe der Aus-Effekte in Abhängigkeit von der Reizdauer ergeben, und den monophasischen Potentialen, wie sie bei Insekten mit geringem zeitlichem Auflösungsvermögen des Auges (Dytiscus, Tachycines) und bei Limulus gefunden wurden.Das diphasische Belichtungspotential von Calliphora und der Imago von Aeschna kommt durch das Zusammenwirken einer negativen, retinalen und einer oder mehrerer positiver, aus den optischen Ganglien stammender Komponenten zustande.Das negative Potential der Retina ist das Generator- und Steuerpotential für die positiven ganglionären Potentiale.Die positiven Komponenten entstehen im wesentlichen im Ganglion opticum I, und zwar mit großer Wahrscheinlichkeit die schnellen Phasen in den Lokalzellen der inneren Körnerschicht, die langsamen in den Ganglienzellen der äußeren Körnerschicht.Den positiven, ganglionären Potentialen wird eine restitutive Wirkung auf die infolge des Lichtreizes depolarisierten Sinneszellen der Retina zugeschrieben.Bei Aeschna cyanea nähert sich während der larvalen Entwicklung die Lamina ganglionaris (= Ganglion opticum I) der Retina (Abb. 19). Parallel mit dieser Annäherung geht das zunächst monophasische Belichtungspotential der jungen Larve in ein diphasisches über, das am vollkommensten bei der Imago ausgebildet ist. Zugleich nimmt die Trägheit des Auges ab (Verschmelzungsfrequenz bei der jungen Larve 40, bei der Imago 170 Lichtreize/sec).Für die Primärvorgänge im Auge der Insekten lassen sich folgende Annahmen durch die Versuchsergebnisse begründen : Der Initialvorgang ist die Lichtabsorption in einem Sehstoff. Dieser zerfällt bei Belichtung nicht. Die Empfindlichkeit der Sehzellen (ihr Adaptationszustand) hängt nicht — wie bei den Wirbeltieren — von der vorhandenen Menge an Sehsubstanzen ab, sondern von dem Abstand des Erregungsniveaus der Retinazellen vom Ruhewert. Die Höhe des Erregungsniveaus ist durch die Höhe des negativen Potentials der Retinazellen meßbar. Bei gleicher Reizintensität stellt sich nach einer gewissen Reizdauer stets die gleiche Höhe des Erregungsniveaus ein. Dieser Adaptationsvorgang kann durch restitutive (repolarisierende) Potentiale erheblich beschleunigt werden. Sie entstehen wahrscheinlich in der Lamina ganglionaris und breiten sich elektrotonisch retinawärts aus. Diese elektrotonischen Potentiale haben an den Sinneszellen selbst nur dann eine ausreichende Größe, wenn der Abstand zwischen Retina und Lamina ganglionaris klein ist.
Cellular and Molecular Life Sciences | 1949
Hansjochem Autrum
Das Auge der Insekten besteht aus einzelnen Sehelementen, den Ommatidien, deren Sehwinkel im allgemeinen in der Gr6~enordnung von 1 ° liegen i. Infolgedessen ist das r~umliche AuflSsungsvermSgen der Insektenaugen im Vergleich zu dem der Wirbeltieratlgen sehr gering: Die <~Sehsch~trfe~ der Biene betritgt etwa X/s o der menschlichen SehscNirfe. Das ruhende Bild zeigt verh~iltnism~tl3ig wenige Einzelheiten (EXNER:3). Im folgenden wird ausgeffihrt, dab diese Untfichtigkeit im Fall der fliegenden Insekten nut scheinbar ist; dab sie im Zusammenhang mit anderen Eigenschaften des Insektenauges dazu dient, die Sehleistung geradezu zu verbessern. Das Formensehen der Insekten ist an ihre Eigenbewegung gebunden, und zwar werden die figuralen Eigenschaften der Sehdinge in der Hauptsache durch die H~ufigkeit der Reizwechsel in den einzelnen Ommatidien bestimmt 4. Jede Kontur ruft infotge der Eigenbewegung des Insekts zeitlich aufeinanderfolgende Reizwechsel in den einzelnen Ommatidien hervor. Die Zahl der Reizwechsel ist durch den Reich: tum der Figuren an Konturen (figurale In tensit~it, HERTZ 5) besimmt. Je mehr Konturen eine Figur hat etwa ein Schachbrettmuster gegenfiber einem fl~ichengleichen Quadrat , um so gr6Ber ist ihr <~ Reizwert ~. Da die r~tumlich nebeneinander angeordneten Figurenelemente beim Fliegen zeitlich naeheinander in den einzelnen Sehelementen erscheinen, ist ihre getrennte Wahrnehmung vom zeitlichen Aufl6sungsverm6gen abh~ngig, d.h. yon der F~ihigkeit, schnell aufeinanderfolgende Reize noch getrennt wahrzunehmen. Das Sehen in der Bewegung stellt also an den Sehapparat bestimmte Anforderungen: das reagierende System darf nicht zu tr~ge sein. Ist die Tr/~gheit hinreiehend gering, so kann das Sehen in der Bewegung gegeniiber dem Sehen in der Ruhe Vorteile bieten, wenn die anatomische Struktur des Auges nur eine geringe Sehsch~irfe zulfiBt. Es ist m6glich, mit einem
Zeitschrift für Naturforschung B | 1950
Hansjochem Autrum; Hildegard Stumpf
Bienen besitzen die Fähigkeit, die Polarisation des blauen Himmelslichtes für ihre Orientierung zu verwerten (v. Frisch). Es wird mit Hilfe der Belichtungspotentiale untersucht, an welcher Stelle des Auges die Analyse des polarisierten Lichtes erfolgt. Durch Drehung der Schwingungsebene des polarisierten Lichtes wird gezeigt: 1. Dem Auge als Ganzem ist kein Analysator vorgelagert. 2. Auch das Einzelommatidium besitzt keinen Analysator, der für alle seine Retinulazellen gemeinsam wäre. Polarisiertes Licht ruft höhere Ein-Effekte des Belichtungspotentials hervor, als nicht polarisiertes Licht gleicher Intensität. Als Analysatoren kommen die einzelnen Retinulazellen in Betracht. Und zwar erzeugt polarisiertes Licht in den rosettenförmig angeordneten Retinulazellen eines Ommatidiums ein von der Schwingungsrichtung des Lichtes abhängiges Muster verschiedener Helligkeiten. Das Einzelommatidium ist nur als Bildrezeptor eine physiologische Einheit.
Zeitschrift für Naturforschung B | 1957
Hansjochem Autrum; Elisabeth Hoffmann
Pikrotoxin (und E 605) schädigen die Sehzellen in den Komplexaugen der Insekten. Infolgedessen wird das aus den Sehzellen stammende negative Belichtungspotential kleiner und flacher. Falls dieses primäre negative Potential ein positives Potential in Ganglienzellen auslöst, wird auch dieses abhängige Potential kleiner; seine Latenzzeit wird größer. Nikotin blockiert die synaptische Überleitung von den Sehzellenfasern auf die Ganglienzellen. Das primäre Sehzellenpotential wird von Nikotin nicht beeinflußt. Infolgedessen vermindert Nikotin nur den positiven, ganglionären Anteil des Belichtungspotentials. Die Versuche bestätigen die Hypothese, wonach der negative Anteil des ERG der Komplexaugen in den Sehzellen entsteht, die positive Komponente von der negativen auf synaptischem Weg ausgelöst wird.