Joachim Renn
University of Erlangen-Nuremberg
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Featured researches published by Joachim Renn.
Archive | 2012
Joachim Renn
Die auf das Werk von Michel Foucault zuruckgehende diskurstheoretische Tradition gibt einer alten Geschichte einen anderen Anstrich: Das individuelle Bewusstsein ist nicht Herr im eigenen Hause. Diese Botschaft wird als die nach der heliozentrischen Kosmologie und nach der Evolutionstheorie Darwins dritte dezentrierende Krankung der humanen Selbsteinschatzung der Freudschen Psychoanalyse zugeschrieben. Das ist mittlerweile die alteGeschichte. Die Diskurstheorie erganzt diese krankende Einsicht dadurch, dass sie subjektive Selbstverhaltnisse auf den Effekt von Dispositiven und von diskursiven „Subjektivierungen“ zuruckfuhrt und damit auch noch die individuelle Autonomie, die das Ziel einer erfolgreichenPsychoanalyse („wo Es war, soll Ich sein“) ware, als einen historisch voraussetzungsvollen Schein entzaubert (Foucault 1989). Die scheinhafte Autonomie, hinter der sich bestenfalls auferlegte Formen der Selbstdisziplinierung, der verhohlenen Unterwerfung unter ein auseres Gesetz der Selbstkontrolle verbergen, machen das Bewusstsein auf den ersten Blick vom Herrn uber sich selbst zu einem Knecht auserer Verhaltnisse. Aber wessen Knecht soll das „Ich“, das individuelle Selbst, das nur glaubt, uber sich zu verfugen, sein, wenn die Macht uber das Selbst keiner Person, sondern anonymen Diskursen zukommt, wenn uberdies die subtilste wie nachhaltigste Verknechtung in der Form subjektiver Selbstbeherrschung besteht, also in der Delegation an ein Agens, das immerhin agieren muss, um beherrscht zu werden ?
Archive | 1999
Joachim Renn
Das grau alle Theorie, farbig allein die Praxis sei, scheint sich in der gegenwartigen Diskussion um die Praxisrelevanz der Sozialwissenschaften auf eigene Art zu bestatigen.1 Denn zum einen fordert eine steigende Nachfrage die Soziologie auf, ihr erheblich ausdifferenziertes Wissen uber praktische Kontexte in diese nutzbringend zuruckzutrans-portieren (Bosch, in diesem Band); zum anderen richtet sich diese Nachfrage an Effizienz- und Optimierungsmasstaben aus, gemessen an denen eine umstandslose Anwendung soziologischen Wissens unmoglich erscheint.
Archive | 2012
Joachim Renn
Es kann in den Kultur- und Sozialwissenschaften als ausgemacht gelten, dass jede Beschreibung von auseren Tatsachen und sozialen Realitaten durch einen ‚Beobachter‘ einen selektiven Charakter hat. Diese Einsicht unterstutzt die (anderweitig) begrundeten Zweifel an der Moglichkeit objektiver und alternativloser Reprasentation sozialer Sachverhalte (Rorty 1989: 5 ff.). Eine soziologische Quelle dieser Skepsis besteht in der Generalisierung des wissenssoziologischen Ideologieverdachts uber die Schwelle der Selbstreferentialitat hinweg (Mannheim 1995; Luhmann 1995). Die beunruhigende Reflexion, dass jedes Wissen uber sozial etabliertes Wissen selbst ein sozial etabliertes und damit begrenztes, unvollkommenes Wissen sei, sturzt allzu optimistische Objektivitatsanspruche der Sozial- und Kulturwissenschaften in eine Krise. Vom Standpunkt einer konsequenten Selbstanwendung ‚relationierender‘ Bindung jedes Wissens an die kontingente Lage des Tragers jenes Wissens erscheint eine traditionelle Ideologiekritik selbst ideologisch. Wahres Wissen wird Wissen relativ zur Lage – ob dies nun die Lage des hegemonialen Lagers oder diejenige der Kritiker sei – so dass (derzeit) die einzige effektive Wahrheitstheorie der Soziologie in der deskriptiven Delegation von Geltungsdefinitionen an soziale Wahrheitszuschreibungen besteht.
Archive | 2008
Joachim Renn
Die Frage, was »Emergenz« bedeute, betrifft ein fur die Soziologie elementares Theorieproblem: die Dekomposition der disziplinar konstitutiven »Ordnungsfrage« in das Differential heterogener sozialer Ordnungsebenen. Wenn die Gesellschaftstheorie die Frage nach den Bedingungen sozialer Ordnung integrationstheoretisch auf die Ebene eines Problems zweiter Ordnung hebt — d. h. auf die Frage der Ordnung des Verhaltnisses zwischen autonomen Teilordnungen bezieht (siehe: Renn 2006b: 75ff) — dann ist die Analyse des Spannungsverhaltnisses zwischen teilautonomen Ordnungen und moglichen Ordnungen zweiter Ordnung auf eine klare Verwendung des Emergenzbegriffes angewiesen.
Archive | 2011
Joachim Renn
Eine sprachpragmatische Kulturtheorie liegt in ausgearbeiteter, klar abgegrenzter und methodisch operationalisierter Form nicht vor. Die Sprachpragmatik im philosophischen, linguistischen und soziologischen Sinne ist vielmehr eine umfassende und facettenreiche Perspektive, aus der heraus klassische Bestimmungen des Kulturbegriffs und die Methoden und Themenreihen kulturwissenschaftlicher Forschung und Theorie in einer zugleich erweiterten und veranderten Beleuchtung erscheinen. Diese optische Umstellung ist dabei keineswegs allein den Uberlegungen aus sprachtheoretischen und philosophischen Disziplinen zuzurechnen, sondern erwachst zugleich sozusagen endogen aus der kritischen Selbstreflexion kulturanthropologischer, ethnologischer, literaturwissenschaftlicher und historischer Forschung. Die allgemeinste Klammer dieser Perspektivenverschiebung lasst sich einfach benennen: Eine Kultur ist keine Gesamtheit objektiver Gegenstande, nicht einfach ein System von Ideen oder subjektiven Einstellungen,1 sondern zuerst eine kollektive, besonders: sprachliche Praxis.
Archive | 2011
Joachim Renn
Die moderne Gesellschaft lasst sich auf viele Weisen charakterisieren; auf eine allgemeine Zustimmung konnen im Feld der konkurrierenden Auffassungen allerdings nur wenige Merkmalsangaben zahlen. Zu diesen gehort die Annahme unerhorter Komplexitat. Was unter „Komplexitat“ genau zu verstehen ist, lasst sich erneut kontrovers besprechen. Eines aber wird man festhalten durfen: die Verbindung aus multiplen Abhangigkeiten und mannigfaltigen Grenzziehungen zwischen hochgradig differenzierten Teilkontexten – als sehr abstrakte Bestimmung der „Weltgesellschaft“ (Munch 1998; Stichweh 2000) – setzt Gewissheiten der soziologischen Handlungstheorie unter Druck. Dass gesellschaftliche Ordnung und Koordination die Folge und das rationale Ziel intentionalen Handelns sein konnten oder sollten, erscheint weniger als triftige empirische Beschreibung, denn als soziale Konvention – als das Desiderat von Perspektiven, die im Zuge einer notwendigen Reduktion von Komplexitat sich ein zu einfaches Bild von den Pflichten und Chancen handelnder Personen zur rationalen Gestaltung „ihrer“ Gesellschaft machen (Renn 2010). Steuerungskrisen und die zunehmende Relevanz von nicht intendierten Nebenfolgen (Beck 1996) bestatigen diejenigen Traditionen der Soziologie der Moderne, die in den Momenten der Verselbstandigung sozialer Ordnungen oder Institutionen gegenuber den Zielen personaler Akteure das Hauptmerkmal nicht nur moderner Gesellschaft sondern sozialer Ordnung uberhaupt gesehen haben (Durkheim 1992; Munch 1984).
Archive | 2005
Ilja Srubar; Joachim Renn; Ulrich Wenzel
Archive | 2002
Joachim Renn; Jürgen Straub; Shingo Shimada
Soziale Welt-zeitschrift Fur Sozialwissenschaftliche Forschung Und Praxis | 2001
Aida Bosch; Clemens Kraetsch; Joachim Renn
Archive | 2002
Jürgen Straub; Joachim Renn