Susanne Spindler
University of Cologne
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Publication
Featured researches published by Susanne Spindler.
Archive | 2006
Wolf-Dietrich Bukow; Susanne Spindler
Die zunehmende Verbreitung der sozialwissenschaftlichen Arbeit mit Biographien, Biographieforschung und biographischen Methoden kann als Auswirkung einer veranderten gesellschaftlichen Situation gesehen werden: Individualisierung und Prekarisierung von Lebenslagen rucken als neue gesellschaftliche Ordnungsprozesse in den Mittelpunkt des Sozialen. Das Individuum muss seinen gesellschaftlichen Ort standig finden oder auch erfinden, biographische Sicherheit wird immer wieder in Frage gestellt. Angesichts dieser veranderten gesellschaftlichen Lage verwundert es nicht, dass die Sozialwissenschaften in Methodologie und Methodenausrichtung darauf adaquat reagieren wollen und Biographieforschung angemessen erscheint, da sie sich eben diesen gesellschaftlichen Veranderungsprozessen durch die Ausrichtung am Individuum annahern mochte.
Archive | 2007
Susanne Spindler
Szenarien so genannter Parallelgesellschaften sind vielfaltig vorhanden. Ein Teil des medialen und popularwissenschaftlichen Diskurses konzentriert sich in der Darstellung auf aggressive junge Manner, die — notwendigerweise mit dem Ausweis „Migrationshintergrund“ ausgestattet, um in der Parallelgesellschaft mitmachen zu konnen — ganze Stadtteile unter ihre Kontrolle bringen, und dort ihre eigenen, meist kriminellen Regeln herrschen lassen.1 Sie werden als „turkische Machos“ skizziert, die in gewalttatiger Form ihre Mannlichkeit ausleben mussen, Produkte einer familiaren Sozialisation, die von Gewalt, einem gewalttatigen Geschlechterverhaltnis sowie patriarchalen Vorstellungen der Vater gepragt seien. Mit emanzipatorischen Verhaltnissen in der Bundesrepublik konfrontiert, gerieten die jungen Manner mit solchen Konzepten von Mannlichkeit in einen Kulturkonflikt — und wurden ihr Dilemma dann durch Gewalt verarbeiten. Ihre Gewaltbereitschaft schmalere ihre Chancen, sich in der Gesellschaft einen Platz zu erobern (vgl. z.B. Pfeiffer/Wetzels 2000: 21ff; Aslan 2003) und erhohe somit das Risiko, dass sie sich in ihrer eigenen Welt verschanzen. Als Angehorige von Parallelgesellschaften werden sie zum „bedrohlichen Anderen“ im Inneren — das macht sie besonders bekampfenswert.
Archive | 2003
Susanne Spindler; Ugur Tekin
Trotz des viel besprochenen und beschworenen Problems „der Auslanderkriminalitat“ gerade von jugendlichen Straftatern setzen sich in jungerer Zeit nur wenige Untersuchungen mit der Situation dieser Jugendlichen in der Haft auseinander. Deren Autorinnen beziehen sich oft auf Untersuchungen der 80er Jahre, obwohl sich seither viel verandert hat. Schon ein rein auserliches Merkmal wie die Grose der Gruppe, die extrem angestiegen ist, zeigt dies. Wahrend in den 70er und 80er Jahren beispielsweise im Jugendstrafvollzug NRW 3–8% der Gefangenen keine deutsche Staatsangehorigkeit besasen, sind es heute zwischen 37–41% (vgl. Wirth 1998: 278), so dass mittlerweile von einer Uberreprasentation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund gesprochen werden muss.
Archive | 2003
Susanne Spindler; Ugur Tekin
Die Biographieforschung konzentriert sich auf die individuelle Lebensgeschichte. Als spezifische Methode beinhaltet sie eine mikrosoziologisch zentrierte Verknupfung von Mikro- und Makrosoziologie. Hinter der methodischen Verwendung der Biographieforschung steht auch eine Herangehensweise an Vergesellschaftung, die individuelle oder lebenslauforientierte Vergesellschaftung statt einer positionellen oder mitgliedschaftbezogenen Vergesellschaftung in den Mittelpunkt ruckt.
Archive | 2003
Susanne Spindler; Ugur Tekin
Vergesellschaftung geschieht in der Postmoderne nicht mehr uber traditionelle Milieus, sondern eine Einbindung beruht auf biographischen Konstruktionen. Wenn sich Menschen aber nicht biographisch orientieren konnen, gerat ihre gesellschaftliche Positionierung in Gefahr. MigrantInnen sind typische VertreterInnen postmoderner biographischer Zentrierung, weil sie durch die migrationsbedingte Mobilitat, die sich meist in Richtung der Zentren vollzieht, aus der Verwurzelung enthoben werden. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, konnen MigrantInnen oftmals auf eine langere Erfahrung biographisch zentrierter gesellschaftlicher Positionierungen zuruckblicken. Gleichzeitig lasst sich ein Verzicht auf biographische Konstruktionen gerade der zweiten und dritten Generation verzeichnen. Von einem Risikofaktor kann beispielsweise gesprochen werden, wenn keine entsprechenden Raume zur Entfaltung der biographischen Ausrichtung geboten werden, wenn so die Anbindung des Individuums an das System nicht bewerkstelligt werden kann (vgl. Bukow 1996: 104ff).
Archive | 2003
Susanne Spindler; Ugur Tekin
Omur wird 1980 als sechster von sieben Brudern in Koln geboren. Der Vater ist turkischer, die Mutter deutscher Herkunft. Mit 27 Jahren lernt der Vater seine Frau in der Bundesrepublik kennen, sie war damals 14 Jahre alt. Sie migrieren bald darauf in die Turkei, wo sie sechs Sohne bekommen. Als sie sich entscheiden, wieder nach Deutschland zu gehen, bleiben die in der Turkei geborenen Sohne beim Grosvater. In der Bundesrepublik bekommt das Paar weitere sieben Sohne. Heute betreibt der Vater ein Cafe, die Mutter ist Hausfrau.
Archive | 2003
Klaus Jünschke; Susanne Spindler
Joachim Walter, der Leiter der Jugendstrafanstalt Adelsheim, berichtete in seinem Beitrag auf dem Dritten Deutschen Kinderrechte-Tag fur die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland, der im November 2000 in Berlin stattfand, von einem US-Bundesgesetz, das den einzelnen Bundesstaaten fur den Fall erheblicher Uberreprasentation von Jugendlichen aus Minoritatengruppen im Jugendstrafvollzug folgendes vorschreibt: „In einem ersten Schritt haben die Staaten das genaue Ausmas der Uberreprasentation zu erheben und in einem zweiten Schritt zu prufen, in welchem Stadium des Verfahrens unterschiedliche Behandlung festgestellt werden kann. Schlieslich sollen Masnahmen getroffen werden, um die Uberreprasentation zu reduzieren.“ (Walter, J. 200la: 70)
Archive | 2003
Susanne Spindler; Ugur Tekin
Im Januar 1982 wird Huseyin als zweiter Sohn einer kurdischen Familie in einem kleinen Dorf in der Ostturkei geboren. Von dort aus zieht die Familie nach Ankara und dann zuruck aufs Land. 1987 migriert der Vater in die Schweiz und kommt 1989/1990 in die BRD, wo er einen Asylantrag stellt.
Archive | 2003
Klaus Jünschke; Susanne Spindler
Die meisten der von uns interviewten Jugendlichen waren Konsumenten von Haschisch, Marihuana, Heroin und/oder Kokain. Sie haben damit auch teilweise gehandelt. Nur einer war alkoholsuchtig. Ecstasy und Crack spielten in den Interviews keine Rolle. Heroinabhangigkeit und die zum Erwerb der Droge begangenen Straftaten waren das Hauptproblem der Jugendlichen.
Archive | 2003
Susanne Spindler
Dass ihre Mannlichkeit schuld sei an kriminellem und gewalttatigem Verhalten von allochthonen Jugendlichen ist seit kurzer Zeit in aller Munde. Sie sei die Ursache fur das abweichende Verhalten, so die Feststellung im derzeitigen medialen und politischen Diskurs. Was ist dran an dieser „Entdeckung“ der Mannlichkeit als Wurzel des Ubels? Zum Zeitpunkt unserer Interviewfuhrung waren in den drei Strafanstalten ausschlieslich mannliche allochthone Jugendliche inhaftiert. Diese Tatsache drangt schon von alleine eine Beschaftigung mit der Frage auf, welche Rolle die Geschlechtszugehorigkeit fur die Biographien und letztendlich die Inhaftierung der Jugendlichen spielt.