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Featured researches published by André Bohmeier.


Ethik in Der Medizin | 2014

Kommentar II zum Fall: „Therapiewunsch ohne Grenzen?“

André Bohmeier

Neben den schwierigen und vielschichtigen ethischen Entscheidungsaspekten dieser tragischen Patientengeschichte stellt sich – sofern es sich um eine gesetzlich krankenversicherte Patientin handelt – aus der sozialversicherungsrechtlichen Perspektive die Frage, inwiefern die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zur Leistung der begehrten Masnahmen verpflichtet ist und ob die mit der Behandlung einhergehenden Kosten, Risiken und der Grad der Erfolgsaussicht die Leistungspflicht begrenzen. Aus berufsund haftungsrechtlicher Sicht der behandelnden Arzte ist problematisch, inwiefern diese zur umfassenden Aufklarung der Patientin berechtigt und verpflichtet sind. GKV-Versicherte haben im Krankheitsfall einen Anspruch auf medizinische Leistungen, deren Qualitat und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V1) und die wirtschaftlich im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V sind. Damit wird ein Standard fur Qualitat und Wirksamkeit gesetzlich vorgeschrieben. Im hier relevanten Sektor der stationaren Krankenhausbehandlung durfen unter Beachtung der sonstigen leistungsrechtlichen Vorschriften alle medizinischen Masnahmen – dazu zahlen auch neue Methoden und zugelassene Arzneimittel – angewendet werden, solange der Gemeinsame Bundesausschuss diese nicht ausdrucklich durch eine Richtlinie ausgeschlossen hat. Danach hat die Patientin einen Anspruch auf die Leistung des Medikaments Vinflunin als zugelassenes Medikament. Dass es sich dabei um eine palliative Zweitlinientherapie handelt, ist selbstverstandlich unproblematisch, da die Linderung von Krankheitsbeschwerden als beanspruchbares Behandlungsziel ausdrucklich normiert ist, § 27 Abs. 1 Satz SGB V.


Archive | 2013

Dringlichkeit und die „Rule of Rescue“ im Recht

André Bohmeier; Björn Schmitz-Luhn

Schone-Seifert und Friedrich1 pladieren dafur, der sog. „Rule of Rescue“ (RR) gesellschaftlich grundsatzlich nachzukommen, allerdings nur in Fallen, in denen diese einer restriktiven Definition entspricht. Die Einschrankung betrifft dabei insb. folgende beiden Aspekte: Zunachst muss eine Notlage mit einer konkreten Lebensoder anderen Hochstgefahr vorliegen, und es muss die Chance bestehen auf eine gewisse „Zuruck-ins-Leben-Rettung“. Die letztere Voraussetzung entnehmen sie insb. einer gesellschaftsmoralischen Vorstellung, dass die RR „klassischerweise“ als ein Notstandsgebot bei Katastrophen und Unfallen eingreife und dieser Vorstellung implizit die Chance fur die Geretteten innewohnt, zumindest in einem „gewissen Grad“ unmittelbar an die Lebenssituation vor dem schadigenden Ereignis anzuknupfen. Entsprechend problematisch sehen sie daher Falle, in denen eine solche „Zuruck-ins-Leben-Rettung“ uberhaupt nicht in Aussicht steht, also etwa in denen ein intensivstationar betreuter Patient “gerettet“ werden soll, dessen Lebenserwartung ohnehin nur noch wenige Wochen betragt, oder auch dann, wenn medizinische Interventionen eingesetzt werden sollen, deren Wirksamkeit allenfalls als minimal gewertet werden kann oder den zur Rettung in Betracht kommenden medizinischen Interventionen der hinreichend akzeptierte evidenzbasierte Wirksamkeitsnachweis fehlt.


Archive | 2013

Evidenzbasierung als Priorisierungskriterium im Krankenversicherungsrecht

Stefan Huster; André Bohmeier

Die Orientierung an den Grundsatzen der Evidenzbasierten Medizin (EbM) spielt bereits eine zentrale Rolle im Krankenversicherungsrecht, wenn es um die Frage geht, welche medizinischen Leistungen die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) den Versicherten zur Verfugung stellt (I.). Es ist allerdings nicht zu ubersehen, dass die Ausrichtung an den Prinzipien der EbM auch immer wieder Probleme aufwirft und an Grenzen stost (II.).


Archive | 2013

Divergierende Prinzipien in der GKV: Wertedimensionen, Präferenzen und Demokratie

André Bohmeier; Björn Schmitz-Luhn

8 auf dem Kongress der deutschen Gesellschaft fur Palliativmedizin 2010. 9 Das ist eine lebensbedrohliche oder die Lebensqualitat nachhaltig beeintrachtigende Erkrankung. 10 Bundessozialgericht (BSG), Urt. v. 19.3.2002 – B 1 KR 37/00 R, Rdnr. 26 = Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2003, 460 (463). 11 BSG, Urt. v. 30.6.2006 – B 1 KR 5/09 R, Rdnr. 33. 262 Andre Bohmeier/Bjorn Schmitz-Luhn hochstrichterliche Rechtsprechung mit Verweis auf die Arzneimittelsicherheit in einschlagigen Entscheidungen an den hohen Evidenzanforderungen zum Beleg des notwendigen Handlungserfolges fest.12 Die Notwendigkeit eines einheitlichen Masstabes zeigt sich hier umso deutlicher, als die Anpassung der arzneimittelrechtlichen Evidenzmasstaben in den Fallen durchaus ublich ist, in denen eine systematische Erforschung einer Krankheit13 – ahnlich wie im palliativen Bereich – nicht moglich ist.14 Angesichts des Umstandes, dass mehr als die Halfte der Therapieempfehlungen auf den Off-Label-Use entfallen, kann der fehlende Masstab zur Bestimmung des Verhaltnis zwischen Bedurftigkeit und zumutbarem Risiko im Einzelfall den Ausschluss der Halfte der zur Verfugung stehenden palliativen Behandlungsmoglichkeiten bedeuten. 2. Divergenzen in der instanzgerichtlichen „Nikolaus-Rechtsprechung“ Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 6.12.2005 entschieden, dass unter den folgenden Voraussetzungen die generelle Zweckmasigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 12 Abs. 1 SGB V) einer Behandlungsmethode ausnahmsweise bejaht werden muss, auch wenn diese an sich von der Versorgung ausgeschlossen ist: (1.) Es muss eine lebensbedrohliche oder regelmasig todlich verlaufende Erkrankung vorliegen; (2.) bezuglich dieser Krankheit darf eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfugung stehen, und (3.) hinsichtlich der beim Versicherten arztlich angewandten Behandlung muss eine auf Indizien gestutzte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spurbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehen.15 Alle drei genannten Voraussetzungen bergen unterschiedliche Dimensionen von Wertentscheidungen: Wann ist eine Krankheit lebensbedrohlich – wenn der Tod in einer Woche eintritt, oder erst in zwei, funf oder zehn Jahren?16 Schliest eine dem medizinischen Standard entsprechende alternative Behandlungsmethode den Anspruch aus, auch wenn diese sehr viel einschneidender fur den Patienten ist oder mit starken Nebenwirkungen einhergeht?17 Welcher Grad der Evidenz ist notwendig fur eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung? Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben mussen auf einfachgesetzlicher Ebene – im Streitfall durch die Instanzgerichte – umgesetzt werden. Die fehlende abstimmende Gewichtung der hier betroffenen Wertedimensionen der Bedurftigkeit, des Risikos und der Erfolgsaussicht fuhrt in bestimmten Fallen zu einer uneinheitlichen instanzgerichtlichen Rechtsprechung, wie die folgenden Beispiele verdeutlichen: 12 BSG, Urt. v. 13.10.2010 – B 6 KA 48/09 R, Rdnrn. 16 ff. 13 Sogenannte „Seltenheitsfalle“. 14 BSG, Urt. v. 19.10.2004 – B 1 KR 27/02 R. 15 Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschl. v. 6.12.2005 – 1 BvR 347/98 –, Entscheidungen des BVerfG (BVerfGE) 115, 25, 49 f. = Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2006, 891 ff., sog. „Nikolaus-Beschluss“. 16 BSG, Urt. v. 27.3.2007 – B 1 KR 17/06 R – Polyglobin I, Rdnr. 23. 17 BSG, Urt. v. 4.4.2006 – B 1 KR 12/05 R, Rdnr. 35. Divergierende Prinzipien in der GKV 263 Hinsichtlich des notwendigen Schweregrades wird in der Rechtsprechung die Frage kontrovers beurteilt, ob eine verfassungskonforme Auslegung erst bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung vorzunehmen ist oder bereits dann, wenn dem Patienten schwere Gesundheitsschaden drohen. Das Bundessozialgericht (BSG) legt dieses Kriterium ausnahmslos restriktiv aus. Danach ist der notwendige Schweregrad erst im Falle einer lebensbedrohlichen, regelmasig todlich verlaufenden Krankheit oder einer wertungsmasig vergleichbaren Erkrankung erreicht. Einer Erkrankung mit todlichen Verlauf vergleichbar zu bewerten sind Erkrankungen, in deren Folge der Verlust eines wichtigen Sinnes, Organs oder einer herausgehobenen Korperfunktion droht. Mit der Begrundung, dass jede unbehandelte Erkrankung irgendwann auch lebensbedrohliche Auswirkungen haben konne, muss nach Auffassung des BSG zudem eine notstandsahnliche Situation vorliegen. Diese ist durch den drohenden zeitnahen Eintritt der Krankheitsfolgen gepragt. Demgegenuber stellte das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg ohne weitere Begrundung den notwendigen Schweregrad auch bei einer zwar die Lebensqualitat auf Dauer nachhaltig beeintrachtigenden Erkrankung fest (GardnerDiamond-Syndrom), bei der jedoch weder zeitnahe Lebensgefahr, noch der Verlust einer wichtigen Korperfunktion oder eines wichtigen Organs drohte.18 Dies erkannte ausdrucklich auch das LSG Niedersachsen-Bremen im Fall von Multipler Sklerose an. Danach sei es mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) nicht vereinbar, im Falle einer drohenden nachhaltigen und gravierenden Beeintrachtigung der korperlichen Unversehrtheit Erfolg versprechende rechtzeitige Behandlungen zu verweigern und Beeintrachtigungen in Kauf zu nehmen, wohl wissend, dass sie spater nicht mehr zu beheben sind. In diesen Fallen nutze es dem Versicherten nichts, wenn er spater – in einer notstandsahnlichen Situation, also kurz vor dem Tod – behandelt wird.19 Dementgegen lehnte das Hessische LSG den notwendigen Schweregrad im Falle einer Leberzirrhose und hepatischer Encephalopathie ab. Die Leberzirrhose verlaufe seit 25 Jahren stabil und die Encephalopathie sei noch nicht massiv ausgepragt, so dass es an der notwendigen notstandsahnlichen Situation im Augenblick fehle.20 Ebenso problematisch ist die Bewertung des hinreichenden Schweregrades im Falle multimorbider Patienten. Diesbezuglich hat das BSG eine Weiterentwicklung des Schweregradkriteriums fur den Fall vorgenommen, dass zur Bekampfung einer lebensgefahrlichen Krankheit zwingend erst Masnahmen gegen eine andere, nicht lebensgefahrliche sekundare Erkrankung ergriffen werden mussen. Im konkreten Fall litt der Patient an Krebs und einem sekundaren Antikorpermangelsyndrom, welches eine Chemotherapie unmoglich machte. In dieser Konstellation ist eine verfassungskonforme Auslegung nach Ansicht des BSG zulassig, wenn die Voraussetzungen eines zulassigen Off-Label-Use entsprechend erfullt sind und fur die sekundare, nicht lebensbedrohliche Erkrankung keine anerkannten Behandlungsmoglichkeiten zur Verfugung stehen.21 Der einer Entscheidung des Sozialge18 Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urt. v. 30.4.2010 – L 1 KR 68/08, Rdnr. 47. 19 LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 7.3.2011 – L 4 KR 48/11 B ER, Rdnr. 25. 20 Hessisches LSG, Urt. v. 26.3.2009 – L 8 KR 200/07, Rdnrn. 29, 32. 21 BSG, Neue Zeitschrift fur Sozialrecht (NZS) 2011, 592, Rdnr. 47. 264 Andre Bohmeier/Bjorn Schmitz-Luhn richts (SG) Dresden zu Grunde liegende Sachverhalt unterschied sich insofern, als der Patient unter zwei verschiedenen Krankheitsbildern litt, die zwar nicht fur sich allein, aber zusammen betrachtet durchaus lebensgefahrliche Folgen zeitigen konnen. Das Gericht entschied, dass zur Beurteilung des Schweregrades nur auf die Erkrankung abzustellen ist, die mit der begehrten Leistung bekampft werden soll.22 Anders hat diese Situation wiederum das Bayrische LSG bewertet, welches uber eine begehrte Apheresebehandlung zur Senkung einer isolierten Lipid(a)Erhohung (Hypercholesterinamie) des an lebensbedrohlicher koronaren Herzerkrankung leidenden Klagers zu befinden hatte. Das Gericht hat entschieden, dass es der Annahme einer lebensbedrohlichen Situation nicht entgegenstehe, dass die gegenstandliche Therapie nicht unmittelbar auf die koronare Herzerkrankung einwirkt, da Hypercholesterinamie ein bedeutsamer Faktor im Gesamtrisikoprofil cardiovaskularer Erkrankungen sei.23


Ethik in Der Medizin | 2013

Kommentar II zum Fall: „Verantwortung für Versorgungskontinuität bei fehlendem Versicherungsschutz“

André Bohmeier

Gesundheit ist ein grundlegendes Gut von existentiellem und konditionalem Stellenwert; es ist eine der wesentlichen Grundvoraussetzungen zur umsetzung von lebensentwürfen und der Wahrnehmung grundrechtlich garantierter Freiheiten. Wie einschneidend selbst wenig dramatische erkrankungen wirken können, zeigt der vorliegende Sachverhalt mit trauriger deutlichkeit. denn die Krankheit des Herrn G. ist medikamentös gut behandelbar. dabei herrscht ein weitestgehender Konsens, dass Heilungsund linderungsaussichten nicht vom Geldbeutel abhängen dürfen [3]. Diese Verpflichtung spiegelt sich auch verfassungsrechtlich wider. denn das Grundrecht des art. 2 abs. 2 Satz 1 GG1 garantiert das leben und die körperliche unversehrtheit. es gewährleistet neben seiner abwehrdimension ein recht auf teilhabe an einem leistungsfähigen und diskriminierungsfrei zugänglichen Gesundheitswesen [2]. entsprechend stellt Krankenversorgung ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut dar, für dessen Schutz der Staat von Verfassungs wegen zu sorgen hat, so das Bundesverfassungsgericht in einer entscheidung aus dem Jahr 1981.2 mit seiner sog. Hartz IV-entscheidung hat das Gericht in jüngerer Zeit klargestellt, dass aus der Garantie der menschenwürde (art. 1 abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (art. 20 abs. 1 GG) ein unmittelbarer, individueller leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen existenzminimums gegen die Solidargemeinschaft erwächst. dazu gehören auch leistungen der medizinischen Versorgung.3 dieses Grundrecht gilt für alle menschen, unabhängig von dem umstand, ob und wie sie krankenversichert sind. damit hat auch Herr G. einen individuellen grundrechtlichen anspruch auf medizinische leistungen und damit einhergehende Versorgungskontinuität. es stellt sich damit die Frage, ob der Gesetzgeber dieses verfassungsrechtliche Gebot auf der einfachgesetzlichen ebene umgesetzt hat.


Archive | 2013

Priorisierung in der Medizin

Björn Schmitz-Luhn; André Bohmeier


Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen | 2012

[The 'Myozyme' decision of the Federal Supreme Court of Switzerland and German Law: a constitutional rights and health insurance law perspective].

Stefan Huster; André Bohmeier


Medizinrecht | 2011

Ökonomisch motivierte Behandlungsverweigerung in der GKV – Divergenzen zwischen Sozial-, Zivil- und Strafrecht

André Bohmeier; Björn Schmitz-Luhn; Anne Franziska Streng


Medizinrecht | 2012

Tagungsbericht “Verfahren und Kriterien bei der Priorisierung im Gesundheitswesen” 31.3.–1.4.2010

André Bohmeier


Medizinrecht | 2010

Tagungsbericht 2. Klner Medizinrechtstag

André Bohmeier

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