Eckhard Jesse
Chemnitz University of Technology
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Publication
Featured researches published by Eckhard Jesse.
Archive | 1997
Eckhard Jesse
Die Geschichte der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland bis zur deutschen Einheit im Jahre 1990 war die Geschichte ihrer Konkurrenz. Konkurrenz schlos aber Kooperation nicht aus — anders als haufig in der fruheren deutschen Parteiengeschichte. Eine Reprasentativdemokratie wie die der Bundesrepublik steht und fallt mit der Funktionsfahigkeit von Parteien, die Interessen in der Bevolkerung artikulieren und bundeln. »Parteienstaat — oder was sonst?« — so lautete die rhetorisch gemeinte Titelfrage in einem beruhmten Aufsatz von Wilhelm Grewe Anfang der funfziger Jahre1. Der fruher in Deutschland notorisch verbreitete Antiparteienaffekt ist nach 1945 einer Akzeptierung der Parteien gewichen, was nicht heist, deren Schwachen einfach hinzunehmen oder herunterzuspielen.
West European Politics | 1987
Eckhard Jesse
Since the 1960s the question of electoral reform (specifically the introduction of a majority voting system) has not been a live issue in West Germany. The wide acceptance of proportional representation has much to do with changes in political culture ‐ a greater tolerance of conflict and less concern with stability. Foreign observers often treat the West German system as a model. However, the two‐vote system, although seen as maximising electoral choice, is seriously defective: it is confusing, encourages manipulation, and gives voters the false impression of having a greater degree of choice than is actually the case.
Archive | 2013
Gerhard Hirscher; Eckhard Jesse
Die Bundesrepublik Deutschland wurde und wird stark durch die Hinterlassenschaft der NS-Diktatur gepragt, ebenso, wenngleich weniger, durch die der SED-Diktatur. Zwei Buchtitel zur deutschen Geschichte nach 1945 fangen gut die Traumata der Deutschen ein. Die Wendung „Nach der Katastrophe“ ist nicht nur temporal, sondern auch kausal gemeint. Sie spielt darauf an, dass Hitler bei vielen Debatten und Entscheidungen eine Art steinerner Gast ist. Die Anhanger wie die Gegner des Extremistenbeschlusses von 1972 zur Fernhaltung von Extremisten aus dem offentlichen Dienst beriefen sich auf die historischen Erfahrungen: Die einen warnten vor staatlicher Laxheit mit Blick auf die abwehrschwache Weimarer Republik, die anderen vor staatlichen Exzessen mit Blick auf das NS-Unrechtsregime. Und die „Suche nach Sicherheit“ erscheint deswegen als ein wichtiges Element der zweiten deutschen Demokratie, wobei dieser Schlusselbegriff hochst unterschiedliche Facetten besitzt, militarische, politische, kulturelle und wirtschaftliche. Allerdings ist auch Wandel eingetreten, zumal durch die deutsche Einheit. So hat sich das Verhaltnis zu den nationalen Symbolen allmahlich normalisiert, ist weniger verkrampft geworden.
Archive | 2008
Eckhard Jesse
Wahlsysteme konnen erst dann ihre Funktion erfullen, wenn das Institut der demokratischen Wahl gewahrleistet ist (Nohlen 2004a; Derichs/Heberer 2006). Kommt Wahlen fur die demokratische Legitimation eines politischen Systems keine oder nur eine geringe Rolle zu, so ist der jeweilige Wahlmodus ganz zu vernachlassigen. Bei den Staaten der EU handelt es sich jedoch ausnahmslos um demokratische Verfassungsstaaten, in denen Wahlen kompetitiven Charakter tragen. Sie entscheiden uber die Zusammensetzung des Parlaments und damit indirekt auch daruber, wer regiert. Wahlsysteme sind Verfahren, mittels derer die Stimmenanteile der Parteien in Mandate umgesetzt werden. Zum Wahlrecht — die Terminologie in der Wissenschaft ist nicht eindeutig — gehoren alle einschlagigen Regelungen, die nicht das Problem der Umwandlung von Stimmen in Mandate beruhren (z. B. das Wahlalter oder die Dauer der Legislaturperiode)
Archive | 2011
Eckhard Jesse; Tom Thieme
Wer hatte das im Sommer 1989 gedacht ? Als vor dem Hintergrund der okonomisch am Abgrund stehenden Sowjetunion die Schlagworter Perestroika und Glasnost die Runde machten und erste zaghafte Reformen den maroden Staatssozialismus in Osteuropa retten (nicht abschaffen) sollten, rechneten weder die optimistischsten Beobachter im Westen noch die Bevolkerung im Ostblock mit dem baldigen Ende des so genannten „kurzen Jahrhunderts“. Der „Schwarze Freitag der Sozialwissenschaften“ (wegen der allgemeinen Verbluffung uber das unvorhergesehene Ausmas und Tempo des weithin friedlichen Wandels) wurde zur Sternstunde von Demokratie und Freiheit. Millionen Menschen stimmten auf den Strasen und Platzen Ost- bzw. Ostmitteleuropas uber ihre orthodoxen kommunistischen Eliten und damit uber den Ausgang des Systemwettbewerbs ab. Im Wettstreit zwischen demokratischmarktwirtschaftlichen und diktatorisch-planwirtschaftlichen Staaten hatte sich die Idee der Freiheit gegenuber einem erzwungenen Gleichheitsanspruch durchgesetzt. Der Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 und die Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 wurden zum Symbol fur das Ende der uber vier Jahrzehnte wahrenden europaischen Teilung.
Archive | 2000
Eckhard Jesse
Elections, in the sense of having a choice, are what characterise democrati constitutional states. That differentiates them from dictatorships of various types. However, in democracies the electoral systems – which translate votes into seats – vary considerably one from another.1 One basic type of electoral system (the majoritarian system) is intended to promote the formation of stable governments by disproportionality between the share of the vote and the share of seats. Another type (proportional representation) tries to reflect accurately the electoral strengths of various political groups. Apart from these two basic types there is a multiplicity of complex mixed systems, for instance using an electoral ‘hurdle’ to promote majority creation, or multi-member constituencies which restrict the proportional relationship between vote-share and allocation of seats.
Archive | 2011
Eckhard Jesse; Tom Thieme
Die vergleichende Analyse des politischen Extremismus in den EU-Staaten muss einerseits Entstehungsursachen, andererseits Faktoren zur Beschrankung und Verhinderung der extremistischen Krafte berucksichtigen. Dabei ist es notwendig, landes- und nationalitatsspezifi sche Unterschiede herauszuarbeiten. Nur so konnen die verschiedenen Auspragungen von Extremismus genau und differenziert erfasst werden. Obwohl die Renaissance von autoritaren Regimes im vereinten Europa mit wachsender zeitlicher Distanz zu den rechten und linken Diktaturen in unabsehbare Ferne geruckt scheint, bleibt das Problem des Extremismus in Europa nach wie vor prasent. Vor allem von den sozialen Wandlungsprozessen im Zuge der technologischen Modernisierung und der okonomisch-kulturellen Globalisierung seit dem Ende der 1980er Jahre profi tieren extremistische Krafte. Die Liberalisierung der Wirtschaft, die Reformierung sozialer Standards, internationale Standortkonkurrenz, die Deregulierung der Arbeitsmarkte sowie wachsende Migrationsbewegungen hatten einen guten Resonanzboden fur den Rechtsextremismus geschaffen, so Richard Stoss. Von gesellschaftlicher Desintegration, wachsender Unsicherheit und Unzufriedenheit profi tieren jedoch Protestparteien – diese mussen nicht immer extremistisch sein – und Anti-System-Krafte jeder Couleur. Fur die postkommunistischen Staaten kommen Schwierigkeiten durch die komplexen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Transformationsprozesse („Dilemma der Gleichzeitigkeit“) hinzu. An beiden Flugeln des politischen Spektrums suchen die Verlierer des Systemwechsels in ihrer materiellen und geistigen Unzufriedenheit nach Alternativen, die teilweise ideologisch an vordemokratische Epochen anknupfen. Doch nicht nur fur die Fragen, wie und warum Extremismus in den einzelnen postautokratischen EU-Staaten ausgepragt ist, spielt die Dimension der Vergangenheit bzw. ihrer Bewaltigung eine Rolle. Auch das gesellschaftliche Verhaltnis der meisten europaischen Demokratien zum politischen Extremismus wird masgeblich durch das historische Erbe – demokratischer wie autokratischer Pragung – bestimmt.
Archive | 1998
Eckhard Jesse
Der Ausgang der Bundestagswahl 1994 war denkbar knapp. Die christlich-liberale Koalition konnte insgesamt 48,4 Prozent der Stimmen fur sich verbuchen, wahrend SPD, Bundnis 90/Die Grunen und die PDS zusammen auf 48,1 Prozent kamen. Da die PDS nur 4,4 Prozent erreichte und damit unter der Funf-Prozent-Hurde blieb, hatte das Ergebnis zu einer klaren Mandatsmehrheit der bisherigen Koalition fuhren mussen. Doch der Teufel steckt im (Wahlrechts-)Detail. Zwei wahlrechtliche Eigentumlichkeiten, die auf der Erststimme grunden, beeinflusten das Ergebnis masgeblich. Die Zweitstimme war diesmal nicht allein fur den Wahlausgang verantwortlich. Da die PDS insgesamt vier Direktmandate gewann, war sie wegen der Grundmandats- oder Alternativklausel von der Funf-Prozent-Hurde befreit und zog mit 30 Mandaten ins Parlament ein. Dadurch ware der Vorsprung der Koalition auf ganze zwei Mandate geschrumpft. Doch ein anderes wahlrechtliches Spezifikum vergroserte den Abstand der Koalition insgesamt auf zehn Mandate. Die Union erhielt namlich 12 Uberhangmandate, die SPD deren vier. Sowohl die Regelung zur Grundmandatsklausel als auch — und vor allem — die zu den Uberhangmandaten loste eine heftige politische und wissenschaftliche Diskussion aus. Eine Paradoxie liegt darin, das die Regelung zu den Uberhangmandaten weitaus starker ins Kreuzfeuer der Kritik gerieti als die zur Grundmandatsklausel, obwohl deren Wirkung, wie gezeigt, deutlich groser ausgefallen ist.
Archive | 2013
Eckhard Jesse
Deutschland hat im 20. Jahrhundert vier Systemwechsel erlebt: 1918/19, 1933, 1945/49, 1989/90 (Jesse 2011). Die ersten beiden stellen das Ende des Kaiserreiches und das der Weimarer Republik dar, also jener Epochen, die hier im Vordergrund stehen. Der Beitrag ist chronologisch und systematisch zugleich aufgebaut. Chronologisch insofern, als die Entwicklung der Parteien seit 1871 abgehandelt wird, systematisch insofern, als ubergreifende Probleme wie etwa die Funktionsweise des Parteiensystems in der jeweiligen Epoche zur Sprache kommen und ein Vergleich zwischen den Parteiensystemen erfolgt.
Archive | 1999
Eckhard Jesse
Kaum ein innenpolitisches Thema bewegte im Westen Deutschlands die Gemuter derart wie die Frage nach dem tatsachlichen oder vermeintlichen politischen Extremismus. Dieser Sachverhalt galt fur die Anfangszeit ebenso wie er fur die Gegenwart zutrifft. Allerdings sind betrachtliche Veranderungen zu verzeichnen. Eng damit verbunden ist die Frage danach, auf welche Weise sich der demokratische Verfassungsstaat in der Bundesrepublik seiner Gegner erwehren soll. Auch diese Thematik spielt seit funfzig Jahren eine grose Rolle, wiewohl ebenfalls aufschlusreiche Wandlungen eingetreten sind.