Friedrich Schorb
University of Bremen
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Publication
Featured researches published by Friedrich Schorb.
Fat Studies | 2013
Friedrich Schorb
The author discusses the discursive premises that were necessary for fatness to evolve as a political problem in Europe. He presents three possible conditions for this discursive reformulation, including the internationalization of the “obesity-epidemic” narrative, the emergence of healthism as a global trend in culture and science, and the appearance of activating social policies in a variety of European countries. On that theoretical basis, the author discusses the specific outcomes of anti-“obesity-epidemic” policies in Great Britain and Germany. Finally, the author contraposes two ideal-typical lines of criticism toward the current policies against (body) fat, indicating their particular shortcomings and proposing fat-accepting alternatives.
Archive | 2008
Friedrich Schorb
Der Strukturwandel der postindustriellen Gesellschaften lasst einen immer gro-seren Teil der Bevolkerung in okonomischer Hinsicht uberflussig werden. Umso offensichtlicher dieses Phanomen zu Tage tritt, umso starker ist die Tendenz, die Ursachen dafur im Verhalten der Betroffenen selbst zu suchen. Im Diskurs der neuen Unterschichten, wie er derzeit in der Bundesrepublik Deutschland gefuhrt wird, sind es vor allem passive Verhaltensweisen wie falscher Medienkonsum, falsche Ernahrung, falsche Freizeitmuster, falsche Erziehung, d. h. weniger eine abweichende Moral als ein abweichender, schlechter und schadlicher Geschmack, wird zur Ursache von Armut erklart. Sichtbarer Ausdruck dieser kritisierten Konsummuster ist der „dicke Bauch“. Die diskursiv vorgegebenen verhaltensbedingten Ursachen fur Adipositas und Armut sind dabei grostenteils identisch. Ihre Ablehnung durch die gesellschaftlichen Funktionstrager ist aber auch Ausdruck einer symbolischen Ordnung von Lebensstilen, einer Selbstvergewisserung und Abgrenzung der verunsicherten Mittelschichten von den unteren Randern. Im Folgenden wird zunachst die Genese des behavioristischen Unterschichtsdiskurses dargelegt. Aus diesem Diskurs ergeben sich mediale Bilder von Unterschicht, die abhangig von den jeweiligen gesellschaftlichen Problemkonjunkturen variieren konnen. In der aktuellen gesellschaftlichen Debatte uber eine neue Unterschicht spielt Adipositas die Rolle eines mehrere Verhaltensweisen umschliesenden Symbols fur selbstverschuldete Armut.
Archive | 2009
Uwe Helmert; Friedrich Schorb
Durch eine Vielzahl von Studien konnte gezeigt werden, dass das personliche Gesundheits-verhalten einen grosen Einfluss auf die gesundheitliche Situation, das Morbiditatsgeschehen und die Mortalitatsentwicklung ausubt (Belloc & Breslow 1972, Wiley & Camacho 1980, Hohn & Pollard 1992, Keil et al. 1998, Schneider 2002). In diesem Zusammenhang ist aber auch anhand sozialepidemiologisch orientierter Studien sehr deutlich geworden, dass erhebliche sozialschichtspezifische Unterschiede im individuellen Gesundheitsverhalten bestehen (Forschunsgverbund DHP 1998, Mielck 2000, Helmert 2003, Lampert et al. 2005).
Archive | 2011
Uwe Helmert; Friedrich Schorb; Christina Fecht; Michael M. Zwick
Das Ziel dieses Beitrages ist die epidemiologische Auffacherung der Adipositasproblematik bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland. Insbesondere vor dem Hintergrund der fur Deutschland vorliegenden teilweise verwirrenden empirischen Resultate zur Pravalenz von Ubergewicht und Adipositas fur die Personengruppe im Alter bis zu 25 Jahren erscheint es unabdingbar, auf der Basis verlasslicher Daten genauer zu analysieren, welche Trends in Deutschland hinsichtlich der Pravalenz von Ubergewicht und Adipositas zu konstatieren sind. Dies ist auch deshalb von Bedeutung, weil seit mehreren Jahren in den Massenmedien, oftmals ohne ausreichende empirische Belege, der Eindruck vermittelt wird, dass der Anteil ubergewichtiger Kinder und Jugendlicher unaufhorlich ansteigt.
Archive | 2008
Friedrich Schorb
Was ist Adipositas? Diese Frage kennt viele Antworten: Adipositas ist ein dicker Bauch, ein BMI groser als 30, eine chronische Krankheit, ein Risikofaktor fur Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Krebsarten. Adipositas ist eine Zivilisationskrankheit, die Folge von Fast Food, Soft Drinks und Susigkeiten. Adipositas ist ein genetischer Defekt, aber auch Folge falscher Erziehung. Adipositas resultiert aus mangelnder Zuneigung, Vereinsamung oder aus sexueller Frustration. Adipositas ist eine kritisch erhohte Fettmasse, eine physische und psychische Belastung, das Gesundheitsrisiko Nummer 1 in westlichen Gesellschaften, Grund fur sinkende Lebenserwartung und leere Sozialkassen, sozialer Tod und schwerer Start ins Leben, eine weltweite Epidemie und in vielen Staaten bald nicht mehr Ausnahme, sondern Regel, nicht mehr Abweichung, sondern Norm.
Archive | 2012
Friedrich Schorb; Henning Schmidt-Semisch
Nach allen verfugbaren Informationen, so hat es Franz-Xaver Kaufmann vor knapp einem Vierteljahrhundert einmal formuliert, musse man davon ausgehen, dass die Menschen im Laufe ihrer Geschichte noch nie so sicher gelebt hatten, wie in den modernen Gesellschaften: „Die mittlere Lebenserwartung bei Geburt hat Grosenordnungen erreicht, die sich den bisher bekannten biologischen Grenzen nahern (…).
Archive | 2011
Henning Schmidt-Semisch; Friedrich Schorb
Fasst man Punitivitat als die Anwendung rigider und strafender Reaktionsmuster auf unerwunsch tes oder abweichendes Verhalten, dann passen Gesundheit (bzw. Krankheit) und Punitivitat im Grunde nicht zusammen. Zwar handelt es sich im strengen Sinne auch bei Krankheiten um „abweichendes Verhalten“ (Becker 1973: 4 ff.) bzw. abweichende Zustande, aber der Zurechnungsmodus der Abweichung ist bei Krankheit ein grundsatzlich anderer als beim klassischen Anwendungsfall punitiver Reaktionen: dem „kriminellen“ Verhalten. Aus der Perspektive sozialer Kontrolle sind Kriminalisierung und Pathologisierung als unterschiedliche Diagnosemuster zu verstehen, die sehr verschiedene Reaktionen nach sich ziehen: „Der wichtigste Unterschied zwischen Kriminalisierung und Pathologisierung liegt im Grad der Zuschreibung von Verantwortung. Der Kriminelle wird fur ein gewolltes Handeln zur Rechenschaft gezogen, dem Kranken aus einem ungewollten Zustand, an dem er selbst leidet und aufgrund dessen ihm sein abweichendes Verhalten fur eine gewisse Zeit nachgesehen wird, herausgeholfen; der Kriminelle wird bestraft, der Kranke behandelt“ (Hess 1983: 15).
Archive | 2011
Friedrich Schorb; Uwe Helmert
Adipositas und Ubergewicht werden seit einigen Jahren zu den wichtigsten weltweiten Gesundheitsproblemen gezahlt. Seit 1997 bezeichnet die Weltgesundheitsorganisation WHO Adipositas als Epidemie (WHO 1997 und 2000). Dies ist eine Deutung, die sich mittlerweile allgemein durchgesetzt hat. Auch in Deutschland werden, spatestens seitdem die ehemalige Verbraucherschutzministerin Renate Kunast das Thema in ihrer Regierungserklarung „Eine Ernahrungsbewegung fur Deutschland“ im Jahr 2004 zur Chefsache erklart hatte (Kunast 2004), Ubergewicht und Adipositas nicht langer als ein medizinisches oder asthetisches, sondern als ein gesellschaftliches Problem wahrgenommen
Archive | 2016
Friedrich Schorb
Seit den ausgehenden 1970er Jahren gewinnt die soziale Frage in westlichen Industrielandern wieder an Relevanz. Sinkende Wachstumsraten, eine, zunachst in den USA und Grosbritannien, spater auch in Kontinentaleuropa einsetzende Deindustrialisierung einhergehend mit hoher Arbeitslosigkeit bei gleichzeitigem Anstieg von atypischer und prekarer Beschaftigung und die Stagnation bzw. der Ruckgang der Reallohne sind Phanomene, die in allen westlichen Industrielandern seit fast vier Jahrzehnten mehr oder weniger kontinuierlich zunehmen. Folge davon sind sich verscharfende Verteilungskonflikte sowie das Auseinanderdriften der Schere zwischen Arm und Reich.
Archive | 2015
Friedrich Schorb
Im vorangegangenen Kapitel wurden die gesellschaftlichen Wissensbestande um Adipositas analysiert. Dabei wurde deutlich, dass dicke Korper in westlichen Gesellschaften schon seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert problematisiert werden, und dass sich zunachst mit der Medizin, spater mit der Psychologie und schlieslich auch mit den Sozialwissenschaften verschiedene Disziplinen schon seit vielen Jahrzehnten intensiv mit der Ursachenforschung und der Suche nach Losungsansatzen beschaftigt haben.