Jochen Kade
Goethe University Frankfurt
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Featured researches published by Jochen Kade.
Archive | 1996
Jochen Kade; Wolfgang Seitter
Seit den 1960er Jahren nimmt der Begriff des lebenslangen Lernens in der erwachsenenbildnerischen Diskussion eine prominente Stellung ein. Seine Einfuhrung vollzog sich im Kontext der bildungspolitischen Debatten uber die grundlegenden Strukturreformen im Bildungswesen, die seit den ausgehenden 60er Jahren in (fast) allen europaischen Landern gefuhrt wurden. Hinter dem Begriff stand — ungeachtet seiner unterschiedlichen landerspezifischen Akzentuierungen wie lifelong learning, education permanente, recurrent education — die Erwartung, die Erwachsenenbildung als Teil des allgemeinen Bildungswesens zu etablieren und — ausgehend von der Normalitat des Lernens im Erwachsenenalter — Entlastungseffekte fur den schulischen und universitaren Bereich zu erreichen. Mit dem Konzept des lebenslangen Lernens sollte die Beschrankung von Lernprozessen auf die kindliche und jugendliche Lebensphase, institutionell betrachtet: auf die Zeit der schulischen Bildung und der beruflichen Ausbildung, aufgehoben, eine Neuordnung des Verhaltnisses von vorschulischem, schulischem und nachschulischem Lernen angestrebt und der gesamte Lebenslauf des Menschen zum Bezugspunkt padagogischer Praxis und Reflexion gemacht werden.
Archive | 2008
Jochen Kade; Christiane Hof
In modernen Gesellschaften wird von den Individuen erwartet, dass sie wahrend der ganzen Spanne ihres Lebens lernen, nicht nur beschrankt auf die Lebensalter Kindheit und Jugend. Dabei wird inzwischen nicht mehr nur an das Lernen in den traditionellen organisationsgestutzten Arrangements der Erwachsenenbildung und der Weiterbildung gedacht, sondern an das Lernen in der ganzen Breite seiner individuell und sozial konturierten Institutionalisierungsformen. Das Lebenslange Lernen ist die Chiffre fur diese zeitliche und raumliche Ausweitung des Lernens.
Archive | 2014
Jochen Kade; Sigrid Nolda
Bildungsbiographien sind eine exponierte Form der kommunikativen Gestaltung der an Individuen in modernen Gesellschaften gerichteten Erwartung, eine Individualitat auszubilden. Vor diesem Hintergrund eines performativen Verstandnisses von Bildungsbiographien rekonstruiert der Beitrag an zwei signifikanten Fallen die Entwicklung grundlegender Auspragungen von Anspruchsindividualitaten. Auf der sozialen Ebene - so wird herausgearbeitet - geht es um die Strukturierung von Individualitat durch die Differenz Abweichung/Konformitat, auf der temporalen Ebene durch die Differenz von Diskontinuitat/Kontinuitat. Diese Strukturierungsformen bleiben im Zeitverlauf bildungsbiographisch weitgehend stabil trotz der zahlreichen Veranderungen von Bildungsgestalten zwischen 1984 und 2009 und der Kontexte, in die sie eingebettet sind. Dabei lassen sich an den Fallen zur Fokussierung der Prozesshaftigkeit von Individualitat vektorial lineare und rekursiv zirkulare Prozessformen beobachten. Diese Unterscheidung wird abschliesend genutzt, um die Fallrekonstruktionen in den Zusammenhang des zeitdiagnostischen Diskurses uber Individualitatsformen im Spannungsverhaltnis von Biographie und Karriere zu stellen.
Archive | 2010
Monika Fischer; Jochen Kade; Sascha Benedetti
Bildung – so die klassische Formulierung von Wilhelm von Humboldt – zielt auf die „Verknupfung unseres Ichs mit der Welt“. Sie verlange vom Menschen, „soviel Welt als moglich zu ergreifen, und so eng, als er nur kann, mit sich zu verbinden“ (Humboldt 1969/1793, 235). Bildung bezeichnet die „weitest mogliche ‚Aneignung‘ von Welt durch das Subjekt“ (Luhmann 2002, 188). Wobei Aneignung heist, dass das „Subjekt in der Lage ist, mit der Welt, obwohl sie unerreichbar drausen ist, wie mit etwas Eigenem umzugehen und an der Welt ein eigenes Dasein zu bestimmen“ (ebd.). Bildung stellt demnach sicher, dass das angeeignete Wissen ganz dem individuellen Subjekt zugehort. Anders als individuumszentrierte, lernfixierte und kognitiv eng gefuhrte Fassungen halt dieser Bildungsbegriff einen theoretischen Horizont offen, der die empirische Analyse eines breiten Spektrums von geschichtlich entfalteten Bildungsgestalten und Bildungsprozessen erlaubt, die sich jeweils unter dem Gesichtspunkt der Ausschnitte und ihres Umfangs der angeeigneten Weltaspekte, der bevorzugten Formen ihrer Aneignung und der Modalitat, in der sie im Resultat mit dem individuellen Subjekt verknupft sind, deutlicher unterscheiden.
Archive | 2009
Jochen Kade; Wolfgang Seitter; Jörg Dinkelaker
Die moderne Erwachsenenbildung/Weiterbildung, die ihren Ursprung in der Aufklarung Ende des 18. Jahrhunderts hat, verweist auf Wissen und Bildung. Zunachst orientiert sie sich vor allem am Wissen, dem Leitbegriff der (fruhen) Aufklarung. Ihre weitere Entwicklung ist aber fur langere Zeit nicht durch die Orientierung an deren Ideen gepragt, sondern von dem – bereits 10 bis 15 Jahre spater (vgl. auch Bollenbeck 1994) _ veranderten neuen Verstandnis von Aufklarung. Sie wird danach nicht mehr unter primarer Bezugnahme auf Wissen begrundet, sondern Aufklarung wird nunmehr als ein Grundprinzip des Denkens verstanden. Entsprechend lasst sich in der Romantik und im Deutschen Idealismus eine „entschiedene Kritik des Wissens als Wissen“ (Stichweh 2004, S. 148) beobachten. Die Leitbegriffe heisen nun „Bildung und Selbstdenken“ (ebd.). Und es ist gerade der Begriff der Bildung, der sich in der Folge als Leitbegriff der Erwachsenenbildung/Weiterbildung stabilisiert, auch wenn durchgangig ein – wie auch immer ausgepragter – Bezug auf den Wissensbegriff erhalten bleibt.
Archive | 2009
Jochen Kade; Wolfgang Seitter
Steuerungsformen des Lernens im Erwachsenenalter – wie generell in Bezug auf den gesamten Lebenslauf – lassen sich auf ganz unterschiedlichen Ebenen verorten: auf der Ebene von Systemen (Politik, Recht, Finanzierung), von Programmen (Lebenslanges Lernen, Selbstgesteuertes Lernen, Alphabetisierung), von Institutionen (Kennzifferorientierung, Bildungscontrolling), von Methoden und Technologien (Abschlusse, Zertifikate) oder von Personen (Personalentwicklung). Steuerung hat auf all diesen Ebenen ihre je eigenen Zugriffsformen, die in der organisatorisch-programmatischen Festigkeit ihrer Instrumente – Gesetzesregelungen, Finanzierungsvorschriften, programmatische Entwurfe, Kennziffern, Urkunden etc. – jedoch mehr oder weniger ubereinstimmen. Wir mochten im Folgenden einen anderen Ansatz verfolgen und mit (padagogischer) Wissenskommunikation und (kommunikativer) Selbstbeobachtung zwei Formen des Lernens Erwachsener fokussieren, deren Steuerung weniger durch institutionellorganisatorische Rahmungen vorgegeben ist, sondern sich im fragilen Prozess kommunikativer Strukturen entfalten muss.
Archive | 1998
Jochen Kade; Wolfgang Seitter
Zuweilen wird die Vorstellung erzeugt, zwischen Erwachsenenbildung und Biographieforschung existiere eine Art padagogisch-wissenschaftlicher Familienbeziehung: So sei einerseits die Biographieforschung wegen ihrer Affinitat bzw. Homologie von Biographie und Bildung die der Erwachsenenbildung genuine, gemase Forschungsrichtung, die gewissermasen den Konigsweg zur Erwachsenenbildung verkorpere und die angemessenen Konzepte liefere. Und andererseits sei das Anwendungsfeld par excellence der Biographieforschung die Erwachsenenbildung, die mit ihrer Ausrichtung auf Bildungsprozesse Erwachsener der Biographieforschung ihren adaquaten Gegenstand abgebe. Diese Annahme, der moglicherweise eine professionell-disziplinare Selbstuberschatzung zugrunde liegt, die vielleicht aber auch durch die Bedeutung biographischer Methoden in der praktischen Bildungsarbeit gestutzt wird, geht jedoch in die Irre. Zwar gibt es inzwischen eine grose Zahl von biographischen Studien zur Erwachsenenbildung — und Biographieforschung ist auch der Forschungstyp, der innerhalb der qualitativen Forschung zur Erwachsenenbildung vorherrscht (vgl. Kade 1994)1. Aber eine solche — zunehmend dominante — Ausrichtung von Biographieforschung auf die Erwachsenenbildung hat es nicht immer gegeben. Sie ist erst jungeren Datums und unterliegt gegenwartig erneuten Veranderungen.
Archive | 2018
Jochen Kade
Die erziehungswissenschaftliche Biographieforschung geht von dauerhaften Strukturbildungen im Leben jedes Einzelnen aus. Diese Stabilitatsannahme ist nicht zuletzt durch zeitdiagnostisch orientierte soziologische Analysen bruchig geworden. Sie fokussieren die Prozesshaftigkeit sozialer Realitat. Wenn die These uber die verlorene (Zeit-) Stabilitat von Lebenslaufen und Biographien zutrifft, wird qualitative Bildungsforschung auf der Grundlage von Einmalhebungen fragwurdig. Der Beitrag verdeutlicht, dass von Wiederholungserhebungen folgenreiche Anregungen fur die Weiterentwicklung der Theorie der (Bildungs-)Biographie zu erwarten sind. Biographietheoretisch, indem von der Fokussierung auf die einzelne Biographie als reprasentatives und abgeschlossenes Resultat auf die Serialitat von Bildungsgestalten und weiter den Prozess des Biographisierens umgestellt wird. Und bildungstheoretisch, indem an die Stelle von eindimensional stabilen Subjektgestalten mehrdimensional dynamische Subjektmodelle treten.
Archive | 2006
Jochen Kade; Wolfgang Seitter
Das Symposium beschaftigte sich mit den Institutional is ierangsformen des Lernensim Erwachsenenalter vordem Hintergr und plural erundentgrenzter Formen deslebenslangen Lernenssowiederenzunehmender Padagogisierung und Integrationindas Erziehungssystem. Die Analyse und Ausdeutung diesermodernisie-rangstheoretisch inspirierten Zeitdiagnose erfolgte unter den erziehungswissenschaftlich zentralen Aspekten Wissen, Vermittlung, Aneignung und Evaluation in vier Beitragen, dieaus—auch disziplinarunterschiedlichen Projektszusam-menhangen stammten. Alle vier Beitrage erzeugten eine rege Beteiligung und Diskussionunterdenca. 70 Anwesendenmitdem Wunscheiner Fortsetzungder Diskussion1.
Archive | 2002
Jochen Kade; Sigrid Nolda
Seit der Aufklarung steht die Padagogik zur Kategorie der Offentlichkeit in einer fast intimen Beziehung. Als hoherstufige Intersubjektivitat begriffen, teilt sie mit der Padagogik den normativen Bezug auf Vernunft als Leitprinzip, die Orientierung an symmetrischer Kommunikation als Sozialform und die Beziehung auf den Staat, gerade auch indem sich von ihm abgesetzt wird. Die Idee der Bildung ist an die Vorstel-lung einer machtfrei strukturierten Offentlichkeit gebunden, in der sich die Gesellschaft selbst reprasentiert (vgl. Oelkers 1992). Diese normative und strukturelle Parallelitat, die sich aus gemeinsamen Wurzeln in der Aufklarung ergibt, besteht auch gegenwartig fort. An die Seite dieser Sichtweise, die aus klassischen Vorstellungen uber Aufklarung im Sinne einer Vernunftsteuerung der Gesellschaft resultiert, sind jedoch inzwischen—erganzend oder auch sie verdrangend—neue Thematisierungen des Verhaltnisses von Padagogik und Offentlichkeit getreten. Entstanden sind sie als Ergebnis einer umfassenden Vergesellschaftung und Institutionalisierung padagogischen Handelns, einer seit den 60er Jahren stattgefundenen Versozialwissenschaftlichung und Empirisierung der Erziehungswissenschaft und nicht zuletzt der Veranderungen politisch-sozialer Verhaltnisse sowie der neuen technologische Moglichkeiten digitalisierter Datenubermittlung und Datenspeicherung.