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Dive into the research topics where Jürg Zutt is active.

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Featured researches published by Jürg Zutt.


European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience | 1948

Das psychiatrische Krankheitsbild der Pubertätsmagersucht

Jürg Zutt

Wer Gelegenheit hatte, mehrere Falle von Pubertatsmagersucht zu sehen und zu untersuchen, fur den kann wohl kein Zweifel daruber sein, das hier ein psychiatrisches Problem vorliegt. Auch aus der gar nicht kleinen im wesentlichen internistischen Literatur, insbesondere aus den dort mitgeteilten Krankengeschichten gewinnt man diesen Eindruck. Eine zusammenfassende psychiatrische Bearbeitung fehlt aber bisher. In der klinischen Wochenschrift1 habe ich das Ergebnis meiner eigenen Erfahrungen mit solchen Krankheitsfallen — ich habe im Laufe der Jahre etwa 20 Falle kennen gelernt — kurz zusammengefast. Im Nachfolgenden mochte ich das Thema in der fur einen psychiatrischen Leserkreis gebotenen Ausfuhrlichkeit zur Darstellung bringen, insbesondere 6 Krankengeschichten mitteilen, aus denen sich auch derjenige ein Urteil zu bilden vermag, dem derartige Falle bisher nicht begegnet sein sollten.


European Neurology | 1929

Die innere Haltung

Jürg Zutt

Wir begegnen im Bereich der Symptomatologie der Psychosen, ganz besonders bei schizophrenen Erkrankungen symptomatologisch oft sehr bedeutsamen Auserungen von Patienten, die unserem Verstandnis die allergrosten Schwierigkeiten bereiten, weil wir nicht in der Lage sind, die diesen Auserungen zugrunde liegenden Erlebnisweisen in eine verstandliche Beziehung zu anderen Tatbestanden psychischen Geschehens zu bringen oder sie auf die Storung eines uns aus der Psychologie des Normalen bekannten psychischen Tatbestandes zuruckzufuhren. Man denke an die Angaben Schizophrener, ihre Gedanken oder Bewegungen wurden beeinflust, sie standen unter Hypnose oder sie seien gar nicht die Personlichkeiten, fur die sie selbst und andere sie bisher gehalten hatten. Wir wissen nicht, worauf wir die solchen Auserungen zugrunde liegenden Erlebnisweisen beziehen sollen. Anders verhalt es sich z. B. mit Selbstvorwurfen und Befurchtungen Depressiver. Die die depressive Erkrankung charakterisierende krankhafte Veranderung der Affektlage hat wie jede Affektlage Gesunder einen Einflus auf die Selbsteinschatzung und die zwischen Optimismus und Pessimismus liegenden Erwartungen kunftigen Schicksals. Es sind uns hier aus dem normalen psychischen Erleben Zusammenhange bekannt, die fur das Verstandnis der krankhaften Erlebnisse von einleuchtendem Wert sind. Es besteht ein sinnvoller Zusammenhang zwischen depressiver Verstimmung, Selbstvorwurfen und Befurchtungen. Solche sinnvollen Beziehungen konnen wir fur die oben angefuhrten Erlebnisweisen Schizophrener nicht angeben. Sie sind fur uns charakteristische Symptome, bleiben aber in einem besonderen Sinne unverstandlich, weil ihnen jede Beziehung untereinander und zu normalpsychologischen Erlebnisweisen zu fehlen scheint.


Archive | 1963

Der ästhetische Erlebnisbereich und seine krankhaften Abwandlungen

Jürg Zutt

Es ist nicht das Ziel der nachfolgenden Ausfuhrungen, auf bisher nicht gesehene, nicht beachtete psychische Symptome hinzuweisen. Woran mir vielmehr gelegen ist, ist eine Ordnung bzw. Neuordnung bekannter Erlebnisweisen und Erlebnisgehalte und ihrer krankhaften Abwandlung unter dem Gesichtspunkt ihrer gemeinsamen Zugehorigkeit zum asthetischen Erlebnisbereich. Mir scheint, und ich hoffe zu zeigen, das wir durch eine solche ordnende Zusammenschau uber das Wesen mancher Symptome etwas Neues erfahren, d. h. das unser Wissen um sie vertieft wird und unser Verstandnis verbessert. Ich habe dabei gerade auch primare Wahnerlebnisse im Auge, also solche, die nicht von anderen psychischen Veranderungen, insbesondere im Bereich des Bewustseins oder der Stimmung psychologisch verstandlich abgeleitet werden konnen, die also auch bei klarem Bewustsein und ausgeglichener Stimmung auftreten.


Archive | 1963

Über das Wesen der Sucht nach den Erfahrungen und vom Standpunkt des Psychiaters

Jürg Zutt

Psychiatrische Meinungen uber Sucht und Suchtigkeit grunden sich, abgesehen von selteneren Fallen, auf die Erfahrungen mit Morphin- und Trunksucht, Morphinisten und Alkoholikern. Diese beiden Suchtarten erlauben uns mancherlei auch divergierende Feststellungen zu treffen. Es gibt eine Beziehung der korperlichen und psychischen Konstitution zu dem jeweiligen Suchtmittel. Das ist leicht verstandlich bei der Verschiedenartigkeit der Wirkung von Alkohol und Morphin. Daran wird es liegen, das in unserem europaischen Raum der Alkohol rein zahlenmasig die viel grosere Gefahr ist, als das Morphin.


Archive | 1963

Zur Anthropologie der Sucht

Jürg Zutt

Der Beitrag zum Suchtproblem, den ich auf den nachfolgenden Seiten zu geben versuche, der Beitrag zu einer Anthropologie der Sucht ist kein empirischer Bericht. Empirie geht auf die Sammlung des Mannigfaltigen aus. Anthropologie hingegen strebt danach, zu erfassen, was die Mannigfaltigkeit dieses Erfahrenen Allgemein-gultiges auszusagen vermag uber den Menschen. So kann eine Anthropologie der Sucht naturlich auf der gesammelten Einzelerfahrung beruhen, keinesfalls darf sie mit ihr im Widerspruch stehen, sonst irrte sie. Sagt sie aber Wahres aus, Wahres uber die Sucht, so erhellt sie ihrerseits den empirischen Sachverhalt. Zusammengefast heist das: An den Suchtigen konnen und mussen wir lernen wie Sucht sich zeigt, unsere anthropologische Interpretation aber mus uns sagen, was Sucht ist.


Archive | 1963

Der Lebensweg als Bild der Geschichtlichkeit

Jürg Zutt

Als ich die Aufforderung bekam, zum Thema „Krise“ vom Standpunkt des Psychiaters aus zu sprechen, kamen mir zunachst Bedenken. Die Bedenken bezogen sich auf das Folgende: Wir erleben, das auch im medizinischen Sprachgebrauch sich ein immerwahrender Wandel vollzieht, indem alte Fachtermini verlassen werden und neue in Gebrauch kommen. Nicht immer kann man dem zustimmen, weil man nicht immer einsehen kann, was der Sinn des jeweiligen Wandels ist. So spricht man heute z.B. weniger von „Krankheiten“. Statt dessen spricht man gern von „Erkrankungen“ und vergist dabei, das eine Erkrankung der Beginn einer Krankheit ist. Man „erkrankt“ heist doch, man wird krank. In einer schon bedenklichen Oberflachlichkeit spricht man sogar vom Beginn einer Erkrankung, also vom Beginn eines Beginns, und man merkt wohl zumeist gar nicht, was man eigentlich sagt. Anstatt von „Krankheiten“ spricht man dann wieder von „Krankheitsgeschehen“. Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, das sich das Bedurfnis nach einer gehobenen wissenschaftlichen Sprechweise hinter solchen Wendungen und ihrer raschen Verbreitung verbirgt. So auch wenn von „Verhaltensweisen“ gesprochen wird, auch wenn man genau so gut vom „Verhalten“ reden konnte. Versucht man, in dem offensichtlichen Vermeiden des Begriffs „Krankheit“ einen Sinn zu sehen, so findet man vielleicht in der Tat das Bestreben, nicht mehr in starren Krankheitseinheiten zu denken, sondern die funktionellen Bedingungen ihres Entstehens und Vergehens — d. h. eben das Geschehen — in den Blick zu bekommen. So habe ich anfangliche Bedenken gegen die Teilnahme an diesem Gesprach uberwunden: denn wenn heutzutage viel von „Krise“ gesprochen wird, wenn dieser Terminus in der Lehre von den Krankheitsarten einen Platz zu beanspruchen scheint, so ist es auf alle Falle gut, sich Gedanken zu machen, was hinter dieser Tendenz, einen neuen Begriff, einen neuen Terminus einzufuhren, steckt.


Archive | 1963

Über die polare Struktur des Bewußtseins

Jürg Zutt

„Das Ganze des momentanen Seelenlebens nennen wir das Bewustsein. Bildlich stellen wir uns das Bewustsein als Buhne vor, auf der die einzelnen seelischen Phanomene kommen und gehen; oder als das Medium, in dem sie sich bewegen.“ „Unser gesamtes momentanes Seelenleben kann als Ganzes wieder verschiedene Grade von Bewustsein besitzen, vom klarsten Bewustsein durch die Stufen der Bewustseinstrubung bis zur Bewustlosigkeit.“ Diese Satze aus der allgemeinen Psychopathologie von Jaspers (1923) enthalten nichts schwer Verstandliches. Auch der psychologische Laie begreift aus seiner Erfahrung, was gemeint ist. Im Wachsein, Mudewerden und Schlafen gewinnt er die notige Anschauung auch zum Verstandnis der angewandten Bilder. Auf dem Wege vom Bewustsein zur Bewustlosigkeit kennen wir viele differenzierbare Stufen: Dosigkeit, Benommenheit, leichter, oberflachlicher, tiefer Schlaf, dann die Bewustlosigkeit, wobei sich noch Tiefengrade an der verschiedenen Reaktion auf Reize unterscheiden lassen. Von der Helle und Weite des wachen Bewustseins vollzieht sich so eine Veranderung in der Richtung zunehmender Dunkelheit und Enge, bis Licht und Raum im Zustand der Bewustlosigkeit geschwunden sind. Es ist ein Schwinden, das diesen Weg ausmacht, ein Abnehmen von Erlebnisinhalten. In zunehmendem Mase verliert das Ich den angemessenen Raum seines wachen Seins, den Raum, der die Welt reprasentiert, in dem diesem Ich eine Stelle zugehort. Mit dem „Schwinden der Sinne“ schwindet die Welt, das Gegenstandsbewustsein erlischt, und ebenso scheint das Selbstbewustsein zu erloschen. Zum mindesten das Selbstbewustsein, in dem sich das Ich in kontinuierlicher Weise der Welt gegenubergestellt weis, als Subjekt des individuellen Erlebens und Schicksals.


Archive | 1963

„Außersichsein“ und „auf sich selbst Zurückblicken“ als Ausnahmezustand

Jürg Zutt

Ein 21jahriger intelligenter Philosophiestudent osteuropaischer Herkunft kommt nach Abklingen eines Dammerzustandes in die Klinik. Die Anamnese ergibt, das bei ihm, der aus einer mit Kopfschmerzen belasteten Familie stammt, schon seit 9 Jahren gelegentlich Anfalle und psychische Ausnahmezustande auftreten. Ohne Zweifel sind nach der guten Schilderung der Angehorigen fruher echte epileptische Anfalle aufgetreten, daneben Dammerzustande, fur die nachtraglich fast vollige Amnesie bestand. Ein solcher Zustand war der jetzigen Einlieferung vorangegangen. Manchmal leidet der Kranke auch an poriomanen Verstimmungen.


Archive | 1963

Vom ästhetischen im Unterschied zum affektiven Erlebnisbereich

Jürg Zutt

Die seit Jahrzehnten eingeburgerten psychologischen und psychopatho-logischen Begriffe, mit denen wir die Phanomene des krankhaft veranderten Seelenlebens beschreiben, und die darauf gegrundete psychiatrische Systematik erwecken leicht den Eindruck einer klassischen Abgeschlossenheit, um nicht zu sagen Vollendung. So wird es leicht als Wagnis empfunden, die bisherigen Begriffe und die darauf gegrundete Systematik in Frage stellend, zu neuen Betrachtungsweisen und auch bisher unbeachteten Phanomenen vorzudringen. In dieser Situation fortschreitender Wandlung, in der wir uns, wie ich glaube, befinden, kann ein Grundsatz wertvoll sein und Halt geben. Man kann diesen Grundsatz so formulieren: Eine ideale Seelenkunde mus Wesen und Struktur des Seelischen und sein Korrespondieren mit Korperlichem so durchschauen lassen, das die uns bekannten psychopathologischen Symptome als Modifikationen des Normalen ohne weiteres sich erweisen, ja das die moglichen krankhaften Modifikationen geradezu aus solchem Wissen abzuleiten sind. Von diesem Ziele sind wir aber weit entfernt. Der nachfolgende Versuch strebt ihm zu.


Archive | 1963

Über den tragenden Leib

Jürg Zutt

Wenn v. Gebsattel in seiner Studie uber Geschlechtsleib und Geschlechtstrieb1 sagt, die Wissenschaft kenne das Phanomen und den Begriff des Geschlechtsleibes nicht, so hatte er mit gleichem Recht sagen konnen, das sie das Phanomen des Leibes nicht kenne. Und wenn er vom Kontinuum eines sich wandelnden — so auch zum Geschlechtsleib sich wandelnden — Leibes spricht, so spricht er damit gerade das Phanomen an, um das ich mich unausgesprochen in fruheren Arbeiten und ausgesprochen in Arbeiten der vergangenen Jahre bemuht habe, um dessen Erfassung und Beschreibung es auch in der nachfolgenden Studie gehen soll. Er spricht das Phanomen Leib an, als dessen Wandlungen — um Beispiele aus den genannten Arbeiten v. Gebsattels zu zitieren — auch der Arbeits-, Turn-, Marsch-, Kampfleib und der Tanzleib zu verstehen sind. In alledem ist, obschon solche Modifikationen des Leibes nur nach vorheriger reflexiver Erfassung zum Begriff erhoben und so sprachlich begriffen werden konnen, naturlich der gelebte, d. h. der praereflexive Leib gemeint, das Leibsein, in dem Reflexion wohl als Moglichkeit, implizit aber nicht verwirklicht, explizit enthalten ist, d. h. es handelt sich um Modifikationen des Leibes, der ich bin, im Unterschied zum Leib, den ich als Inhalt und Gegenstand meines reflektierenden Bewustseins habe.

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