Olaf Schnur
University of Tübingen
Network
Latest external collaboration on country level. Dive into details by clicking on the dots.
Publication
Featured researches published by Olaf Schnur.
Archive | 2008
Olaf Schnur
Schon seit Ende des 19. Jahrhunderts ist das Interesse an der Struktur und Prozesshaftigkeit städtischer Lebenswelten groß, sicherlich nicht zuletzt aufgrund der Alltagserfahrungen der Forscher in ihren eigenen sich verändernden Wohnumfeldern. Die enorme Urbanisierungsdynamik zeigte sich immer schon auch auf der „Quartiers“-Ebene. Selbst auf ein „Quartier“, das vermeintlich wenig veränderlich ist, kann mitunter eine turbulente Zukunft warten. Ein gutes Beispiel dafür ist der New Yorker Stadtteil Harlem, der – verursacht durch veränderte Rahmenbedingungen – binnen weniger Jahre eine rasante Karriere von einem als „Getto“ verrufenen Neighborhood zu einem „angesagten Ort“ durchlief (die Anfänge dieses Prozesses wurden bereits von Schaffer & Smith 1986 beschrieben). Der permanente Wandel – egal ob plötzlich oder stetig – ist systemimmanent, denn „Quartiere“ konstituieren sich vor allem durch ihre Bewohner und deren Wertesysteme, deren lokale und translokale soziale Vernetzung, deren Lebenszyklen, -lagen und -stile und die damit verbundenen Wohnstandortbzw.
Archive | 2011
Olaf Schnur; Matthias Drilling
Der demografische Wandel geniest als Megatrend unserer Zeit eine erhohte Aufmerksamkeit (vgl. Bertelsmann-Stiftung 2003). Wahrend Herwig Birg die „demographische Zeitenwende“ kommen sieht (Birg 2001) und Juliane Roloff an den „demographischen Faktor“ erinnert (Roloff 2003), beschwort Frank Schirrmacher gar ein „Methusalem-Komplott“ (Schirrmacher 2005). Das Berlin-Institut skizziert medienwirksam und mit der Macht der Kartografie die „demographische Zukunft der Nation“ (Berlin-Institut [Hrsg.] 2004). Die Ausstellung „Shrinking Cities“, ein Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes, war weltweit ein Publikumserfolg und brachte auch wichtige Publikationen hervor (z.B. Oswalt 2004, 2005). In Fernsehsendern laufen Themenwochen zum Thema Alterung und sogar ein utopisches Fernsehspiel mit dem vielsagenden Titel „Aufstand der Alten“ wurde produziert. Auch einflussreiche Printmedien wie „Der Spiegel“, „Die Zeit“ oder „Geo“ haben immer wieder Titelgeschichten zum Thema publiziert. Meist werden z.B. volkswirtschaftliche Schaden aufgrund uber-oder fehldimensionierter Renten- und Sozialversicherungssysteme, die „Verodung und Verblodung“ ganzer Regionen (Ulf Matthiesen im Tagesspiegel, 12. 7. 2003), schrumpfende Stadte und Stadtregionen, die Bewertung des „Altseins“ in einem gesellschaftlichen Kontext etc. verhandelt.
Archive | 2012
Olaf Schnur
Seit es Stadtforschung gibt, wird es in schoner Regelmasigkeit prognostiziert: Das Aus fur die Nachbarschaft. Bereits im 19. Jahrhundert war es die ursprungliche dorfliche Gemeinschaft, die sich mit Beginn der Industrialisierung mit einem Erosionsprozess konfrontiert sah und schlieslich in einer neuen, urbanen Form der Nachbarschaft aufging. Auch im Ubergang von der Industriemoderne zur Nachkriegsmoderne schien – unabhangig von Stadt oder Land – Nachbarschaft ausgedient zu haben, weil Errungenschaften der standardisierten Massenproduktion wie Telefon und VW Kafer eine auf Nahe basierende Interaktion obsolet zu machen schienen (Webber 1963). Dieser Effekt hat sich in der Transition von der Moderne zur Post- oder Zweiten Moderne auf einem hoheren Skalenniveau praktisch wiederholt: Die okonomische Globalisierung, sinkende Transportkosten und die zeitlich-raumliche Vernetzung durch das Internet stellen Nachbarschaft als lokal verankerte Kategorie zunehmend infrage („Entbettung“ nach Giddens 1988; Albrow 2007).
Archive | 2009
Olaf Schnur; Matthias Drilling
„Manche Begriffe“, schrieb kurzlich Gunnar Folke Schuppert vom Wissenschaftszentrum Berlin, „haben eine beachtliche Karriere gemacht“ (Schuppert 2006). Governance zahlt er zu diesen Begriffen mit derzeitiger Hochkonjunktur in Wissenschaft und Praxis. Heute existieren nahezu gleichviel Bedeutungen von Governance wie es Disziplinen und Handlungsfelder gibt. Prazisierungen versuchen, das jeweils Eigene herauszuschalen: Local, Regional oder Global Governance versuchen deutlich zu machen, dass es Formen von Regulierung auf unterschiedlichen Masstabsebenen gibt, die Paarungen Governance by, without oder with Government wollen auf den Anteil von Staatlichkeit bzw. Selbstorganisation beim Regieren verweisen, und das durch die Weltbank eingefuhrte Good Governance attributiert Regierungsformen mit ihrer Erwunschtheit.
Archive | 2013
Olaf Schnur; Matthias Drilling; Philipp Zakrzewski
Debatten um Immigration und Integration sind in Deutschland, aber auch in anderen europaischen Landern seit Jahren allgegenwartig. Diskutiert wird meist auf der Makroebene: Wer soll wohin kommen durfen? Wer nicht? Wer darf bleiben, wer muss gehen? Wie viel Zuwanderung konnen wir „vertragen“? Wie viel Zuwanderung ware angesichts demographischer Schrumpfung notwendig? Wie konnen wir Zuwanderung regeln? Wie gehen wir mit den Zugewanderten und den Nachfolgegenerationen um? Die Beitrage reichen von boulevardesken Provokationen wie Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ bis hin zu konstruktiven Beitragen wie Mark Terkessidis’ „Interkultur“.
Archive | 2012
Matthias Drilling; Olaf Schnur
Als im Jahr 1984 die norwegische Ministerprasidentin Gro Harlem Brundtland zur Vorsitzenden der Weltkommission fur Umwelt und Entwicklung berufen wurde, war dies nach den Kommissionsberichten „Das Uberleben sichern“ (Nord-Sud Kommission 1980) sowie „Die gemeinsame Sicherheit“(Independent Commission on Disarmament and Security Issues 1982) der dritte Auftrag fur die Erarbeitung eines weltumspannenden politischen Handlungsdispositivs, fur den die Generalversammlung der Vereinten Nationen Verantwortung ubernahm. In ihrem Abschlussbericht weist die Kommission zwar im Geiste der Berichte des Club of Rome (Colombo & Turani 1986; Meadows 1974) auf die Grenzen von einseitig auf monetaren und kurzfristigen Nutzen hin ausgerichtete Wachstums- und Entwicklungsstrategien hin. In einem weiteren Schritt versucht sie aber auch, ein alternatives, vor allem generationenubergreifendes Entwicklungsszenario zu entwerfen und die bisher als konfliktar angesehene Beziehung zwischen den Zielen „Wachstum“ und „Erhaltung der naturlichen Umwelt“ aufzubrechen. Dazu fuhrt die Kommission den Begriff der „dauerhaften Entwicklung“ ein: „Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedurfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass kunftige Generationen ihre eigenen Bedurfnisse nicht befriedigen konnen.“ (Hauff 1987: 46)
Archive | 2019
Oliver Niermann; Olaf Schnur; Matthias Drilling
Durch die wachsende Relevanz stadtischen Wohnens und Lebens, die zunehmende Digitalisierung und Quartarisierung von Erwerbsarbeit, die Transformation der Guterproduktion im Rahmen einer wissensbasierten Okonomie oder den sich verandernden Umgang mit Ressourcen wandelt sich auch die Art, wie sich Arbeit und Produktion im stadtischen Kontext organisieren und verorten. „Okonomie im Quartier – von der sozialraumlichen Intervention zur Postwachstumsgesellschaft?“ – zu diesem ubergreifenden Themenfeld tagte der „Arbeitskreis Quartiersforschung“ anlasslich seiner Jahreskonferenz 2016 in Kooperation mit dem Zentrum fur Transformationsforschung und Nachhaltigkeit (TransZent) in Wuppertal. Im Rahmen der Tagung ist es gelungen, den weiten Bogen von der klassischen „modernen“ Intervention im Quartier bis hin zu neueren „postmodernen“ Konzepten nachhaltiger Quartiersentwicklung zu spannen. Dabei wurde deutlich, wie sich die Betrachtungsebenen zum Teil mischen und auch verschieben: Wahrend traditionelle Interventionsstrategien in der Regel – trotz aller partizipativer Bemuhungen – „top down“ gedacht werden, gehen Postwachstumsansatze starker von „bottom up“-Initiativen aus. Im ersten Falle geht es mehr um Good Governance im Bereich der Forderung lokaler Okonomien, im letzteren Fall eher um die Co-Produktion der Stadt „von unten“, um soziale Innovation und Resilienz.
Archive | 2017
Carlo Fabian; Matthias Drilling; Oliver Niermann; Olaf Schnur
Beschaftigt man sich mit dem Thema „Quartier und Gesundheit“, konnen unterschiedliche Blickwinkel eingenommen resp. verschiedene Schwerpunkte gesetzt werden. Man kann beispielsweise der Frage nachgehen, welche Belastungen im Kontext eines Quartiers anzutreffen sind, um dann Masnahmen zu entwickeln, wie man diese Risikofaktoren verringern oder eliminieren kann.
Archive | 2014
Olaf Schnur
Quartiersforschung = Stadtforschung plus X. Mit dieser Formel konnte man vielleicht den Rahmen heutiger Aktivitaten im Bereich der Quartiersforschung zusammenfassen. Ob Evaluation, urbane Programm- oder Theoriedebatten – ein bisschen „Quartier“ ist meist inklusive. So ist „Research“ in Quartieren, „Milieus“, Wohnumfeldern etc. heute weit verbreitet, sowohl im praxisorientierten Sektor (Immobilien, Stadtentwicklung) als auch im theoretischen Bereich. Daruber hinaus sehen wir uns mit einer Vielfalt planungspolitischer, praktischer Interventionen in Quartieren konfrontiert (oft ebenfalls begleitend „beforscht“).
Archive | 2014
Olaf Schnur
Die Kategorie „Quartier“ hat in den letzten Jahren sowohl in Politik, Planung und Verwaltung als auch in der Wissenschaft in Gestalt der Quartiersforschung an Bedeutung gewonnen. Dabei treffen implizit oder explizit oft unterschiedliche Raumkonzepte aufeinander: der administrative Container-Raum etwa in Form von statistischen Gebieten und eher sozialplanerische oder subjektive Vorstellungen von Quartier, die den alltaglichen Lebenswelten entspringen. Geht man von einer sozialgeographisch motivierten Quartiers-Definition aus, so haben wir es bei einem „Quartier“ mit einem kontextuell eingebetteten, durch externe und interne Handlungen sozial konstruierten, jedoch unscharf konturierten Mittelpunkt-Ort alltaglicher Lebenswelten und individueller sozialer Spharen zu tun, deren Schnittmengen sich im raumlich-identifikatorischen Zusammenhang eines uberschaubaren Wohnumfelds abbilden (nach Schnur 2008: 40). Ein so verstandenes Quartier zeichnet sich durch unscharfe Abgrenzungen aus, die es als einen „fuzzy place“ erscheinen lassen (ebd.: 40ff.).