Steve Stiehler
University of St. Gallen
Network
Latest external collaboration on country level. Dive into details by clicking on the dots.
Publication
Featured researches published by Steve Stiehler.
Archive | 2015
Christian Reutlinger; Steve Stiehler; Eva Lingg
Was heist es also, Nachbarschaften aus einer sozialraumlichen Perspektive aufzuschliesen und das Herstellen von Nachbarschaften resp. das Nachbarschaften-Machen ins Zentrum der Betrachtung zu stellen? Lothar Bohnisch schreibt bezuglich der sozialen Unterstutzungssysteme, dass „die soziale Beziehungen generierenden, sozial unterstutzenden und netzwerkfordernden Funktionen von Nachbarschaft nicht von vornherein durch die raumliche Nahe bestimmt (Hadorn 2012) werden, sondern sich erst sozialraumlich konstituieren“ (▶ siehe Bohnisch i.d.B.). In einer solchen Perspektive erhalt das Individuum mit seinem Korper an einem Ort bestimmte Moglichkeiten, Nachbarschaften zu leben, sich diesbezuglich zu engagieren oder auch andere zu unterstutzen und Unterstutzung zu erhalten.
Archive | 2015
Christian Reutlinger; Steve Stiehler; Eva Lingg
Je nach Betrachtungsstandpunkt, Gestaltungsfrage oder Akteursperspektive werden andere Konstellationen des Zusammenspiels aus der sozialen und raumlichen Dimensionen relevant. Gleichzeitig verdeutlichen die Diskussionen um die Starke der Ortsbindung bei der Frage des Wohnortes, dass heute „in Nachbarschaften leben“, eine hoch individualisierte Angelegenheit darstellt bzw. jeweils soziale, biographische und raumliche Komponenten aufeinander treffen, mit denen dann individuell umgegangen wird. Idealtypisch hat Paul Reuber (1993) den Grad individueller Verbundenheit mit dem Wohnort herausgearbeitet, indem er zwischen der „rationalen Ortsbindung“ (Wohnort durch Verstand gewahlt), der „sozialen Ortsbindung“ (Verbundenheit mit bestimmten Menschen), der „emotionalen Ortsbindung (emotionale Bindung an den Wohnort durch die zeitliche Wohndauer) bis hin zur „lokalen Identifikation“ (emotional „Sich-Gleich-Setzen“ mit dem Wohnort) unterscheidet (S. 114ff.).
Archive | 2015
Christian Reutlinger; Steve Stiehler; Eva Lingg
In vielen Landern der Europaischen Union lassen sich in den vergangenen Jahrzehnten initiierte oder noch laufende Programme, Projekte und Initiativen benennen, welche auf die Starkung lokaler Vergemeinschaftung setzen, um daruber ganz unterschiedliche soziale Herausforderungen (wie bspw. Uberalterung, Vereinsamung, Armut, Gewalt, soziale Ausgrenzung, gesellschaftliche Spaltung) angehen oder gar losen zu konnen. In der Einleitung wurde eine Auswahl solcher Programme vorgestellt, die geleitet werden von der Ideologie „guter“ Gemeinschaft, welche sich im lokalen Raum verorten lasst.
Archive | 2015
Christian Reutlinger; Steve Stiehler; Eva Lingg
In den folgenden Ausfuhrungen sollen die wesentlichen Diskurse der Thematisierungsphase von Nachbarschaft in den 1960er Jahren nachgezeichnet werden. Diese Diskurse um Nachbarschaft sind von einem Spannungsverhaltnis zwischen der traditionellen Stadtplanung und ihren Funktionsanspruchen einerseits sowie der aufstrebenden Gemeindesoziologie mit ihrer erweiternden Perspektive auf soziale Zusammenhange andererseits gekennzeichnet. Entsprechend verwundert die Vielzahl der Publikationen zur Nachbarschaft nicht und einige davon stellen heute noch grundlegende Bezugspunkte dar, auf die in den aktuellen Nachbarschaftsdiskursen (zum Teil bewusst und zum Teil unbewusst) rekurriert wird.
Archive | 2015
Christian Reutlinger; Steve Stiehler; Eva Lingg
Im Rahmen der allgemeinen Tendenz, gesellschaftliche Wirklichkeit mit raumlichen Begrifflichkeiten und Raummetaphern zu deuten resp. zu ordnen, wird auch die Nachbarschaft vermehrt ins Zentrum praktisch-gestalterischer Aktivitaten von Sozialpolitik, Stadtentwicklung, Raumplanung oder Sozialer Arbeit geruckt. Im Zuge dessen wird innerhalb politisch initiierter Forder- und Aktivierungsprogramme versucht, nachbarschaftliche Hilfe- und Unterstutzungssysteme aufzubauen, nahraumliche Netzwerke zu starken oder allgemeiner den sozialen Zusammenhalt resp.
Archive | 2015
Christian Reutlinger; Steve Stiehler; Eva Lingg
Frei, unabhangig, ungebunden, mobil, flexibel – diese und ahnliche Stichworte, welche euphorisch die positiven Seiten der individuellen Gestaltbarkeit des eigenen Lebens betonen, verweisen insgesamt auf einen neuerlichen „Individualisierungsschub“, welcher in den letzten vier Dekaden des 20. Jahrhunderts in verstarktem Masse dazu fuhrte, dass Individuen aus der „Dominanz gesellschaftlicher Vorgaben und Normen“ befreit wurden (Junge 2002, S. 40). Die soziale Herkunft ist immer weniger determinierend fur das Handeln und die Lebensfuhrung des Einzelnen, vielmehr wird der Mensch zum Gestalter seiner eigenen Biographie (vgl. Beck 1986). Diese Fokussierung auf das Individuum und seine biografischen Bewaltigungs- oder Gestaltungsherausforderungen – abzulesen bspw. auch an einer Dominanz psychologischer Erklarungsmuster sozialer Zusammenhange – vermag zu erklaren, dass in den 1980ern und bis Anfang der 1990er Jahre Diskussionen um (lokale) Gemeinschaftlichkeit eher in den Hintergrund ruckten oder wie der Nachbarschaftsdiskurs fur einige Zeit ganzlich von der Bildflache verschwand.
Archive | 2015
Christian Reutlinger; Steve Stiehler
Die von Lothar Bohnisch aufgearbeiteten unterschiedlichen Moglichkeiten, wie Nachbarschaft im derzeitigen Vergesellschaftsprozess konstruiert wird, aber auch die in Teil II rekonstruierte Geschichte des Nachbarschaftsdiskures verdeutlichen die Vielgestaltigkeit und Komplexitat des sozialraumlichen Phanomens Nachbarschaft. Die bisherigen Ausfuhrungen legen auch dar, dass bislang keine tragfahige und fundierte Nachbarschaftstheorie, weder aus der Soziologie noch aus der Planung existiert. Vor diesem Hintergrund und durch die aufgezeigte Tatsache, dass die derzeit den Diskurs dominierenden Diskussionen sich bei der Erklarung des Sozialen auf bestimmte Aspekte beziehen, dabei jedoch bald an ihre Grenzen stosen, macht es keinen Sinn, sich fur die theoretische Fundierung des Nachbarschaftskonzeptes auf eine bestimmte theoretische Diskussion zu beschranken.
Archive | 2015
Christian Reutlinger; Steve Stiehler; Eva Lingg
Die raumliche Vergewisserung verdeutlicht, dass sich die historischen und theoretischen Bezugspunkte der ausufernden Rede um Nachbarschaft auf einen engen „definitorischen Kern“ sowie auf tradierte Vorstellungen bezieht. Weiterentwickelt oder hinterfragt wurde dieser definitorische Kern von Nachbarschaft bisher kaum. Wir vertreten deshalb die These, dass gerade diese in den diversen Programmen verbreiteten Vorstellungen von Nachbarschaft – bleiben sie weiterhin unhinterfragt – kein geeignetes Instrumentarium darstellen, um differenzierte wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Und auch als alleinige Grundlage fur die diversen Handlungsfelder der Praxis erweisen sie sich als ungeeignet, denn sie enthalten Verkurzungen und bergen dadurch die Gefahr einseitiger Masnahmen, die ins Leere laufen.
Archive | 2015
Christian Reutlinger; Steve Stiehler; Eva Lingg
Die Verhaltnisbestimmung Ortlich und Sozial wird im Vorfeld professioneller Gestaltungseingriffe vielfach mit folgender Ausgangsdiagnose vorgenommen: In so genannten „traditionellen Gesellschaften“ waren tendenziell „raumliche und zeitliche Komponenten uber soziale Regelungen, uber Traditionen, auf festgefugte Weise gekoppelt“ (Werlen 1995, S. 102). Fur „traditionelle Gesellschaften“ ist weiter charakteristisch, dass „die Wirkzonen der einzelnen Handelnden […] raumlich begrenzt und uber lange Zeit hinweg relativ stabil [waren]. Tagliche Routinen wiederholen sich in raum-zeitlicher Hinsicht uber ganze Lebensspannen hinweg, auf denselben Pfaden, im Rahmen derselben Aktionsreichweiten.
Archive | 2015
Christian Reutlinger; Steve Stiehler; Eva Lingg
Die Trennung in einen Flachen- und Sozialraum, die im Rahmen der bisher verbreiteten Vorstellung von Nachbarschaft vorgenommen wird, bildet den Ausgangspunkt fur unterschiedliche disziplinare Perspektiven auf Nachbarschaft, wie eingangs bereits dargestellt wurde. Diese Perspektiven nehmen – ausgehend von disziplinaren Fragestellungen – unterschiedliche Aspekte von Nachbarschaft in den Blick. Architektur und Stadtplanung fokussieren vor allem auf Gebaude, Ausenraume, Anordnungen, Freiflachen, Erschliesungswege und auf deren Gestaltung mit der Absicht, durch bewusste Eingriffe auch „das Soziale“ mitzugestalten. Soziale Arbeit hingegen arbeitet im Kontext von Nachbarschaft vor allem mit Menschen an und mit ihren Beziehungen und nimmt auserdem deren Lebenssituation und -lage in den Blick.