Claudia Ritzi
Helmut Schmidt University
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Publication
Featured researches published by Claudia Ritzi.
Archive | 2014
Claudia Ritzi
Die Ausfuhrungen in den vorherigen Kapiteln haben verdeutlicht, dass die politische Offentlichkeit eine zentrale Kategorie in der empirischen Untersuchung der postdemokratischen Krisendiagnose sein sollte. Schlieslich fuhren jene Verfallsprozesse, die von Crouch, Ranciere und Wolin als typisch fur postdemokratische Entwicklungen beschrieben werden, gemas der erorterten Krisendiagnosen nicht (jedenfalls nicht in erster Linie) zu Veranderungen der institutionellen Struktur politischer Systeme, sondern, vermittelt uber eine Hegemonie neoliberaler Argumentationsformen zu Verschiebungen politischen Einflusses und politischer Entscheidungsmacht, die an den demokratischen Institutionen vorbei wirksam werden kann. Ein solcher Prozess muss – anders kann kulturelle Hegemonie im Sinne Gramscis bzw. Deutungsmacht in der Terminologie Vorlanders nicht wirksam werden – entweder mit direkten Auswirkungen auf die offentlichen Diskurse in einer politischen Gemeinschaft einhergehen (der zum Beispiel durch die zunehmende Relevanz neoliberaler Argumente sichtbar wird) oder zumindest indirekte Auswirkungen auf die Struktur offentlicher Kommunikation haben (bspw. ist anzunehmen, dass sich veranderte gesellschaftliche Machtstrukturen in der Offentlichkeit in einer Verschiebung der Sprecherrollen unter den verschiedenen Akteursgruppen widerspiegeln wurden).
Archive | 2012
Oliver W. Lembcke; Claudia Ritzi; Gary S. Schaal
Unter den „Klassikern des politischen Denkens“ sind Demokraten kaum zu finden. Selbst die Grundung der „more perfect Union“ gegen Ende des 18. Jahrhunderts im Mutterland der modernen Demokratie, den USA, sollte nach dem Willen ihrer Verfassungsvater, der Federalists, eine republikanische und keine demokratische Ordnung institutionalisieren (vgl. Ackerman 1993). Das alte Rom mit seiner Mischverfassung, einer Verbindung aus demokratischen (Burgerschaft), aristokratischen (Senat) und monarchischen Elementen (Magistrat), war ihnen Vorbild, nicht hingegen das antike Athen mit seiner direkten Demokratie, dessen Geschichte genug Zeugnis fur die Verfuhrbarkeit der Massen liefert.
Archive | 2016
Oliver W. Lembcke; Claudia Ritzi; Gary S. Schaal
Die Differenzierung zwischen normativen und empirischen Ansatzen steht in einer langen Traditionslinie innerhalb der Politikwissenschaft. Es ist daher einerseits naheliegend, gemas dieser Leitdifferenz auch die beiden Bande eines Lehrbuches zur zeitgenossischen Demokratietheorie zu gliedern. Andererseits ist die Zuordnung von Demokratietheorien zur Gruppe der normativen bzw. der empirischen Ansatze in vielen Fallen kein leichtes Unterfangen. Denn nur scheinbar gibt es eine klare Grenze zwischen Theorien, die primar an der Entwicklung normativer Standards zur Organisation des politischen Gemeinwesens orientiert sind, und Theorien, die ihr argumentatives Gerust entlang von empirischen Beschreibungen der politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten aufbauen.
Archive | 2014
Claudia Ritzi
Zum Zweck der theoretischen Verortung des Postdemokratie-Diskurses ist es zunachst sinnvoll, den historischen Kontext zu skizzieren, unter dem die postdemokratischen Krisendiagnosen formuliert wurden: Nie zuvor schien das liberale Demokratiemodell anderen Regierungs- und Staatsformen so uberlegen zu sein wie es in den ersten Jahren nach dem Ende des Kalten Krieges der Fall war. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion anderte sich nicht nur die militarische Bedrohungslage fur die westlichen Demokratien schlagartig, auch der ideologische Kampf zwischen Sozialismus und Demokratie schien zugunsten des liberalen Modells entschieden worden zu sein. Doch die Euphorie uber die viel versprechende Zukunft der Demokratie westlichen Vorbilds und ihre friedensstiftende Kraft, die viele Politikwissenschaftler verspurten und die ihren wohl pragnantesten Ausdruck in Francis Fukuyamas beruhmter These vom „End of History“ fand (Fukuyama 1989, 1992), hielt nur kurz an. Bereits in den 1990er Jahren mundete die politikwissenschaftliche Diskussion uber die Gegenwart und Zukunft der Demokratie wieder haufiger in Krisendiagnosen, wobei die Rede von der „Postdemokratisierung“ seit einigen den entsprechenden Diskurs beherrscht.
Archive | 2014
Matthias Lemke; Claudia Ritzi; Gary S. Schaal
Vor dem Hintergrund der Analysen des zweiten Teils enthalt dieser Beitrag eine Bestandsaufnahme der Okonomisierungsforschung und skizziert einen Ansatz fur ein Okonomisierungskonzept, das die substanzielle Policy-Forschung mit der ideativ-sprachlichen Ebene von Okonomisierung verbindet. Mit diesem Ansatz bliebe die methodische und empirische Heterogenitat der Policy-Forschung gewahrt. Gleichzeitig liese sich durch die systematische Erschliesung der Okonomisierungsdiskurse eine tragfahige Einschatzung formulieren, inwieweit okonomische Logiken auf gesamtgesellschaftlicher Ebene hegemonial geworden sind.
Archive | 2014
Claudia Ritzi
Im Anschluss an die Darstellung der theoretischen Grundlagen im vorherigen Kapitel stellt sich nun die Frage nach der Bewertung des systematischen Ertrages des Postdemokratie-Diskurses. Diese erscheint im Fall der Postdemokratie besonders relevant, da der Begriff und die damit verbundenen theoretischen Konzepte – vor allem die Arbeiten von Colin Crouch – in der Literatur mehrfach scharf kritisiert wurden. So bemangelt beispielsweise Ingolfur Bluhdorn, dass fast alle Ausfuhrungen zur Postdemokratie „uneingeschrankt an den traditionellen Normen der Demokratie“ (Bluhdorn Vorgange 2010, S. 51, ; vgl. auch Bluhdorn, Demokratie! Welche Demokratie? Postdemokratie kritisch hinterfragt, 2012) festhielten und somit nicht dazu in der Lage seien, eine angemessene Bewertung des aktuellen Zustands von Demokratie am Beginn des 21. Jahrhunderts vorzulegen. Dirk Jorke kritisiert die geringe Trennscharfe des postdemokratischen Begriffsverstandnisses im politikwissenschaftlichen Diskurs, die er nicht zuletzt auf seine verschiedenen Entstehungs- und Verwendungskontexte und deren mangelhafte Integration zuruckfuhrt. Die Unangebundenheit der verschiedenen postdemokratischen Konzepte fuhrt nach seiner Ansicht zu einer geringen theoretischen Stringenz und Koharenz des Diskurses (Jorke Vorgange 2010 S. 19 ff.). Laut Jan-Werner Muller taugt die Postdemokratie deshalb auch bestenfalls als „Warnbegriff“ (Muller, Neue Zurcher Zeitung, 2012). Ahnlich bemangelt Walter Reese-Schafer (Politische Theorie der Gegenwart in achtzehn Modellen, 2012, S. 221) mit Blick auf Crouchs Arbeiten zum Begriff der Postdemokratie, dass „seine Vorschlage und Konsequenzen so ambivalent wie die Lage selbst“ blieben. Emanuel Richter geht noch weiter, indem er die Verwendung des Terms Postdemokratie als vorwiegend „polemisch“ kritisiert. Postdemokratie werde in erster Linie als „Reizbegriff“ gebraucht, und weise daher nur einen geringen explanatorischen Wert auf (Richter, Forschungsjournal NSB, 2006, S. 23).
Archive | 2014
Claudia Ritzi
Die vorliegende Arbeit verfolgte drei Zielsetzungen: Erstens sollte eine umfassende Rekonstruktion der theoretischen Grundlagen des Postdemokratie-Diskurses gegeben werden, die bislang trotz der vielfaltigen Beitrage zu diesem Diskurs noch ausgestanden hat. Denn obwohl die Rede von der Postdemokratie sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in den Massenmedien, wie Dirk Jorke (Vorgange 2010, S. 19) anmerkt, heute „nahezu ubiquitar“ zu sein scheint, hat sich bislang kaum ein Autor intensiv und wohl niemand umfassend vergleichend mit den von Colin Crouch, Jacques Ranciere und Sheldon Wolin vorgelegten Konzepten befasst. Zweitens versuchte die Arbeit, den systematischen Ertrag des Postdemokratie-Diskurses zu bestimmen. Dabei wurde zunachst gefragt, ob es sich bei den Krisendiagnosen der drei Autoren um koharente Bestimmungen des Zustands westlicher Demokratien am Beginn des 21. Jahrhunderts handelt und worin dieser besteht. Auserdem wurde hier gepruft, ob die These der Postdemokratisierung im Vergleich zu einflussreichen alteren Krisendiagnosen einen innovativen Beitrag zur politischen Theoriebildung geleistet hat. Und drittens wurde eine offentlichkeitstheoretische Reformulierung des Konzeptes der Postdemokratie vorgenommen, die dessen theoretische Prazision und empirische Uberprufbarkeit verbessern soll, so dass der Diskurs uber Postdemokratisierungs-Tendenzen in westlichen Demokratien nicht langer unter dem Defizit leidet, keine verlasslichen empirischen Belege seiner Thesen vorlegen zu konnen. Dazu wurde nicht nur eine Bestimmung der offentlichkeitstheoretischen Grundlagen des Postdemokratie-Diskurs vorgenommen, sondern unter anderem auch ein concept tree entwickelt, der empirische Studien zur Uberprufung der postdemokratischen Hypothesen anleiten kann. Abschliesend gilt es nun, zentrale Ergebnisse zusammenzufassen und einen Ausblick auf die Perspektiven des Konzeptes der Postdemokratie zu geben.
Archive | 2014
Claudia Ritzi; Vanessa Kaufmann
Der Beitrag widmet sich der deutschen Familienpolitik und zeigt anhand einer Auswertung der Familienberichte der Bundesregierung, inwieweit sich der offentliche Sprachgebrauch hinsichtlich des familienpolitischen Leitbildes gewandelt hat.
Archive | 2014
Sebastian Dumm; Claudia Ritzi
Der Beitrag untersucht die Wege, auf denen das Besondere der Okonomisierung der Politik in den letzten rund dreisig Jahren empirisch identifiziert und mit Hilfe verschiedener Methoden analysiert worden ist. Dabei wird deutlich, wie vielfaltig die Forschungsdesigns zur Analyse von Okonomisierungsprozessen sein konnen. Denn sie decken das breite Spektrum von der Beschaftigung mit Policy Outputs bis hin zur Diskursanalyse ab.
Archive | 2012
Claudia Ritzi
Eine zentrale Aufgabe der Demokratie ist fur feministische Theoretiker das stetige Streben nach einer gerechten Gesellschaftsordnung. Damit verbunden ist das Ideal, dass allen Burgern entsprechende Lebenschancen und gleiche politische Einflussmoglichkeiten gewahrt werden mussen. Doch obwohl in modernen Gesellschaften rechtliche Gleichheit garantiert wird, bestehen bis heute wesentliche Unterschiede zwischen Mannern und Frauen hinsichtlich des durchschnittlichen soziookonomischen Status, aber auch der politischen Beteiligung und Teilhabe am offentlichen Leben. Dies zeigt, dass die formale, das heist masgeblich rechtliche Gleichberechtigung der Geschlechter allein nicht ausreicht, um Gerechtigkeit herzustellen. Neben der Identifikation der Ursachen fur die bestehenden Differenzen zwischen weiblichen und mannlichen Lebensrealitaten zahlt die Suche nach Moglichkeiten zur erfolgreichen Gleichstellung beider Geschlechter zu den wesentlichen Gegenstanden der feministischen Demokratietheorie – was u. a. ihre typische Nahe zur politischen Praxis erklart.