Matthias Grundmann
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Publication
Featured researches published by Matthias Grundmann.
Archive | 2008
Matthias Grundmann
In der Capability-Forschung wird Handlungsbefahigung vor allem daran gemessen, was Menschen zu einem selbststandigen Leben befahigt. Gefragt wird z. B. danach, wie deprivierte Bevolkerungsgruppen durch Bildung zu einem Leben in relativem Wohlstand befahigt werden konnen. Dabei wird Handlungsbefahigung als eine Handlungsressource definiert, die sich im Wissen um Handlungsalternativen und den Moglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe ausert. Sie definiert sich uber die Fahigkeit, Wissen und Konnen fur eine „optimale“ personale und soziale Wohlfahrtsproduktion einzusetzen (Kuklis 2005). Daher wird auch Bildung eine zentrale Bedeutung fur die Bestimmung von Handlungsbefahigung zugeschrieben. Nach Sen (1999) ermoglicht sie eine intelligente Wahl zwischen unterschiedlichen Typen der Lebensfuhrung. Diese humankapitalistische Definition von Handlungsbefahigung stost an ihre Grenzen, wenn die erfahrungsweltlichen Grundlagen personaler Handlungsbefahigung erkundet werden sollen. In diesem Fall reicht es namlich nicht aus, Indikatoren wie Bildung und Lebensstandard fur die Wohlstandsproduktion und des Wohlbefindens zu bestimmen. Vielmehr gilt es, die Genese personaler Erfahrungen und individuellen Handlungswissens aus den konkreten Lebenszusammenhangen heraus zu rekonstruieren, in denen Menschen eingebunden sind. Auf diese Weise wird die sozialstrukturelle und vor allem auch alltagskulturelle Verankerung von Handlungsbefahigung sichtbar. Der vorliegende Beitrag zielt auf eine solche sozialisationstheoretische Bestimmung von Handlungsbefahigung. Zu diesem Zweck wird die im Capability-Ansatz vorherrschende instrumentelle Herleitung von Handlungsbefahigung sozialisationstheoretisch aufgebrochen.
Archive | 1998
Matthias Grundmann
Im vorliegenden Aufsatz wird der Frage nachgegangen, wie sich die kognitive Kompetenz, die Schulleistungen und der Bildungserfolg bei Kindern aus unterschiedlichen sozialen Milieus entwickelt. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf das von Armut betroffene Milieu der ungelernten Arbeiter gerichtet, welches durch intergenerationale Deprivationszirkel gekennzeichnet ist. Bezogen auf die Deprivations- und die neuere Armutsforschung wird angenommen, das Kinder aus diesem Milieu durch kumulative Risiken in ihrer Entwicklung beeintrachtigt werden. Diese Uberlegungen werden in Hinblick auf neuere Befunde der Lebensverlaufs- und sozialstrukturellen Sozialisationsforschung erganzt, die darauf hinweisen, das bei diesen kumulativen Risiken keinesfalls von einer linearen Kombination lagespezifischer Ressourcen und Opportunitatsbedingungen und familialen Sozialisationsbedingungen ausgegangen werden kann. Vielmehr, so wird begrundet, ergeben sich die Risiken aus den spezifischen Anforderungen an familiale Interaktionsstrukturen in den unterschiedlichen Milieus. Diese fuhren zu unterschiedlichen Bewertungen identischer familialer Sozialisationsbedingungen in den sozialen Milieus und damit zu unterschiedlichen Konsequenzen der Sozialisationsbedingungen fur die kindliche Entwicklung. Aufgrund neuerer Befunde aus der Unterstutzungs- und der Sozialisationsforschung wird daruber hinaus argumentiert, das sich die Einflusse der sozialen Lage und der familialen Sozialisation auf die kognitive Entwicklung und die Leistungsentwicklung deutlich unterscheiden konnen. Um den spezifischen Einflus der familialen Sozialisation von dem Einflus der sozio-okonomischen Ressourcen der Herkunftsfamilie zu trennen, wird gepruft, inwieweit die lagespezifischen Entwicklungen der Leistungsund der kognitiven Kompetenzentwicklung uber familiale Sozialisationsprozesse vermittelt werden.
International Journal of Behavioral Development | 1996
Matthias Grundmann
This study uses retrospective life history data to investigate the developmental implications of the socio-cultural meaning of father absence, as expressed in the family formation of German men who are members of two birth cohorts, 1929-31 and 1939-41. Mass mobilisation for military service during World War II exposed large numbers of these men to father absence for an extended time span, but it did so at different ages in their lives. The developmental consequences are specified by the life stage principle: Social change has different effects for people of different ages. However, the normative character of father absence during the war may have diminished this difference and assigned greater risk to the lives of men who experienced father absence before or after World War II. The data analyses consistently support the historical hypothesis. Only men who encounter father absence before or after World War II show a pronounced delay in the transition to parenthood. Father absences that were war-related actually accelerated the transition of men to fatherhood according to event history analyses.
Archive | 1997
Ineke Maas; Matthias Grundmann; Wolfgang Edelstein
In diesem Aufsatz wird der Einflus psychischer Gesundheit auf die intergenerationale Transmission von Bildung untersucht. Dazu wird auf eine DreiGenerationen-Studie in Island zuruckgegriffen. Diese Studie verbindet zwei — bisher in der Bildungs- und Gesundheitsforschung getrennt analysierte — Aspekte der Bildungsvererbung: die soziale Selektion von Bildung und die Rolle psycho-sozialer Merkmale der Person in diesem Prozes. Die Zusammenhange von Herkunftsschicht und Gesundheit der Kinder und von Herkunftsschicht und Bildungschancen der Kinder wurden mit der Studie bereits nachgewiesen (Bjornsson 1974; Bjornsson/Edelstein/Kreppner 1977; Thorlindson 1988). Im Gegensatz zu fruheren Auswertungen werden wir aber die multivariaten Beziehungen zwischen der Gesundheit der Kinder und mehreren Merkmalen der Herkunftsfamilie analysieren und auserdem der offenen Frage des Einflusses der Gesundheit auf den Bildungserfolg nachgehen. Vor allem wollen wir wissen, ob schichtspezifische Unterschiede in der psychischen Gesundheit bei der Erklarung der unterschiedlichen Bildungschancen von Kindern aus verschiedenen Herkunftsschichten eine Rolle spielen. Dies ist aus mehreren Grunden relevant. Die Bildungsforschung zeigt, das nur ein Teil der Varianz des Bildungserfolgs aufgeklart werden kann, selbst wenn viele Merkmale der Herkunftsfamilien, der Kinder und der Schulumgebung berucksichtigt werden. Wichtiger noch erscheint, das individuelle und familiare Merkmale auch mir einen Teil des Zusammenhangs von Herkunftsschicht und Bildung der Kinder erklaren.
Archive | 2009
Matthias Grundmann
Die Frage nach den wohlfahrtsstaatlichen Leistungen der Vermogenden wird zunehmend virulent. Nicht zuletzt die zunehmende wirtschaftliche Spaltung der Bevolkerung in Arm und Reich lasst Zweifel an der Wohlfahrtsstaatsorientierung Vermogender aufkommen. Diese werden u.a. durch die Einkommens- und Ressourcenverteilung der Bevolkerung und die exorbitant ungleichen Gewinn- und Gehaltszuwachse geschurt, die seit etwa zwei Dekaden zu beobachten sind (Andres und Kronauer 2006: 44). Sie zeigen namlich, dass sich die Einkommensschere immer weiter spreizt (Andres und Kronauer 2006) und gleichzeitig die finanziellen Zuflusse der Vermogenden in die „Sozialkasse“ abnehmen bzw. von jeher vor allem von den Arbeitnehmern getragen werden (Lessenich 2005: 46). Diese Entwicklung kann jedoch nicht den Vermogenden selbst angelastet werden. Sie hat ihre Wurzeln in einem fursorglichen Sozialstaatsverstandnis, dass die Last der sozialen Fursorge dem politischen Gemeinwesen zuweist. Sie ist demnach politischer Natur.
Archive | 2011
Matthias Grundmann
Folgt man den aktuellen Armutsstudien und dem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, dann ist der Anteil der Kinder, die in Armut leben, in den letzten Jahren drastisch gestiegen, auch wenn die Zahlen aufgrund unterschiedlicher Berechnungsmodalitaten von Armutsgrenzen schwanken (Groh-Samberg 2009). Eindeutig ist jedoch, dass die Fursorgebedurftigkeit bei Kindern in den letzten Dekaden generell, insbesondere aber bei Kindern aus Armutsmilieus deutlich angestiegen ist. Sozial- und wohlfahrtsstaatspolitisch betrachtet ist diese Entwicklung skandalos, weil gerade Kinder und Jugendliche auf Schutz und Fursorge angewiesen sind und sie die „Zukunftstrager“ unserer Gesellschaft sind. Daher gebuhren ihnen auch besondere Aufmerksamkeit und Schutz. In diesem Zusammenhang stellt sich aber die Frage, ob und inwieweit die Umstellung von einem „fursorgenden“ zu einem „aktivierenden“ Sozialstaat (Lessenich, 2005) gerade jene Deprivationszirkel verscharft, denen Kinder aus Armutsmilieus ausgesetzt sind. Und: Wie kann die Soziale Arbeit auf die Anforderungen reagieren, die sich aus der Perspektive eines aktivierenden Sozialstaats fur ihre Arbeit mit Kindern aus Armutsmilieus ergeben? Diese Fragen zielen auf die sozialpolitische Verankerung der Wohlfahrtspflege und der Wohlfahrtsproduktion. Inwieweit, so konnte man die gestellten Fragen erganzen, gelingt es dem Sozialstaat noch, die Wohlfahrt breiter Bevolkerungsschichten zu sichern und hier insbesondere den besonders Bedurftigen wie den Kindern in Armutsmilieus jene basalen Verwirklichungschancen zu garantieren, die ihnen ein lebenswertes Leben ermoglichen? Kann die personale Wohlfahrt gerade auch bei extrem Deprivierten uberhaupt durch Selbstaktivitaten und Selbsthilfe gefordert werden, wie es im Modell des aktivierenden Sozialstaats gefordert wird?
Archive | 2010
Matthias Grundmann
Der Begriff der Sozialisation entstammt der gehobenen Alltagssprache. Mit ihm wird umschrieben, wie Menschen zur Teilhabe an gesellschaftlichem Leben befahigt werden, wobei zugleich die gesellschaftliche Bindung von Individuen hervorgehoben wird. Mit Sozialisation wird daher auch ein zentrales Problem der Soziologie angesprochen: der Makro-Mikro-Bezug sozialen Handelns und menschlicher Gemeinwesen. Zugleich entzundete sich an ihm auch eine Diskussion uber paradigmatische Zugange zur Bestimmung sozialen Handelns als entweder gesellschaftlich determiniert oder subjektiv konstruiert. Wie Menschen in die Gesellschaft eingebunden sind und sich an der Gestaltung ihrer sozialen Welt beteiligen, kann sowohl aus der Perspektive gesellschaftlicher Funktionszusammenhange als auch aus der Perspektive individueller Akteure thematisiert werden. In allen Gesellschafts- und Handlungstheorien, die mit je unterschiedlichem Gewicht Strukturen, Funktionen, Herrschafts- und Machtbeziehungen oder aber Wahrnehmungen, Motivationen oder Alltagsrationalitaten bemuhen, um das Zusammenspiel von Gesellschaft und Individuum zu erfassen, kommt dem Begriff der Sozialisation daher eine Schlusselposition zu.
Archive | 2013
Matthias Grundmann; Inga Hornei; Annekatrin Steinhoff
Wenn die Befahigung zu einer dem eigenen Anspruch nach ‚wertgeschatzten‘ Lebensfuhrung – wie sie im Capabilities-Ansatz fokussiert wird – nicht nur normativ unterstellt, sondern auch als praktische Handlungslogik begrundet werden soll, ist das komplexe Zusammenspiel von personlichen Handlungszielen und den realen Moglichkeiten ihrer praktischen Umsetzung empirisch aufzuschlusseln.
Archive | 2011
Matthias Grundmann
Eine zentrale Frage, die wir uns in der Vermogensforschung stellen, lautet: Inwieweit hangt die Bereitschaft Vermogender, ihren Reichtum gesellschaftlich nachhaltig einzusetzen, von ihrem Handlungsvermogen ab? Anders formuliert: Worin genau ausert sich die Handlungsmachtigkeit Reicher?
Archive | 2011
Matthias Grundmann
Das Private als Forschungsfeld der Soziologie ist ungewohnlich und zugleich aufschlussreich. Das belegen die vielen systematischen Einblicke, die uns Gunter Burkart in seinen vielfaltigen Studien eroffnet hat. Dass dabei das Private als exklusiver Ort der Rahmung und Lebensfuhrung immer auch in Frage steht, ist fur einen kritischen - und das heist selbstreflexiven - Forscher wie Gunter Burkart - nicht verwunderlich. Denn das, was wir in der burgerlichen Gesellschaft westlicher Pragung als das Private bezeichnen, ist ein historischer Sonderfall und moglicherweise auch eine problematische Differenz zu allem, was durch das Andere reprasentiert ist: das Gesellschaftliche, das Offentliche, das Formalisierte.