Ulrich Sarcinelli
University of Koblenz and Landau
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Publication
Featured researches published by Ulrich Sarcinelli.
Archive | 1998
Ulrich Sarcinelli
Unter dem Titel »Parteienstaat — oder was sonst?«1 erschien bereits Anfang der funfziger Jahre ein Aufsatz, der den Anstos zu einer bis in die Gegenwart anhaltenden Serie von Diskussionen und Publikationen gab, in deren Mittelpunkt leidenschaftliche Pladoyers fur die Parteien, aber haufig auch die grundsatzliche Infragestellung der besonderen Rolle der Parteien in der Demokratie steht. Bisweilen drangt sich der Eindruck auf, als finde die uber engere Fachkreise hinausgehende Auseinandersetzung mit Parteien in Deutschland vorwiegend in Form von Verfallsprognosen, Untergangsszenarien, zumindest aber Legitimationskrisendiagnosen statt2.
Archive | 1997
Ulrich Sarcinelli
Fur demokratische Systeme haben Wahlen eine legitimatorische Schlusselfunktion. Es kann deshalb nicht verwundern, dass Wahlkampfe nicht nur von besonderem offentlichen Interesse sind, sondern auch im Rahmen der wissenschaftlichen Beschaftigung mit Politik und Kommunikation als ein bevorzugter Untersuchungsgegenstand gelten. Waren es zunachst vorwiegend normative Fragen, welche das politikwissenschaftliche Forschungsinteresse an Wahlen kennzeichneten, so konzentrieren sich die wissenschaftlichen Anstrengungen im Kontext von Wahlen inzwischen sehr stark auf eine hoch entwickelte Wahlerverhaltensforschung. Masgeblich beeinflusst wurde diese Entwicklung in methodologischer Hinsicht durch die angelsachsischen Sozialwissenschaften einerseits sowie durch das verbreitete, gesellschaftliche und politische Interesse an gesicherten Daten zum Wahlerverhalten andererseits. Inzwischen hat sich auch die politische Kommunikationsforschung als ein weiterer, wahlen- und wahlkampfbezogener Forschungszweig etablieren konnen. Dies gilt insbesondere fur moderne, demokratische Gesellschaften, die uber ein ausdifferenziertes Mediensystem verfugen. Wahlkampfe gelten dabei vielfach als Testphase fur moderne Formen der Politikvermittlung in der Mediengesellschaft wie uberhaupt fur vermutete Trends in der Professionalisierung politischer Kommunikation.
Archive | 1990
Ulrich Sarcinelli
Vernehme man in einem Staat keinen Larm von Streitigkeiten, so konne man sicher sein, das in ihm keine Freiheit herrsche, schrieb der franzosische Verfassungstheoretiker Montesquieu in seinem Buch »De l’esprit des lois« im Jahre 1748. Und mit geradezu soziologischem Blick hat schon mehr als zweitausend Jahre vor Montesquieu der griechische Philosoph Aristoteles in Auseinandersetzung mit Piatons Homogenitatsideal den Staat als notwendigerweise heterogenes Gebilde gesehen. »Es ist doch klar, das der Staat, je groser die Einheitlichkeit ist, desto mehr aufhort, ein Staat zu sein. Denn er ist seiner Natur nach eine Vielfalt.«1 Demnach gehort es gerade zum Wesen des Staates, das er Pluralitat und Heterogenitat zulast und dabei das friedliche Zusammenleben ermoglicht und organisiert. Ist also der politische Streit als notwendige Konsequenz gesellschaftlicher Pluralitat ein Grundphanomen verfassungsstaatlicher Entwicklung, ja in moderner soziologischer Sicht ein Grundtatbestand sozialer Existenz — Georg Simmel bezeichnet ihn als »Vergesellschaftungsform«2 -, so verweist der Begriff »politische« bzw. »demokratische Streitkultur« auf die Erkenntnis, das nur durch »Kunst«, Kalkul und Vereinbarung, also durch eine entsprechende »Pflege«, friedliches Zusammenleben im Gemeinwesen Zustandekommen oder anders gewendet: ein geregelter Streitaustrag gewahrleistet werden kann. Ein Zuruck in den Naturzustand, das lehren uns vor allem die Vertragstheoretiker der Zeit der Aufklarung, kann es nicht geben.
Archive | 2012
Ulrich Sarcinelli
Dieser Beitrag konzentriert sich auf Fragen, die mit Kommunikationsdefiziten und-chancen im Politikvermittlungsbetrieb zu tun haben. Konkret geht es um eine an der aktuellen Forschung orientierte Bilanz zur Rolle der Medien und zur Bedeutung des Medialen fur Bestand und Entwicklung der Demokratie in Deutschland.
Archive | 1998
Otfried Jarren; Ulrich Sarcinelli
Das Verhaltnis von Politik und Medien war und bleibt — zumal in demokratisch verfassten Gesellschaften — ein gewichtiger Gegenstand des kritischen Raisonnements. Dies gilt nicht nur fur den wissenschaftlichen, sondern auch fur den gesellschaftlichen und politischen Diskurs. Dabei geht es anhaltend um die Frage, wie „Politische Kommunikation“ so organisiert werden kann, dass sie einerseits demokratietheoretisch bestimmten Idealen und andererseits funktional den jeweiligen gesellschaftlichen Erfordernissen entspricht. Es versteht sich von selbst, dass sich das Interesse an Fragen „Politischer Kommunikation“ nicht auf den akademischen Bereich beschrankt. „Politische Kommunikation“, darauf verweisen schon die Lehren zur politischen Rhetorik in der Antike, ist nicht lediglich Ausdrucks- und Verstandigungsmittel. Sie hatte und hat immer auch mit politischer Macht zu tun.
Archive | 2007
Ulrich Sarcinelli
„L’etat spectacle“ (Schwarzenberg 1977) — unter diesem Titel publizierte Roger Gerard Schwarzenberg bereits 1977 ein hellsichtiges Buch. Darin beklagte er schon damals die Unterwerfung rationalen Urteilsvermogens unter eine neue Affektivitat. Und er verglich die Politik in Frankreich — wohlgemerkt vor knapp drei Jahrzehnten schon — mit einem Staatstheater. Auch in Deutschland halt die kritische Debatte an. Fruh wurde die „Ubermacht der Medien“ (Oberreuter 1982) beklagt und der symbolische, der rituelle Charakter von Politik kritisiert. Es gebe ein Nebeneinander von Inszenierung und Wirklichkeit, machte Murray Edelman in seinem Buch uber „Politik als Ritual“ deutlich (Edelman 1976; Sarcinelli 1987). Titel wie „Die Inszenierung des Scheins“ (Meyer 1992) oder „Die Transformation des Politischen“ (Meyer 1994) signalisieren die Gefahr einer Kolonisierung der Politik durch die Gesetzmasigkeiten des Medienbetriebes. Steuert Politik auf eine mediokratische Herrschaft zu? Der Begriff ist doppeldeutig. Schlieslich kann man Mediokratie ubersetzen mit ‚Herrschaft der Medien’ oder aber auch mit ‚mittelmasiger Herrschaft’; ein Betrieb jedenfalls, bei dem sich Politik und Entertainment bunt mischen. Auch dafur gibt es ein inzwischen populares Kunstwort: „Politainment“ (Dorner 2001).
Archive | 2006
Ulrich Sarcinelli; Jochen Hoffmann
Der Sammelband „PR-Kampagnen“ reflektiert die zunehmenden Bemuhungen von Unternehmen und Organisationen, durch PR-Kampagnen soziale Verantwortung zu demonstrieren. Solche Bemuhungen konnen grundsatzlich unterschiedlich bewertet werden. Infragestellungen sind moglich, die Offentlichkeitsarbeit schon immer begleitet haben: Ist der Gemeinwohlbezug nur Fullmaterial fur Sonntagsreden, um eine „Politik“ — seitens politischer Akteure und Institutionen, seitens kommerzieller Unternehmen oder etwa auch seitens der Wohlfahrtsorganisationen — zu legitimieren, die in Wirklichkeit eher oder gar ausschlieslich partielle Interessendurchsetzung verfolgt? Oder ist es doch ein ernsthaftes Anliegen, verkundete hoch gesteckte Anspruche einzulosen, um einen in der Risikogesellschaft erlittenen Vertrauensverlust zu kompensieren?
Archive | 2009
Ulrich Sarcinelli; Mathias König; Wolfgang König
Am Ausgang des 20. Jahrhunderts gingen viele Wissenschaftler und Politiker von einem Ende der Stadtregionen aus. Entscheidende Grunde dafur waren die Entwicklungen in der Telekommunikationstechnologie sowie die fortschreitende Globalisierung. Der computerisierte Arbeitsplatz konne uberall eingerichtet werden: in der Stadt, im Vorort oder irgendwo auf dem Land. Gerade aus wirtschaftlichen Grunden sei es logisch, in den kostengunstigsten Raumen oder Regionen zu produzieren, weshalb der stadtische Raum keine Rolle mehr spiele (vgl. Sassen 1996: 15), so eine typische Argumentation. Die „neue“ Starke der Region ist aber – paradoxerweise – ihre territoriale Begrenzung. Wenn wichtige Standortfaktoren, wie beispielsweise Verkehrsanbindungen, Fachkrafteangebot und Infrastruktur, existieren, lohnt es sich fur Unternehmen, gerade dort zu investieren. Schnell von A nach B zu kommen oder Erwartungssicherheit in Bezug auf staatliches Handeln sind auch fur „global player“ entscheidende Grunde fur die Standortwahl. Erfahrt moglicherweise die tot geglaubte Region ein Comeback? Um die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, scheint gerade das „regionale Wissen“ entscheidend.
Archive | 1984
Ulrich Sarcinelli
Wahlsystemfragen sind keine rechtsorganisatorischen Fragen, die lediglich die mathematischen Regeln fur die Umrechnung von Wahlerstimmenzahlen in Mandate festschreiben. Wahlrechtsentscheidungen sind immer in hohem Mase politische Entscheidungen, die nicht ohne Auswirkungen auf die Struktur des Parteiensystems, das Verhaltnis von Kandidaten zur Wahlerschaft, die Partizipationsmoglichkeiten der Burger und letztlich auf die politische Machtverteilung bleiben. (1)
Archive | 2013
Ulrich Sarcinelli
Legitimation durch Kommunikation gilt als Grundlage allen demokratischen Regierens. Demgegenuber zieht die Rede von der „post-modernen“ Mediendemokratie – ganz im Sinne der Postdemokratie -These von Colin Crouch (2008) – die legitimatorische Bedeutung politischer Kommunikation bei Aufrechterhaltung demokratischer Strukturen prinzipiell in Zweifel.