Axel Groenemeyer
Technical University of Dortmund
Network
Latest external collaboration on country level. Dive into details by clicking on the dots.
Publication
Featured researches published by Axel Groenemeyer.
Archive | 1982
Helge Peters; Helga Cremer-Schäfer; Heinz Steinert; Gerlinda Smaus; Rüdiger Lautmann; Regine Gildemeister; Günter Albrecht; Laszlo A. Vaskovics; Hans-Günther Heiland; Manfred Brusten; Karl-Heinz Reuband; Heiner Brücker; Axel Groenemeyer
Warum fallen uns Eigentumskriminalitat, Prostitution, Drogenkonsum, Homosexualitat usw. auf? Warum berichten Tageszeitungen uber diese Devianzen? Warum meinen wir, es “gabe” sie? Die phanomenologisch orientierte Soziologie, die zu solchen Fragen anregt, findet keine Antworten. Ihr Interesse richtet sich auf das Wie des Objekt- und Themawerdens, nicht auf die Frage, was konkret Thema wird (vgl. etwa Schutz 1971). Methodologisch weniger skrupulos, aber fur die Beantwortung der Themafrage wohl besser nutzbar scheinen sozialgeschichtliche Rekonstruktionen des Themas “Verbrechen” zu sein. Ihnen zufolge ist staatlich organisierte Herrschaft das dieses Thema konstituierende Merkmal von Gesellschaften (vgl. Hess, Stehr 1987). Mit der Entstehung von Staaten seien subjektive Interessen — Interessen an der Abschopfung des Mehrprodukts der Produzenten — in subjektive Rechte umgewandelt worden. Die Sanktionen, die den Verstosen gegen diese Rechte gefolgt seien, seien von besonderer Legitimitat gewesen — das Ergebnis der erfolgreichen Generalisierung partikularer Interessen, die den Staat begrundet oder sich seiner bemachtigt hatten. Dadurch erhalt — dieser These zufolge — abweichendes Verhalten einen dramatischen Bedeutungszuwachs. Es ist das falsche, das bose Verhalten, das sich gegen das Ganze richtet und deswegen bestraft werden mus.
Archive | 2010
Axel Groenemeyer
Auch wenn es zunachst so klingen mag, Sicherheitsgesellschaft soll nicht in irgendeiner Weise als Gegenbegriff zum Konzept der Risikogesellschaft verstanden werden. Allerdings teilt er mit diesem die Grundannahme, dass moderne Gesellschaften seit einiger Zeit einer grundlegenden Transformation der Konstruktionen sozialer Ordnung und der Politik unterliegen, in denen Risiken und Unsicherheiten einen zentralen Platz einnehmen. Der Aspekt, der mit dem Begriff Sicherheitsgesellschaft betont werden soll, ist die Entwicklung neuer Kontrollkulturen und -strukturen, in denen sowohl die staatliche Kontrolle abweichenden Verhaltens als auch die soziale Kontrolle im Alltag neue Formen annehmen, die den Charakter der Gesellschaft als Sicherheitsgesellschaft nachhaltig pragen.
Archive | 1999
Axel Groenemeyer
Entstanden aus der Philosophie der Aufklarung und des Positivismus wird die Soziologie in ihren Anfangen im 19. Jahrhundert haufig als „Krisenwissenschaft“ charakterisiert, deren genuines Themenspektrum in den Schattenseiten gesellschaftlichen Wandels gesehen wird. Mit der industriellen Revolution waren gesellschaftliche Modemisierungsprozesse verbunden, deren negative Auswirkungen auf die Lebenspraxis nach neuen Deutungen und vor allem nach Losungen verlangten. Soziale Probleme waren im Kontext gesellschaftstheoretischer Perspektiven nicht nur deutliche Indikatoren fur gesellschaftliche Fehlentwicklungen und Krisen, sondern offenbarten auch die zentralen Funktionsprinzipien gesellschaftlicher Beziehungen und Strukturen. Vor dem Hintergrund der Aufklarungsbewegung und der politischen Ideale von Freiheit, Gleichheit und Bruderlichkeit wurden Armut, Kinderarbeit, Kriminalitat, Alkoholkonsum, Krankheit und psychischen Storungen in den unteren sozialen Klassen — zusammengefast als „soziale Frage“ — zum zentralen Bezugspunkt der Entwicklung sozialwissenschaftlicher Disziplinen.
Archive | 2012
Axel Groenemeyer
Es ist vollig unklar, was ein soziales Problem ist und ob es uberhaupt noch sinnvoll ist, den Begriff innerhalb der Soziologie zu verwenden. In der US-amerikanischen Soziologie wird der Begriff „social problem“ seit mehr als hundert Jahre verwendet, und es existieren spezielle Vereinigungen wie die Society for the Study of Social Problems bzw.
Archive | 2003
Axel Groenemeyer
Noch bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts sah es so aus, als ob die Gesellschaftstheoretiker mit ihren Prognosen einer weit gehenden am westlich-modernen Modell orientierten gesellschaftlichen Entwicklung, in der kulturelle, ethnische und primordiale Zuschreibungen, Selbstdefinitionen und Gruppenbildungen an Bedeutung verlieren, gegenuber ihren Kritikern Recht behalten sollten. Es trat aber das Gegenteil ein, und zwar paradoxerweise spatestens in dem Moment, in dem mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion das westliche US-amerikanische Modell sowohl okonomisch als auch kulturell als nahezu einzige gesellschaftliche Entwicklungsoption ubrig zu bleiben schien. Entgegen den Annahmen soziologischer Modernisierungs- und Systemtheorien mit ihren Hypothesen einer mehr oder weniger globalen evolutionaren Entwicklung fortlaufender Sakularisierung, Rationalisierung und funktionalen Differenzierung hat die Bedeutung ethnischer, religioser, nationaler und kultureller Zugehorigkeiten weltweit zugenommen. Vormals als traditionale Uberreste vormoderner kultureller Muster angesehene Formen religioser und ethnischer Identitaten und Gruppenbildungen sind uberall auf der Welt wieder zu zentralen Aspekten der Strukturierung von Gesellschaften und der Definition sozialer und politischer Konflikte geworden.
Archive | 2012
Axel Groenemeyer; Christoph Hohage; Melanie Ratzka
Besonders in den amerikanischen Diskussionen um die theoretische Konzeptualisierung sozialer Probleme fallt auf, das nur sehr selten auf Bedingungen des politischen Systems oder den Staat Bezug genommen wird. Zudem werden gerade in konstruktivistischen Ansatzen der Soziologie sozialer Probleme und sozialer Bewegungen in ihrer Betonung von Rhetorik und Gegenrhetorik Phanomene wie Interessen, Macht und Herrschaft kaum mehr beleuchtet (vgl. demgegenuber Ross/Staines 1972). Dies mag mit der traditionellen, in der amerikanischen Gesellschaft verbreiteten Abneigung gegen den Zentralstaat und mit der Betonung von community organizations und Assoziationen bei der Behandlung sozialer Probleme zu tun haben. Zumindest in westeuropaischen Wohlfahrtsstaaten werden demgegenuber der Staat und die Institutionen des politischen System immer noch als die Hauptadressaten fur „claims-making-activities“ angesehen, auch wenn in zunehmendem Mase durchaus auch Verbande oder sogar einzelne Wirtschaftsunternehmen als potentielle Problemloser thematisiert werden.
Archive | 2008
Axel Groenemeyer
‚Abweichendes Verhalten’ oder ‚Devianz’ zahlt zu den Grundbegriffen der Soziologie, und die Begriffe fehlen nach wie vor in keinem soziologischen oder sozialwissenschaftlichen Worterbuch. Allerdings scheint der Analysewert des Konzepts im Vergleich zu der Zeit vor 30 oder 40 Jahren mittlerweile relativ gering zu sein. In aktuellen soziologischen Gesellschaftsdiagnosen taucht der Begriff kaum mehr auf, und selbst die der modernen Fassung des Konzepts zugrunde liegende Idee der Normativitat und der normativen Regulierung von Gesellschaft und Handeln scheint kaum mehr relevant. Stattdessen stehen Konzepte wie Wissen und Diskurse sowie Risiko oder Inklusion/Exklusion im Vordergrund.
Archive | 2010
Axel Groenemeyer
Moderne Gesellschaften haben verschiedene soziale Systeme, Institutionen und Organisationen ausdifferenziert, die auf die Bearbeitung sozialer Probleme spezialisiert sind, wie z. B. Soziale Arbeit, Polizei, Justiz und Strafvollzug, Organisationen des Gesundheitssystems und der Psychiatrie oder auch Institutionen des sozialen Sicherungssystems und Kommunalverwaltungen der Planung und Durchfuhrung von Integrationsmasnahmen. Diese Organisationen oder Institutionen sind jeweils mit bestimmten Ressourcen, Rechten und politischen Auftragen oder Programmen ausgestattet und haben jeweils ganz spezifische Formen und Techniken der Problembearbeitung ausgebildet. Sie funktionieren auf der Grundlage jeweils unterschiedlicher Logiken und haben dazu jeweils spezifische Wissensbestande, professionelle Orientierungen und Techniken entwickelt, die sie deutlich voneinander zu unterscheiden scheinen.
Archive | 2012
Axel Groenemeyer; Melanie Ratzka
Alltagssprachlich ist Armut verknupft mit Not, Elend und Hunger genauso wie mit Verwahrlosung, Obdachlosigkeit und abweichendem Verhalten. Sie ist direkt mit Leiden assoziiert und Gegenstand politischer Auseinandersetzungen und Masnahmen im Rahmen der Sozial- und Entwicklungspolitik.
Archive | 2010
Axel Groenemeyer; Nicole Rosenbauer
Dass alle Organisationen etwas mit Macht, Herrschaft und Disziplin zu tun haben, ist unmittelbar evident, sofern es sich hierbei um eine spezifische Kooperationsform handelt, der als planvoll gegrundetes, arbeitsteiliges, auf ein Ziel ausgerichtetes und hierarchisch strukturiertes soziales Gebilde Handlungen zugeschrieben werden, und in dem auf Dauer gestellte Mitgliedschaftsrollen auf der Grundlage normativer Regeln kooperieren und interagieren. Die Mitgliedschaft in einer Organisation ist an jeweils spezifische Bedingungen sowie an Konformitat und Disziplin gekoppelt, die uber jeweils spezifische Formen der Kontrolle sichergestellt werden. So oder ahnlich lauten die klassischen, an der rationalen Verfolgung von Zielen ausgerichteten allgemeinen Definitionen von Organisationen. Ihr Bezug zu Herrschaft geht in der ebenfalls klassischen Formulierung von Max Weber (1972: 122ff.) daruber hinaus: Nicht nur innerhalb von Organisationen wird Macht und Kontrolle uber die Mitglieder ausgeubt; die Organisationsform selbst wird als Burokratie in modernen Gesellschaften zum Grundtypus der legalen Herrschaft, da sie sich aufgrund ihrer strukturellen Merkmale durch eine besondere Rationalitat auszeichnet, die sie mit Legitimitat ausstattet.