Bert Heinrichs
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Featured researches published by Bert Heinrichs.
Ethik in Der Medizin | 2005
Bert Heinrichs; Dietmar Hübner
Als „Klinische Forschergruppe 0“ fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft das von Prof. Dr. med. Christoph Klein koordinierte Verbundprojekt „Stammzelltransplantation – Molekulare Therapieansätze in der Pädiatrie“. Ihr gehören Mediziner und Naturwissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sowie der Universität Freiburg an. Integraler Bestandteil der Forschergruppe ist außerdem ein philosophischethisches Projekt, das von Mitarbeitern des Instituts für Wissenschaft und Ethik (IWE) in Bonn bearbeitet wird. Ein Ziel dieser Forschergruppe besteht darin, einen engen interdisziplinären Diskurs zwischen Medizinern bzw. Naturwissenschaftlern und Philosophen zu initiieren und so die fruchtbare Entwicklung eines „Curriculums Forschungsethik“ zu ermöglichen [6]. Der Natur der Forschergruppe entsprechend liegt der Schwerpunkt dabei auf ethischen Fragen der biomedizinischen Forschung. Während Kurse zur Medizinethik im Rahmen der ärztlichen Ausbildung bereits etabliert sind [2, 3, 7, 8], stellt die Entwicklung eines speziellen forschungsethischen Lehrprogramms derzeit noch ein Desiderat dar:2 Zum einen wirft die medizinische Forschung gegenüber der klinischen Medizin ethische Fragen ganz eigener Art auf. Für die Problematik des wissenschaftlichen Fehlverhaltens oder des Probandenschutzes existiert beispielsweise kein direktes Korrelat in der Medizinethik. Auch sieht sich der medizinische Forscher in ganz andere gesellschaftliche Zusammenhänge eingebunden als der Arzt, hat andere Konsequenzen seines Handelns zu bedenken und findet sich anderen gesellschaftlichen Fragen und Beurteilungen ausgesetzt als der dem Individualwohl des ihm anvertrauten Kranken verpflichtete Kliniker. Zum anderen sind an biomedizinischen Forschungsprojekten auch und in zunehmendem Maße Wissenschaftler beteiligt, die nicht zugleich Ärzte sind, sondern naturwissenschaftlichen Fachbereichen entstammen, etwa der Biologie oder Chemie. Sie werden durch die medizinethischen Veranstaltungen im Rahmen des Medizinstudiums nicht erreicht. Auch aus diesem Grund erscheint ein Lehrprogramm sinnvoll, das sich an alle an biomedizinischer Forschung beteiligten Disziplinen gleichermaßen wendet.3 Im Folgenden soll die bisherige Arbeit, die im Rahmen der Klinischen Forschergruppe 0 am „Curriculum Forschungsethik“ geleistet wurde,
Ethik in Der Medizin | 2016
Holger Schütz; Bert Heinrichs; Michael Fuchs; Andreas Bauer
ZusammenfassungDie informierte Einwilligung von Probanden ist eine rechtliche und ethische Voraussetzung für die medizinische Forschung. Für die Demenz-Forschung kann die informierte Einwilligung ein Problem darstellen, sofern an Demenz erkrankte Probanden, bei denen mit einer eingeschränkten Verständnisfähigkeit und damit auch Entscheidungskompetenz gerechnet werden muss, untersucht werden sollen. Dies kann zum Ausschluss von Demenzpatienten führen, da Verständnis und Entscheidungsfähigkeit zumeist mit der Fähigkeit zur rationalen Entscheidungsfindung gleichgesetzt werden. Diese Bewertung ist jedoch auch verschiedentlich kritisiert worden, weil damit zu viel Gewicht auf den kognitiven Aspekt der Entscheidungsfindung gelegt werde. Die vorliegende qualitative Studie untersucht, wie sich im Rahmen einer in Deutschland durchgeführten medizinischen Forschungsstudie die reale Aufklärungssituation von an Demenz erkrankten Probanden in Bezug auf ihr subjektives und objektives Informationsverständnis darstellt. In semi-strukturierten Interviews wurden 10 Demenzpatienten befragt, die an zwei medizinischen Forschungsstudien teilnahmen, sowie deren Begleitpersonen. Es zeigt sich, dass die Probanden die Aufklärungsinformation nur begrenzt verstehen. Sie sind sich dessen jedoch zum Teil durchaus bewusst. Dagegen sind die Begleitpersonen durchweg der Meinung, die Aufklärungsinformation verstanden zu haben, obwohl auch bei ihnen deutliche Verständnisdefizite zu verzeichnen sind. Probandenäußerungen weisen darauf hin, dass zumindest einige von ihnen der Probandenaufklärung keine entscheidende Bedeutung beimessen und ihre Einwilligung nicht primär von der Aufklärungsinformation abhängt. Für sie scheint die Teilnahme an einer Forschungsstudie eher eine problemzentrierte Bewältigungsstrategie für die Demenzerkrankung zu sein. Damit stellt sich in forschungsethischer Hinsicht die Frage, ob die Fokussierung auf den kognitiven Aspekt von autonomer Entscheidung – das Verständnis – nicht zu einseitig ist und inwieweit der „volitionistische“ Aspekt bei der Einwilligung stärker berücksichtigt werden sollte.AbstractBackgroundInformed consent is a legal as well as ethical prerequisite in clinical research. For dementia research, informed consent can be a problem if subjects with dementia, whose capacity for understanding and thus also decision making might be limited, are to be examined. This might result in exclusion of dementia patients from research, as capacity for understanding and decision making are often equated with the ability for rational decision making. However, this valuation has been criticized at times for attaching too much importance to the cognitive aspect of decision making.MethodsThis qualitative study investigates the actual consent procedure of a clinical research study in Germany with regard to dementia patients’ subjective and objective understanding of informed consent information. Research participants were ten dementia patients, who volunteered in two clinical research studies, as well as their caregivers. Data were collected by use of semi-structured interviews.ResultsIt was determined that the patients’ comprehension of informed consent information was rather limited. However, a number of patients were quite aware of this. In contrast, all caregivers claimed to have fully understood the provided information, while their objective comprehension was also incomplete. Several participants indicated that they did not attach much importance to the information given in the consent procedure and that their consent did not primarily depend on this information. Rather, participation in the research study for them seemed to be more of a problem-focused coping strategy for dealing with their diagnosis of dementia.ConclusionFor research ethics these results raise the question whether the currently prevailing emphasis on the cognitive aspect of autonomous decision making, i.e., comprehension, may be too one-sided, and to what extent the “volitional” aspect in giving consent should be given greater consideration.
Jahrbuch für Wissenschaft und Ethik | 2007
Bert Heinrichs
In this paper I propose to examine the concept of discrimination from an ethical viewpoint. In a preliminary part, I will point out which aspects of the subject matter I will focus on and which I will leave aside (II). On the basis of the Aristotelian principle “treat like cases alike”, I will continue with a very formal definition, according to which discrimination can be understood as acting in a way that implies that like cases are not treated alike. This leads to the difficult question of which cases are to be considered as “alike”, or which traits can serve as morally valid reasons for identifying cases as “unlike” (III). I will argue that this question cannot be answered independently from the specific circumstances and the normative premises referred to for describing these circumstances. My conclusion is that the concept of discrimination derives its “moral strength” solely from these normative premises. As a consequence, the use of the concept of discrimination can often be misleading since it falsely presupposes that there is agreement about the underlying normative premises (IV). Finally, I will illustrate the argumentation using “genetic discrimination” in connection with insurance contracts as
Deutsche Zeitschrift für Philosophie | 2015
Bert Heinrichs
Abstract For a couple of years, “Aristotelian Naturalism” has been the subject of intensive debates. Among the most prominent proponents of this type of ethical theory are Philippa Foot and John McDowell. At first sight, these approaches are quite attractive for they seem to combine a number of advantages. The central thesis of the present paper is, however, that they do not succeed in developing a convincing ethical theory. To substantiate this claim, Foot’s approach will be presented in a first step. In a second step, McDowell’s critique on Foot will be outlined. Foot’s attempt to provide an external foundation for morality takes centre stage here. In a third step, McDowell’s own version of Aristotelian Naturalism, which has an explicitly anti-foundational shape, will be delineated. Although McDowell’s critique on Foot proves to be valid, it leads him to the wrong conclusions. He ignores that a reason-internal foundation of morality is available which resists his legitimate critique while being superior to his own anti-foundational theory. At the core of such an approach lies a non-reductive concept of person, which stands in clear contrast to Foot’s concept of “life form” as well as to McDowell’s concept of “second nature”.
Archive | 2009
Bert Heinrichs
Platon hat in der Politeia die Auffassung vertreten, es sei „keine Erholung von dem Ubel fur die Staaten […] und […] auch nicht fur das menschliche Geschlecht“ zu erwarten, wenn nicht „entweder die Philosophen Konige werden in den Staaten oder die jetzt so genannten Konige und Gewalthaber wahrhaft und grundlich philosophieren und also beides zusammenfallt, die Staatsgewalt und die Philosophie.“ Demgegenuber hat Immanuel Kant eindringlich vor einer derartigen Verbindung von philosophischer Reflexion und politischer Gewalt gewarnt: Der Besitz der Gewalt verderbe, so Kant, zwangslaufig das freie Urteil der Vernunft. Solange sich die Ethik vornehmlich mit der Moglichkeit einer (Letzt-)Begrundung von Moral oder – wie in der ersten Halfte des 20. Jahrhunderts – mit metaethischen Fragen befasste, war die Frage nach dem Verhaltnis von (Moral-)Philosophie und staatlicher Gewalt wenig brisant. Mit dem Aufkommen der sogenannten Angewandten Ethik hat sich dies grundlegend geandert. Zwar beanspruchen die in diesem Bereich tatigen Ethiker nicht unmittelbar politische Macht, sie befassen sich aber doch mit konkreten Problemen der lebensweltlichen Praxis und formulieren dabei oftmals Positionen, die direkt auf eine Revision staatlicher Regelungen abzielen.
Science and Engineering Ethics | 2018
Ellen-Marie Forsberg; Frank O. Anthun; Sharon Bailey; Giles Birchley; Henriette Bout; Carlo Casonato; Gloria González Fuster; Bert Heinrichs; Serge Horbach; Ingrid Skjæggestad Jacobsen; J.J.M. Janssen; Michel J. Kaiser; Inge Lerouge; Barend van der Meulen; Sarah de Rijcke; Thomas Saretzki; Margit Sutrop; Marta K. Tazewell; Krista Varantola; Knut Jørgen Vie; H.A.E. Zwart; Mira Zöller
AbstractThis document presents the Bonn PRINTEGER Consensus Statement: Working with Research Integrity—Guidance for research performing organisations. The aim of the statement is to complement existing instruments by focusing specifically on institutional responsibilities for strengthening integrity. It takes into account the daily challenges and organisational contexts of most researchers. The statement intends to make research integrity challenges recognisable from the work-floor perspective, providing concrete advice on organisational measures to strengthen integrity. The statement, which was concluded February 7th 2018, provides guidance on the following key issues: § 1.Providing information about research integrity§ 2.Providing education, training and mentoring§ 3.Strengthening a research integrity culture§ 4.Facilitating open dialogue§ 5.Wise incentive management§ 6.Implementing quality assurance procedures§ 7.Improving the work environment and work satisfaction§ 8.Increasing transparency of misconduct cases§ 9.Opening up research§ 10.Implementing safe and effective whistle-blowing channels§ 11.Protecting the alleged perpetrators§ 12.Establishing a research integrity committee and appointing an ombudsperson§ 13.Making explicit the applicable standards for research integrity
Archive | 2017
Bert Heinrichs
Der Aristotelische Naturalismus hat in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. In diesem Beitrag mochte ich der Frage nachgehen, warum der Begriff der Person im Aristotelischen Naturalismus keine systematische Rolle spielt und welche Implikationen damit verbunden sind. Man konnte diese Herangehensweise womoglich von vornherein als problematisch ansehen. Dem Begriff der Person kommt erkennbar weder bei Philippa Foot noch bei Rosalind Hursthouse – zwei masgeblichen Vertreterinnen des Aristotelischen Naturalismus – grose Bedeutung zu.
Jahrbuch für Wissenschaft und Ethik | 2017
Bert Heinrichs; Christina Pinsdorf; Thea Staab
Zusammenfassung Unter Off-Label-Use versteht man den zulassungsüberschreitenden Einsatz eines Arzneimittels außerhalb der von Zulassungsbehörden genehmigten Anwendungsgebiete. Er ist in der medizinischen Praxis weit verbreitet und fächerübergreifend zu beobachten. Der Beitrag gibt eine Einschätzung der Off-Label-Anwendung aus ethischer Sicht. Dazu wird die Off- Label-Anwendung zunächst von anderen, sachlich verwandten Anwendungsweisen abgegrenzt. Danach wird über die aktuelle Verbreitung des Off-Label- Use informiert. Sodann wird gezeigt, dass sich bekannte Problemlagen aus der Medizinethik bei der Off-Label-Anwendung in spezifischer Weise verschärfen. Schließlich wird diskutiert, wie eine ethisch akzeptable Off-Label-Anwendung von Arzneimitteln ausgestaltet werden könnte und auf welchen Ebenen sie ansetzen müsste.
Jahrbuch für Wissenschaft und Ethik | 2016
Bert Heinrichs
(1) Die modernen Lebenswissenschaften werfen vielfältige normative Fragen auf. Es gibt zahlreiche Beispiele für derartige Fragen nach dem angemessenen Umgang mit biotechnologischen Methoden und biomedizinischen Techniken, etwa mit Blick auf den Schwangerschaftsabbruch oder die Sterbehilfe, die Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen oder mit Tieren. Insbesondere stellt sich regelmäßig die Frage, ob im konkreten Fall eine Regulierung angezeigt ist. Der Begriff der Regulierung deckt hierbei ein denkbar weites Spektrum ab. Er reicht von gesetzlichen, eventuell sogar strafbewehrten Verboten über abgestufte Formen der Hinderung wie etwa Einschränkungen hinsichtlich der öffentlichen Förderung oder besonderen Vorgaben für die Anwendung bis hin zu sehr „weichen“ Instrumenten wie Empfehlungen. Selbst wenn man in dem einen oder anderen Fall zu dem Ergebnis kommt, dass keine Regulierung erforderlich ist oder eine solche sogar verfehlt wäre, so lässt sich auch dies als Antwort auf eine ursprüngliche normative Frage begreifen.
Archive | 2015
Michael Fuchs; Petra Gehring; Tade Matthias Spranger; Elmar Doppelfeld; Bert Heinrichs; Gerald Neitzke; Sebastian Laukötter
›Bioethik‹ bezeichnet zugleich ein akademisches Themenfeld und eine gesellschaftliche Diskussion (Callahan 1973; Jonsen 1998; Ach/Runtenberg 2002; Duwell/Steigleder 2003). Hier wie dort geht es um ethische Fragen, die mit dem Leben, seinem Wert und seiner Qualitat zu tun haben (s. Kap. II. 15, II. 16). Als akademisches Themenfeld hat sich Bioethik in interdisziplinaren Aktivitaten sowie in verschiedenen etablierten akademischen Disziplinen artikuliert. Sie war von Anfang an zugleich ein Forschungsgebiet wie auch ein Gegenstand der Lehre. Allerdings ist strittig, ob der Begriff uberhaupt notwendig und sinnvoll ist, ob sich Bioethik von Medizinethik unterscheidet, diese umfasst oder transformiert und ob es neben dem Bereich des menschlichen Lebens gerade auch darum gehen soll, ethische Fragen, die mit pflanzlichem und tierischem Leben zu tun haben, gleichermasen behandeln zu konnen.