Franz-Xaver Kaufmann
Bielefeld University
Network
Latest external collaboration on country level. Dive into details by clicking on the dots.
Publication
Featured researches published by Franz-Xaver Kaufmann.
Staatliche Sozialpolitik und Familie | 2002
Franz-Xaver Kaufmann
Das herkommliche Politikverstandnis geht mit einer gewissen Selbstverstandlichkeit davon aus, das Politik die Ziele, die sie sich gesteckt hat, auch zu erreichen vermoge, sofern die fur die Zielerreichung erforderlichen Mittel tatsachlich aufgewendet werden. Erst seit Anfang der 60er Jahre beginnt sich — zunachst in den USA, seit 1969 auch in der Bundesrepublik — ein neuartiges Politikverstandnis durchzusetzen, fur das die Bewirkbarkeit von politisch erwunschten Wirkungen ein Problem darstellt. Politik wird nun nicht mehr blos handlungstheoretisch als Verhaltnis von Lage, Ziel(en) und Masnahme(n) rekonstruiert, sondern systemtheoretisch als mehrstufiger, durch ein erhebliches Mas an Kontingenz zwischen den einzelnen Phasen zu kennzeichnender „politischer Prozes“ verstanden. Sozialwissenschaftlichen Ausdruck findet diese neue Politikauffassung in zahlreichen Forschungsrichtungen, die hier nur stichwortartig erwahnt seien: Policy-Sciences, Social-Indicator-Movement, Evaluation-Research, Implementation-Research usw.1 Diese Forschungsrichtungen setzen im Regelfall die Isolierbarkeit von politischen Einzelprozessen (bzw. „politischen Programmen“) voraus, eine ebenfalls noch stark vereinfachende Vorstellung, die man in jungster Zeit durch komplexere Vorstellungen interdependenter politischer Prozesse und Programme abzulosen sucht.
Systemrationalität und Partialinteresse: Festschrift für Renate Mayntz | 2002
Franz-Xaver Kaufmann
Im folgenden sei eine theoretische Perspektive skizziert, die den normativen Anspruch des Wohlfahrtsstaates ernst nimmt. Der Wohlfahrtsstaat ist das institutionelle Ergebnis des fortgesetzten politischen Anspruchs, mit Mitteln der Gesetzgebung fur die Grundlagen des individuellen Wohlbefindens aller Mitglieder einer national definierten Gesellschaft zu sorgen (vgl. Girvetz 1968: 512). Seit den Anfangen der Sozialpolitik und erneut im Zeichen zunehmender fiskalischer Knappheiten, fragwurdiger Nebeneffekte sozialpolitischer Interventionen und verscharfter Verteilungskonflikte ist es umstritten, inwiefern und mit welchen Mitteln der Staat in der Lage ist, diesem politischen Anspruch zu genugen. In einem ersten Teil werden die geschichtlichen Grundlinien des Wohlfahrtsdiskurses skizziert; daran schliest sich eine Prazisierung des Bezugsproblems der Wohlfahrtsproduktion an, woraus sich schlieslich Folgerungen fur das Staatsverstandnis ableiten lassen: Vorgeschlagen wird weder liberales ‚Laissez-faire ‘ noch voluntaristischer Interventionismus, sondern eine steuerungstheoretisch angeleitete ordnungspolitische Perspektive auf die Markt, Staat, intermediaren Bereichen und Privathaushalten gemeinsamen, sie jedoch in unterschiedlicher Weise betreffenden Aufgaben der Wohlfahrtsproduktion.
Staatsaufgaben | 2002
Franz-Xaver Kaufmann
Alle menschliche Ordnung ist symbolisch vermittelt. Das heist, Menschen orientieren ihre Erwartungen, ihre wechselseitigen Beziehungen und ihr Handeln an Vorstellungen, welche nur insoweit mitteilbar und verstandlich sind, aber auch uberhaupt nur eine gewisse Festigkeit erhalten konnen, als sie Bezug nehmen auf sinnlich wahrnehmbare, bedeutungsvolle Signale, deren Bedeutung kulturell stabilisiert ist. Sprache ist dafur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung. Nur insoweit als die Sprache mit ausreichender Verlaslichkeit auf erfahrbare Zusammenhange verweist und deren Bedeutung stabilisiert, kann von Ordnung die Rede sein. „Sowohl nach ihrer Genese (Gesellschaftsordnung ist das Resultat vergangenen menschlichen Tuns) als auch in ihrer Prasenz in jedem Augenblick (sie besteht nur solange menschliche Aktivitat nicht davon ablast, sie zu produzieren) ist Gesellschaftsordnung als solche ein Produkt des Menschen.“ (Berger/Luckmann 1969: 54) Kultur- und Gesellschaftsentwicklung als Vorstellung eines gerichteten (wenngleich von keinem Menschen so beabsichtigten) Prozesses last sich aufgrund unseres heutigen soziologischen Verstandnisses ‚moderner‘ Gesellschaften als wachsende Kornplexitat der symbolischen Verweisungssysteme, als Ausdehnung der Raume interdependenter sozialer Beziehungen und als zunehmende Differenzierung und Spezialisierung von Handlungssystemen begreifen.
Archive | 1991
Franz-Xaver Kaufmann
Als um die Mitte des 19. Jahrhunderts das Wort „Social-Politik“ aufkam, stand es bereits begrifflich im Spannungsfeld der Unterscheidung von „Staat“ und „Gesellschaft“. Ebenso vielfaltig wie die politischen Stromungen waren in der Folge auch die Ausdeutungen des Begriffs, doch blieb zumindest unterschwellig bei Praktikern wie Wissenschaftlern der Sozialpolitik ein Vorverstandnis erhal ten, das Sozialpolitik nicht ausschlieslich in den Bereich des Staatlichen, sondern gerade in das umstrittene Spannungsfeld von Staat und Gesellschaft verweist. Dies gilt zumindest fur die deutsche Tradition, die ja sowohl in begrifflicher wie politischer Hinsicht den historischen Primat beanspruchen kann.
European Review | 2000
Franz-Xaver Kaufmann
The understanding of welfare states hitherto suffers from characteristic biases – national, political and disciplinary. This paper proposes a generalized framework for international comparative research, which remains as neutral as possible to such biases. The guarantee of social rights for everybody and the issue of societal reproduction are taken as reference points to define the political criteria for social welfare. However, politics and social policies remain a partial aspect of the production of welfare in a given society. A theory of the welfare state has to take into account the interactions among household production, market production and associative forms of welfare production, on the one side, and of political interventions on the other.
Archive | 1983
Franz-Xaver Kaufmann; Bernd Rosewitz
Empirische Politikforschung, wie sie im Rahmen des Forschungsverbundes „Implementation politischer Programme“ betrieben wurde, ist ohne Vorannahmen weder moglich noch sinnvoll. Zwei Arten von Vorannahmen gehen in unterschiedlichem Mischungsverhaltnis in jeden Forschungsansatz ein: Vorannahmen uber den Objektbereich sind dabei in hohem Mase durch das Selbstverstandnis der Praxis im jeweiligen Politikbereich bestimmt. Dem Forscher bleibt meist gar nichts anderes ubrig, als sich durch Lekture von Gesetzen und Vollzugsverordnungen, von juristischen Kommentaren und Praktikerliteratur sowie durch Expertenbefragungen zunachst ein ausreichendes Vorverstandnis des Politikbereichs und der politischen Masnahmen zu verschaffen, uber die er Forschungen anstellen will. Dieses Vorverstandnis kann sich zwar im Forschungsprozes noch wandeln, aber die hierfur entscheidenden Informationen entstammen i.d.R. wiederum der Praxis. Dabei vermag nicht selten die Widerspruchlichkeit oder Komplementaritat der Informationen dazu fuhren, das der Forscher allmahlich den Erfahrungsbereich besser begreift als die dort tatigen Praktiker. Normalerweise wird dies dem Forscher nur dann gelingen, wenn er uber zusatzliche, nicht unmittelbar objektbezogene Ordnungs-und Analysegesichtspunkte verfugt, also uber theoretische Vorannahmen, deren Gultigkeit nicht nur fur den vorliegenden, sondern fur eine ganze Klasse von Fallen behauptet wird.
Archive | 2013
Franz-Xaver Kaufmann
Even as comparative international research in social science has become increasingly important over the last three decades, especially in political science but also in empirical economics and sociology, the results remain subject to strong criticism in terms of both methodology and content. These difficulties must be laid out in the introduction to explain the approach I have chosen here.
Krise der Arbeitsgesellschaft: Verhandlungen des 21. Deutschen Soziologentages in Bamberg 1982 | 2002
Franz-Xaver Kaufmann
Der Gegenstand der nachfolgenden Ausfuhrungen ist nicht in erster Linie empirischer, sondern systematischer Art. Es sei versucht, die seit einigen Jahren manifest gewordenen und zunehmend auch in der Soziologie diskutierten Probleme wohlfahrtsstaatlicher Entwicklung in einer spezifischen Perspektive zu skizzieren, welche sich nicht primar an den behaupteten Krisenphanomenen, sondern an Strukturmerkmalen und Basisproblemen des Wohlfahrtsstaats orientiert. Das es an einer Theorie des Wohlfahrtsstaats fehle, gehort zu den einleitenden Feststellungen nahezu aller gewichtigen Publikationen zur Thematik der letzten drei Jahre (Flora 1979, Schiller 1980, Luhmann 1981, Flora/Heidenheimer 1981, Alber 1982). Dagegen wurde dieses Bedurfnis in den vorangehenden Jahren offenbar weniger verspurt, man behalf sich entweder mit dem vordergrundigen Verweis auf Sozialpolitik oder man rekurrierte auf sehr allgemeine gesellschaftstheoretische Pramissen, von denen her sich dann die sog. Funktionen des Wohlfahrtsstaats deduzieren liesen.
Berliner Journal Fur Soziologie | 2002
Franz-Xaver Kaufmann
Fur die europaischen Wohlfahrtsstaaten ist langerfristig mit einem gunstigenfalls masig wachsenden Sozialprodukt zu rechnen, das von einem sinkenden Anteil der Bevolkerung produziert wird und daher ein hoheres Mas an Umverteilung zugunsten der Nicht-Erwerbstatigen oder eine Absenkung ihrer Versorgungsstandards erfordert. Gleichzeitig ist eine Erosion der nationalstaatlichen Autonomie zu berucksichtigen: Wachsende Abhangigkeiten von der Weltmarktentwicklung und die Verschiebung wirtschaftspolitischer Zustandigkeiten auf die europaische Ebene wirken als Restriktionen fur die voraussichtlich auf nationalstaatlicher Ebene verbleibende Sozialpolitik.
Gesetzgebungstheorie und Rechtspolitik | 1988
Franz-Xaver Kaufmann
Aufgabe des vorliegenden Beitrags ist es, die Funktion des Rechts im Kontext wohlfahrtsstaatlicher Interventionen genauer zu bestimmen. Dies setzt sowohl eine Prazisierung des Konzepts wohlfahrtsstaatlicher Intervention als auch eine steuerungstheoretische Perspektive voraus, die im vorliegenden Beitrag allerdings nicht im Detail entfaltet werden kann. Das Schwergewicht der Analyse liegt auf einer differenzierten Betrachtung von Sachverhalten, die in der bisherigen Diskussion mit dem Schlagwort der “Verrechtlichung der Sozialpolitik” allzu grobschlachtig erfast werden.